Pipa: Tollpatschiger Provinzfürst fordert Straßen-Soli

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Mit einem offenen Brief wendet sich Landrat Erich Pipa (Main-Kinzig-Kreis) an Torsten Albig, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und nimmt Stellung zu Vorschlag eines „Straßen-Solis“.



"Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Albig, ich war für einige Tage im Urlaub in Ihrem Bundesland Schleswig-Holstein, auf Sylt. Ich musste ausgerechnet dort vernehmen, auf welche tolldreiste und verrückte Idee Sie gekommen sind, um vordergründig die Straßen in unserem Land wieder auf Vordermann zu bringen. Aber in Wahrheit führt Ihre Idee dazu, die Bürgerinnen und Bürger abzuzocken. Ja, haben Sie denn zu Ostern faule Eier gegessen oder ist Ihnen der Eierlikör zu Kopf gestiegen, dass Sie eine Abgabe für jeden einzelnen Autofahrer fordern? Der öffentliche Protest gegen diese Idee regt sich zu Recht und von mir werden Sie keine Verteidigung, zu keiner Zeit, erwarten können.

Wie können Sie in Ihrer Position als 'Landesvater' einen solchen Vorschlag äußern, der mit der Bundespartei nicht abgestimmt ist? Sie sprechen doch nicht nur in Ihrem eigenen Namen, sondern vertreten auch die Sozialdemokratie. Das hätten Sie besser vorher mal bedenken sollen, bevor Sie sich als Provinzfürst tollpatschig in die Bundespolitik vorwagen, um sich zu profilieren – auf Kosten der Partei und unter Inkaufnahme eines Vertrauensverlusts der Bürgerinnen und Bürger in die Politik.

Schuster, bleib bei deinen Leisten! Wenn einer wie Sie das Thema Infrastruktur ernst nehmen würde, dann würde er seine echten Einflussmöglichkeiten nutzen und eine Initiative über den Bundesrat starten. Der Investitionsstau bei den Straßen in diesem Land ist doch Fakt. Seitens der Länder sollte hier ein Gespräch in sachlicher Atmosphäre mit der Bundesregierung gesucht werden. Es geht um die Frage der Finanzierung, und zwar einer gerechten und sozial ausgewogenen.

Damit bin ich bei Ihrem Vorschlag: Ihre Idee einer Abgabe von hundert Euro je Autofahrer hat null Chance auf Umsetzung. Das ist auch besser so! Ganz gleich wie hoch sie ausfällt: Diese Pauschale ist sozial ungerecht, sie behandelt Reiche und Ärmere, Vielfahrer und Wenigfahrer, Fahrer von Spritfressern und umweltschonenden Autos gleich, so als gäbe es da nichts zu unterscheiden. So eine Indifferenz – um nicht zu sagen: politische Ignoranz – darf ein Ministerpräsidenten mit Ihrem Parteibuch nicht auch noch öffentlichkeitswirksam im Bundesgebiet zur Schau stellen!

Ich verbitte es mir, der Bundes-SPD und selbstverständlich auch dem SPD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Martin Schulz, dass Sie diese Idee weiter als Sozialdemokrat nach außen hin vertreten, so als ob das Linie der Partei wäre. Meine Kolleginnen und Kollegen in der Kommunalpolitik und ich müssen uns nun tagtäglich mit Ihrem Vorschlag herumschlagen. Die Bürger glauben es uns nicht, dass das ein unabgestimmter Vorschlag Ihrerseits ist. Nicht Sie müssen hier vor Ort dafür geradestehen, nicht die Bundes- und Landespolitiker, es sind wir Kommunalpolitiker als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger, die den Ärger ertragen müssen. Da verlangen Sie auch von mir viel, gemessen daran, dass Sie als fernab der Realitäten befindlicher Ministerpräsident in weiten Teilen der Bundesrepublik überhaupt nicht bekannt sind. Ihr Vorschlag hat im Übrigen nicht gerade dazu beigetragen, dass einem bei Nennung Ihres Namens warm ums Herz wird.

Ich fordere Sie dazu auf: Nehmen Sie Abstand von Ihrer Idee. Gestehen Sie es sich ein, dass das eine fixe Idee war, eine Schnaps- oder Eierliköridee zu Ostern. Fahren Sie Ihre Vorschläge beim nächsten Mal eine Nummer kleiner, beraten Sie sich erst mal – oder hören Sie Ihrer Bundespartei einfach nur zu, wenn Sie über das Thema marode Infrastruktur diskutiert. Beizutragen haben Sie dazu jedenfalls, Stand heute, aus meiner Sicht nichts."

Erich Pipa
Landrat des Main-Kinzig-Kreises

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