Richter lassen gehörloses Mädchen nicht im Stich

Politik
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Im Rechtsstreit zwischen dem Main-Kinzig-Kreis und den Eltern eines gehörlosen Kindes hat die Kreisverwaltung erneut eine Niederlage erlitten. Das Sozialgericht Frankfurt entschied vor wenigen Tagen am 13. August per einstweiliger Anordnung, dass der Kreis auch in Zukunft die Kosten für die Gebärdensprachdolmetscher in der Schule übernehmen muss. Das Hauptverfahren steht zwar



gerichtnoch aus, allerdings ist damit zumindest gesichert, dass die 11-Jährige am ersten Schultag nach den Sommerferien von einem Dolmetscher aufs Gymnasium begleitet wird. Bei dem Mädchen wurde im Alter von drei Jahren eine Hörbehinderung festgestellt, das operative Einsetzen einer Hörprothese (Chochlea-Implantat) hatten die Eltern abgelehnt, weil ihnen das Risiko zu groß war. Stattdessen lernten sie wie ihre Tochter und eine weiteres Kind in der Familie die Gebärdensprache.

Nachdem die Kreisverwaltung bis zum Beginn der Grundschulzeit einen Hausgebärdensprachkurs finanziert hatte, wurde anschließend die Kostenübernahme für die Dolmetscher in der Grundschule verweigert. In solchen Fällen wird dem Kind das Unterrichtsgeschehen von einem Dolmetscher übersetzt, der neben der Lehrkraft steht. Laut Kreisverwaltung fallen dafür bis zum Abitur Kosten von bis zu einer Million Euro an. Per einstweiliger Anordnung wurde die Kostenübernahme dann zunächst doch bei Gericht durchgesetzt. Mit Unterstützung von Dolmetschern entwickelte sich die 11-Jährige in der Grundschule zu einer sehr guten Schülerin und will nach den Sommerferien jetzt aufs Gymnasium gehen.

Der Rechtsstreit zwischen den Eltern und dem Main-Kinzig-Kreis dauert inzwischen über vier Jahre und scheint auch keine Ende zu finden, nach dem das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt im Mai dieses Jahres den Kreis nach dem Durchlaufen aller gerichtlichen Instanzen verurteilte, die Dolmetscherkosten für die Grundschulzeit zu übernehmen. Laut Gebärdensprachdolmetscherin und Verlegerin Karin Kestner, die die Eltern in diesem Rechtsstreit unterstützt, hat der MKK allerdings auch gegen diese Entscheidung eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht in Kassel eingelegt. Auf den Antrag zur Kostenübernahme der Dolmetscherkosten für die nun folgende Gymnasialzeit hat der Main-Kinzig-Kreis bislang nicht geantwortet, was das Sozialgericht nun veranlasste, darüber gleich mitzuentscheiden.

Ursprünglich ging es in dem Verfahren um die Bezahlung der Gebärdensprachdolmetscher nach den Sätzen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG), was die Richter jetzt ebenfalls per einstweiliger Anordnung verfügt haben. Der Kreis hatte eine Erhöhung der Vergütung ab dem 1. August 2013 nicht akzeptiert, so dass über 20.000 Euro Lohnkosten für die Dolmetscher aufliefen, für die die Eltern in Vorlage getreten sind. Die Richter entschieden nun, dass im Zuge des Verbots der Diskriminierung behinderter Menschen die Gebärdensprache gleichberechtigt neben der Amtssprache steht und der Sozialleistungsträger die Dolmetscherkosten zu tragen hat. Die einstweilige Anordnung gilt zunächst rückwirkend zum 20. Mai dieses Jahres, dem Tag des Einganges des Eilantrages der Eltern bei Gericht. Das Hauptverfahren in dieser Sache steht ebenfalls noch aus.


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