Sprengstofffund in Schlüchtern: Bewährungsstrafe gefordert

Schlüchtern
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Im Prozess gegen einen 34-Jährigen aus Schlüchtern vor dem Landgericht Hanau hat die Staatsanwaltschaft Hanau wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung gefordert.

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gerichtZudem soll der Angeklagte 6.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Staatsanwalt Werner Schmidt-De Wasch sah es als erwiesen an, dass Waffen und Munition sowie über 500 Gramm Sprengstoff, die im vergangenen Jahr bei einem 35-Jährigen in Schlüchtern gefunden worden waren, vom Angeklagten stammen. Für die ebenfalls angeklagten Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz hielt die Staatsanwaltschaft die Beweislage nicht für ausreichend und forderte einen Freispruch.

Der 35-jährige vermeintliche Kronzeuge, der in dieser Verhandlung überraschenderweise von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machte, wurde vor zwei Wochen im so genannten „Automatensprenger-Prozess“ zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt, die allerdings noch nicht rechtskräftig ist. Vor und während seines Prozesses hatte er erhebliche Anschuldigungen gegen den jetzt vor der 2. Großen Strafkammer angeklagten Geschäftsführer eines Unternehmens in Schlüchtern erhoben. Dieser soll über zwei Jahre hinweg monatlich drei bis fünf Kilogramm Marihuana bei ihm zwischengelagert und schließlich auch einen Karton mit Sprengstoff, Waffen und Munition in seinem Wohnhaus abgestellt haben. Am Klebeband der Sprengstoff-Verpackung wurde später die DNA des jetzt angeklagten 34-Jährigen gefunden, zudem fand die Polizei in seiner Wohnung unter anderem leere Handgranaten.

Am letzten Verhandlungstag vor der Urteilsverkündigung erklärte ein Experte des Hessischen Landeskriminalamtes, dass der gefundene Sprengstoff sowohl militärisch als auch gewerblich genutzt und mit einer Sprengkapsel gezündet wird. Demnach handele es sich nicht, wie angeklagt, um eine Kriegswaffe, sondern falle unters Sprengstoffgesetz. Laut Aussage des Experten wurde dieses Material auch im Jugoslawien-Krieg eingesetzt und war anschließend dort auf Flohmärkten erhältlich. Mit den gefundenen 552 Gramm lasse sich zwar kein Einfamilienhaus zum Einsturz bringen, die Druckwelle würde aber im Umkreis von zehn Metern für Menschen tödlich sein.

Bei den gefundenen Waffen handelt es sich zum einen um eine Taschenpistole aus dem Jahr 1925, die zwar kleiner als eine Hand, aber voll funktionsfähig sei und aus kurzer Distanz tödliche Verletzungen verursachen könne. Zudem wurde eine Mauser P38 mit einer Wehrmachtsstempelung gefunden, „die hat richtig Leistung“ stellte der LKA-Experte bei Schussversuchen fest, die ebenfalls störungsfrei abliefen. Auch aus Wehrmachtsbeständen stamme vermutlich eine Pistole der Marke „Singer“, gleiches gilt für das passende Etui mit einem Totenkopf der Waffen-SS auf der Vorderseite. Das gefundene „Sammelsurium an Munition“ passe teilweise zu diesen drei Waffen, allerdings befänden sich darunter auch Patronen, die von Sportschützen erworben werden könnten. Wie bereits berichtet, gehörten sowohl der 35-Jährige als auch der ein Jahr jüngere Angeklagte einem Schützenverein an.

In Augenschein genommen wurde von den Experten auch der Schlagstock („Totschläger“), der in der Wohnung des 34-Jährigen gefunden worden war. Seine Version: Diese in Deutschland verbotene Waffe habe er als Sexspielzeug genutzt, seine 28-Jährige Frau bestätigte diese bei ihrer Zeugenvernehmung. Die Analyse der LKA-Experten war allerdings eindeutig: „Damit schlägt man Leute tot“, allerdings sei dieser „Totschläger“ in vielen osteuropäischen Länder nicht verboten und daher auch leicht erhältlich.

Um die Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Kronzeugen zu überprüfen, musste auch einer der Richter aus dem Verfahren gegen den 35-Jährigen aussagen. Demnach habe dieser beim Haftprüfungstermin im April dieses Jahres erklärt, dass der Angeklagte kein unbeschriebenes Blatt sei und er Angst vor ihm habe. In der Verhandlung habe sich zudem alles, was der 35-Jährige gesagt hat, letztlich auch anhand objektiver Beweise bestätigt. „Es gab keinen Zweifel, dass er sich reinwaschen will“, habe es keine Absprachen gegeben, dass er mit einer geringeren Strafe rechnen könnte, falls er weitere Namen nennt.

Vernommen wurden am letzten Tag auch die beiden Geschäftspartner des Angeklagten, ein 48-Jähriger aus Linsengericht und ein 31-Jähriger aus Gründau. Beide sollen laut Aussagen des 35-Jährigen ebenfalls in die Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein, stritten dies allerdings ab. Die gemeinsame Firma mit dem Angeklagten laufe gut, der 48-Jährige vermutet hinter den Aussagen einen Racheakt, weil der „Automatensprenger“ beim Probearbeiten durchgefallen sei.

Die Verteidigung sah alle Vorwürfe als nicht bewiesen an und forderte einen Freispruch. Selbst der Besitz des Totschlägers soll demnach nicht bestraft werden, weil dem Angeklagten die tatsächlichen Verwendungsmöglichkeiten dieses Gegenstandes nicht bekannt gewesen seien. Der Angeklagte hatte gleich zu Verhandlungsbeginn alle Anklagepunkte bestritten. Das Urteil wird am kommenden Montag im Landgericht Hanau verkündet (Saal 215, 10 Uhr).


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