Elternhaltestelle, Ruhebänke an Bahnschranken, schönere Main-Zugänge

Großauheim
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Gut gemeint, aber gefährlich: das Elterntaxi, das auch an Hanaus Kindertagesstätten und Schulen immer häufiger einem „Drive in“ gleicht.



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Mütter und Väter fahren so nahe wie möglich bis an die Eingangstür, sind keineswegs im Schritttempo unterwegs und parken Anfahrtswege oder Bushaltestellen zu – oft ohne Rücksicht auf diejenigen, die zu Fuß oder Rad kommen. Dem Einhalt zu gebieten, ist einer der vielen Vorschläge im neu entwickelten Nahmobilitätsplan, der mit Bürgerbeteiligung und Finanzhilfe des Landes beispielhaft für den Stadtteil Großauheim entwickelt wurde. Zum Vorschlagskatalog gehören beispielsweise auch schöner gestaltete Fußgänger-Zugänge zum Mainufer, Sitzgelegenheiten an den Bahnübergängen mit langen Wartezeiten und das Unterbinden von Gehwegs-Parken.

Hanau ist eine von fünf Pilotkommunen des Landes Hessen für sogenannte Nahmobilitäts-Checks. Die dabei entwickelten Bausteine will das Wiesbadener Verkehrsministerium künftig als Fördertatbestand für Kommunen einführen. Planungsbüros helfen den fünf Pilotkommunen, so auch in Hanau. Großauheim dient teils als Blaupause für eine Checkliste, die auch in anderen Hanauer Stadtteilen das Fortbewegen zu Fuß, per Rad oder Bus verbessern soll.

So kommt es nicht von ungefähr, wenn Oberbürgermeister Claus Kaminsky sagt: „Vom Pilotprojekt an der Großauheimer August-Gaul-Schule verspreche ich mir Signalwirkung für andere Hanauer Schulen und Kitas“. Eine Hol- und Bringzone in der Patershäuser Straße soll in gebührendem Abstand zum Schuleingang dazu beitragen, dass es dort ohne Elterntaxi entspannter zugeht. Ein vom ADAC dafür entwickeltes Schild, das zwei Kinder mit Ranzen zu Fuß zeigt, haben Heike Prahlow von der Planungsgemeinschaft Verkehr (Hannover) und Juliane Krause vom Büro plan&rat (Braunschweig) in ihren Vorschlagskatalog mit aufgenommen.

Darin sind auch Bank und Bücherschrank abgebildet, die sie sich an Großauheims beschrankten Bahnübergängen vorstellen können – vor allem in der Rochusstraße, weil sich dort genug Platz böte. „Damit ließe sich die teilweise bis zu 15 Minuten dauernde Wartezeit, bis sich für Fußgänger die Schranken wieder öffnen, beim Sitzen und Schmökern angenehmer verkürzen“, ist Angelika Gunkel sicher. Die Fachfrau vom Rathaus-Fachbereich Nachhaltige Strategien denkt dabei insbesondere an alte Menschen zu Fuß, für die Sitzgelegenheiten unterwegs zum Arzt oder zum Einkauf das Leben erleichtern helfen.

Auch für Senioren ist das Mainufer ein wichtiger Naherholungsraum. Von den sechs Zugängen zur Flussaue sind drei barrierefrei. Hier können sich Prahlow und Krause Hinweisschilder und einen farbigen Bodenbelag als Wegweisung schon von der Altstadt aus vorstellen. Auch aus einem anderen Grund: Sie berichten, als Ortsfremde sei ihnen beim ersten Reinfahren nach Großauheim nicht bewusst gewesen, wo der Main fließe.

Für Ältere wie für Eltern mit Kindern sind öffentliche Toiletten wichtig. Da deren Bau jedoch vergleichsweise teuer ist, setzen die Planerinnen Konzepte wie das von „Nette Toilette“. Dabei handelt es sich um WCs von Gaststätten oder Läden, die diese zum öffentlichen Benutzen freigeben. Jeder teilenehmende Gastronom oder Einzelhändler erhält einen Aufkleber als Hinweis im Eingangsbereich. Ein Flyer weist auf alle Gratis-Toiletten hin. Dieses Konzept funktioniert mittlerweile in mehreren hundert Orten in Deutschland. Nirgendwo sonst hätten sie bisher so häufig Autofahrende – trotz genügend Fahrbahnbreite – auf Gehwegen parken gesehen, wundern sich die beiden erfahrenen Planerinnen über das in Großauheim Erlebte. Sie empfehlen Kampagnen wie „Parke nicht auf unseren Wegen“, wobei sich Hinweise an Windschutzscheiben heften ließen.

Krause und Prahlow versehen all ihre Vorschläge mit einem Ampelsystem, ob Kosten und Organisationsaufwand sich als gering, mittelmäßig belastend, hoch oder sehr hoch erweisen. Das begrüßt OB Kaminsky: „Solche realistischen Einschätzungen helfen uns dabei, was wie schnell oder gar nicht umsetzbar ist.“ So erscheint der Einsatz für die Elternhaltestelle an der August-Gaul-Schule nicht hoch, ebenso verhält es sich bei den Zugängen zur Mainaue und den Sitzgelegenheiten an den Bahnübergängen. Aufwändiger sind hingegen andere Handlungsvorschläge wie das Ertüchtigen des Radverkehrsnetzes samt Parkvorrichtungen für die Velos. Erst recht gilt das für eine komfortablere und sicherere direkte Radverbindung in die Innenstadt. Dafür böte sich eine Radverkehrsanlage auf der Landesstraße 3309. Mit Kosten von rund 200.000 Euro rechnen die Fachfrauen, weisen zugleich aber auf die bestehenden Fördermöglichkeiten hin.

Die in den Handlungskatalog seit vorigem Frühjahr eingeflossenen Vorschläge entstammen Workshops mit örtlichen Vereinen und Initiativen sowie städtischen Fachleuten im Rahmen des Stadtteil-Entwicklungsprozesses. Mit von der Partie waren stets die beiden externen, vom Land bezahlten Planerinnen, so auch bei einem öffentlichen Stadtspaziergang. Binnen eines Jahres sollte klar sein, was die Stadt Hanau umzusetzen vermag, lautet der Wunsch der Handelnden.

Foto: In der Patershäuser Straße: Hier schlagen die externen Planerinnen Heike Prahlow (links) und Juliane Krause (rechts) ebenso wie die städtische Fachfrau für Nahmobilität, Angelika Gunkel, eine Elternhaltestelle für die August-Gaul-Schule vor.

Foto: Am Bahnübergang Rochusstraße befürworten Prahlow (links) und Krause neben der vorhandenen Sitzbank einen Bücherschrank, damit für Fußgänger das lange Warten an der geschlossenen Schranke erträglicher wird.

Foto: Großauheimer soll für Menschen zu Fuß, auf dem Rad oder im Bus attraktiver werden, dazu wollen die Planerinnen Juliane Krause (links) und Heike Prahlow beitragen.

Fotos: Stadt Hanau


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