Kita-Streik: Eltern doppelt belastet, Stadt profitiert doppelt

Der Lokführerstreik trifft Reisende und Pendler. Der Streik der Erzieherinnen und Erzieher trifft die Eltern, aber auch deren Verwandte, Freunde und Bekannte sowie deren Arbeitgeber. Während die Lokführer eine Streikpause eingelegt haben, ist der unbefristete Streik der Erzieherinnen voll im Gange. Ein Ende ist nicht abzusehen, da die Fronten verhärtet scheinen. Wird der Streik der Lokführer von der Mehrheit der Bevölkerung kaum noch verstanden, haben dagegen die meisten Verständnis für den Streik der Erzieherinnen.

Denn beim Kita-Streik geht es um die grundsätzliche Frage, wie Erziehungsleistungen von der Gesellschaft wertgeschätzt werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass die frühkindliche Bildung für die Entwicklung eines Menschen von enormer Bedeutung ist. Umso unverständlicher ist es, dass wir den Beruf der Erzieherin bzw. des Erziehers nur wenig wertschätzen. Wertschätzung zeigt sich nun einmal in der Entlohnung und diese ist bei Erzieherinnen und Erziehern vergleichsweise gering. Somit ist eine bessere Eingruppierung von Erzieherinnen und Erziehern in das Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes eindeutig zu befürworten. Freilich bedeutet dies Mehrkosten für die Kommunen. Aber das Geld ist an dieser Stelle gut angelegt, nämlich in die Zukunft und die Entwicklung der Kinder.

Gegen die bessere Bezahlung der Erzieherinnen argumentieren einige, dass dann die Kita-Gebühren notgedrungen steigen müssten, weil der Kostendeckungsgrad schon heute sehr niedrig - meist weit unter 30% - liege und mit einer deutlichen Lohnkostensteigerung noch geringer werden würde. Durch Gebührenerhöhungen käme es zu Mehrbelastungen von jungen Familien, die ohnehin schon an vielen Stellen stark belastet seien. „Dieses Argument kann leider nicht wegdiskutiert werden. Doch könnte man durch eine kluge soziale Staffelung der Kita-Gebühren Mehrbelastungen für Familien, die sich höhere Gebühren nicht leisten können, abfangen“, gibt Dr. Martin Gasche, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, zu bedenken. „Und außerdem: Bevor Kita-Gebühren erhöht werden, müssen erst andere Ausgaben der Stadt auf den Prüfstand.“

Was gar nicht geht, ist, dass die Eltern durch den Streik nun doppelt belastet werden. Zum einen müssen sie sich während des Streiks ggf. kostspieligen Betreuungsersatz beschaffen, zum anderen müssen sie die Kita-Gebühren bezahlen, obwohl sie die Betreuungsleistung der Stadt gar nicht in Anspruch nehmen. Die Stadt dagegen wird doppelt begünstigt. Zum einen muss sie während der Zeit des Streiks die Gehälter der Erzieherinnen und Erzieher nicht zahlen. Zum anderen kassiert die Stadt die Kita-Gebühren.

„Ich wäre dafür, die Kita-Gebühren für die Zeit des Streiks unbürokratisch an die Eltern zurück zu erstatten“, sagt Dr. Gasche. „Mit einer Satzungsänderung und einem bisschen guten Willen seitens der Stadtverwaltung sollte dies möglich sein. Da die Kita-Gebühren bei weitem nicht kostendeckend sind und die Personalkosten den größten Kostenblock darstellen, würde die Stadt selbst bei einer Zurückerstattung wahrscheinlich noch ein Plus machen, weil die ersparten Löhne die erstatteten Gebühren übersteigen“, vermutet Gasche.

Am 27. Mai wollten die Eltern in Langenselbold demonstrieren. Dabei wollten sie ihren Wunsch zum Ausdruck bringen, dass die beiden Parteien sich wieder an einen Tisch setzen und ein baldiges Ende des Streiks herbeiführen. „Ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können, wäre in der Tat wünschenswert. Damit wäre allen Beteiligten am meisten geholfen“, resümiert Bernd Kaltschnee Ortsvereinsvorsitzender der SPD.