Gibt es Unstimmigkeiten in der CDU Main-Kinzig?

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Nach dem Fernbleiben der CDU Main-Kinzig vom Auftritt von Linken-Chef Gregor Gysi beim Neujahrsempfang der Agentur für Arbeit in Langenselbold (wir berichteten) meldet sich jetzt VORSPRUNG-Leserin Sigrid Kargl, SPD-Stadtverordnete aus Hanau, zu Wort.



"Mit dem Fernbleiben der CDU-Garde aus Protest gegen den Auftritt des Linken-Politikers Gregor Gysi als Gastredner beim diesjährigen Jahresempfang der Agentur für Arbeit in Langenselbold könnte man locker zur Tagesordnung übergehen. Wären da nicht die Pressemitteilungen der CDU vor und nach der Veranstaltung gewesen. Obwohl der CDU die Teilnahme von Gysi über Monate bekannt war, teilte Sie ihre Absage erst kurzfristig mit. Mit ihrer Abwesenheit haben die Konservativen jedoch nicht nur einen groben taktischen Fehler begangen und dem Oppositionsführer im Deutschen Bundestag freiwillig und ohne Not das Feld überlassen und für ihn indirekt geworben, sondern auch ihre eigene Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Eine Frage sei daher an dieser Stelle erlaubt: Was versteht die CDU eigentlich unter Pluralismus? Für mich bedeutet dieser Begriff, ganz kurz auf den Punkt gebracht, die Koexistenz von verschiedenen Interessen und Lebensstilen in einer Gesellschaft. Wenn nun einige kommunale CDU-Politiker lieber an ihren alten Meinungen festhalten und keinen Fortschritt anerkennen wollen, so bleibt dies deren Sache. Sie verspielen damit aber auch eine Möglichkeit, dem politischen Gegner die Stirn zu bieten und die eigenen Positionen zu verdeutlichen. Da auch ich zum Jahresempfang eingeladen war, konnte ich feststellen, dass nicht alle CDU-Politiker sich der Direktive ihrer Parteispitze unterwarfen, sondern am Empfang der Agentur für Arbeit teilnahmen. Unter anderem einige CDU Mitglieder aus dem Hanauer Stadtparlament, dem ich auch angehöre.

Doch wo bleibt unsere politische Kultur, wenn der Boykott einer Veranstaltung höher bewertet wird, als die argumentative Auseinandersetzung mit dem parteipolitischen Gegner? Den von mir eingangs erwähnten Glaubwürdigkeitsverlust der CDU möchte ich in diesem Zusammenhang an deren Umgang mit den Linken in den neuen Bundesländern kurz aufzeichnen. Wenn es um Posten geht, scheint die CDU im Osten keine Scheu zu haben. Ob in Chemnitz, Cottbus, Magdeburg oder Dresden, die Reihe der Städte, in denen die Christdemokraten teilweise als Juniorpartner mit den Linken intensiv zusammengearbeitet haben, ließe sich beliebig fortsetzen. Solche Aktionen nennt man dann wohl „strategische Partnerschaften“. Doch hier bei uns kann die CDU Main-Kinzig fein poltern. Hier kann man locker zu einem Kreuzzug gegen die Linken blasen, ohne Gefahr zu laufen, an seiner eigenen kommunalpolitischen Realität gemessen zu werden. Oder? Die Hessische Landes-CDU hatte im letzten Jahr weniger Probleme mit den Linken. Mit den Stimmen der CDU verhalf sie dem hessischen Linken-Parteichef Wilken zum Posten des Landtags-Vizepräsidenten. Ein führendes Mitglied der Unionsfraktion bekennt in einem Artikel der FAZ vom 23.Januar 2014: „ In dem man die Zahl der Vizepräsidenten einvernehmlich von vier auf fünf erhöht habe, sei es nämlich möglich gewesen, auch der derzeit kleinsten Partei im Parlament, den Liberalen, einen Posten zukommen zu lassen. Dafür habe man den Aufstieg eines streitbaren Linken hinnehmen müssen“. Nur aus 'übergeordneten Gründen' habe er für die Paketlösung mit dem CDU-Landtagspräsidenten, Norbert Kartmann, gestimmt.

Abschließend möchte ich gerne unabhängig von allen gesellschaftspolitischen Unterschieden zu einer gemeinsamen Plattform zurückkehren. Und dieser gemeinsame Nenner ist für mich definitiv unser Grundgesetz. Dort ist in Artikel 5 die Meinungsfreiheit verankert. Dieses unverletzliche Grundrecht gilt für alle Menschen. Von andersdenkenden Menschen, die davon ausgeschlossen sind, und die man stattdessen boykottieren solle, steht absolut kein einziges Wort im Grundgesetz."

Sigrid Kargl
Stadtverordnete der SPD-Fraktion in Hanau
Krumme Gewann 20
63457 Hanau

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