Mit Baseballschläger die Familienehre verteidigt

Niedermittlau
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Wildwest-Szenen im Hasselrother Ortsteil Niedermittlau: Im März des vergangenen Jahres wird ein 55-Jähriger in seiner Kellerwohnung überfallen und mit einem Baseballschläger schwer verletzt. Nachbarn eilen zu Hilfe, der Täter flüchtet, wird aber von einem jungen Mann gefilmt, bis er in ein Auto steigt und wegfährt. Wenig später klicken in Wächtersbach die Handschellen.



landgerichtJetzt wurde der Schläger im Landgericht Hanau wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten auf Bewährung verurteilt.

In der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Überfall ein Racheakt war: Der Niedermittlauer hatte wenige Wochen zuvor vor dem 14-jährigen Sohn der Cousine des Angeklagten an einer Bushaltestelle in Neuenhaßlau mit einem Messer „rumgefuchelt“. Wie der 55-Jährige erklärte, habe er damals psychische Probleme gehabt. Die Familie des 14-Jährigen beschloss anschließend, sich dafür zu rächen: In einer Discothek wurde in der Nacht vom 22. auf den 23. März 2014 entschieden, dass der 28-jährige Angeklagte dies übernehmen soll. „Ich sollte ihn zu Rede stellen, weil man so etwas mit Mitglied unserer Familie nicht macht“, sei ihm mit auf den Weg gegeben worden. Zuvor habe die Familie schon die Wohnverhältnisse des Opfers ausgekundschaftet.

Stark angetrunken verließ der Angeklagte in den frühen Morgenstunden das Tanzlokal, trank dann noch zu Hause weiter und ließ sich anschließend von einem Freund aus Bad Soden-Salmünster nach Niedermittlau fahren. An die drei Promille hatte er vermutlich im Blut, als er um kurz vor 10 Uhr durch die zum Lüften geöffnete Haustür die Kellerwohnung betrat. Der Student schlug mehrfach mit dem Baseballschläger auf den am Frühstückstisch sitzenden 55-Jährigen ein, fügte ihm zwei stark blutende Platzwunden am Kopf und zahlreiche Prellungen zu. Das Opfer rief seine Vermieter um Hilfe, als die eintrafen, suchte der Schläger das Weite. Doch dank des mutigen Zeugen, der ihn mit dem Handy in der Hand durch den Hasselrother Ortsteil verfolgte, konnte er schnell festgenommen werden. Wie sich später herausstellte, wusste sein vermeintlicher Komplize nicht, warum er ihn nach Niedermittlau fahren sollte.

Da er aus der Kellerwohnung ein Handy und eine Speicherkarte aus einer Kamera mitgehen ließ, hatte ihn die Staatsanwaltschaft Hanau wegen eines schweren Raubes angeklagt – Mindeststrafe fünf Jahre. Nach einem nicht öffentlichen Rechtsgespräch zwischen den Prozessbeteiligten wurde allerdings von einem minderschweren Fall ausgegangen und dem Wächtersbacher für den Fall eines umfassenden Geständnisses eine Freiheitsstrafe „angeboten“, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Als Begründung wurde der geringe Wert des Diebesgutes angeführt, außerdem soll es sich um eine spontane Mitnahme der Gegenstände gehandelt haben. Der 28-Jährige nahm diesen „Deal“ dankend an und räumte alle Anklagepunkte ein.

Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Hanau verurteilte ihn wegen schweren Raubes in einem minderschweren Fall und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss er 7.000 Euro Schmerzensgeld an den 55-Jährigen zahlen und bekommt eine Bewährungshelferin zur Seite gestellt. In der Verhandlung entschuldigte sich der bereits mehrfach vorbestrafte Student bei dem Niedermittlauer, der sich gnädig zeigte: „Ich hoffe, dass du die Kurve kriegst.“


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