Kreistagsabgeordneter Müller mitten im Eisenbahner-Tarifstreit

Politik
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Wer in dieser Woche die Tarifverhandlungen der Eisenbahner verfolgt hat, hat möglicherweise ein bekanntes Gesicht entdeckt.



muellerstreikmuellerstreik1Andreas Müller, Fraktionsvorsitzender der „Linken“ im Kreistag des Main-Kinzig-Kreises, sitzt für die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft am Verhandlungstisch in Berlin. Der 50-Jährige aus Freigericht pendelt dafür ständig in die Bundeshauptstadt und nutzt dafür die Bahn – wenn sie denn mal nicht bestreikt wird.

Hallo, Herr Müller, wir haben Sie gerade in der Tagesschau bei den Tarifverhandlungen der Eisenbahner gesehen. Klären Sie uns auf: Was machen Sie da?
Andreas Müller: „Ich bin Gewerkschaftssekretär im Bereich Tarifpolitik bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft. Dort bin ich zuständig für Manteltarifbestimmungen, Beschäftigungssicherung und für die Dienstleistungsunternehmen wie beispielsweise Sicherheit, Services und Zeitarbeit sowie für die Tarifbestimmungen der EVG-Lokführer.“

Und wie weit sind die Verhandlungen? Können Sie uns etwas verraten, was die Öffentlichkeit bisher nicht weiß?
Andreas Müller: „Die EVG hat neben der Forderung nach sechs Prozent mehr Entgelt, mindestens aber 150 Euro Mindestbetrag als soziale Komponente, die Forderung nach einer Überarbeitung des Entgeltsystems, der Funktionsgruppen, bei der DB AG und der Eingliederung der EVG-Lokführer in das EVG-Tarifsystem gestellt. Bisher haben wir über die strukturellen Punkte verhandelt. Es gab eine Arbeitsgruppe zur Eingliederung der Lokführer und eine Arbeitsgruppe, die einen verbindlichen Prozess zur Überarbeitung des Entgeltsystems erarbeiten sollte. Wir haben einen Vorschlag gemacht, der nicht zwangsläufig zu Tarifkonkurrenz führt. Es müssten aber noch zahlreiche Detailfragen geklärt werden. Die EVG will den augenblicklich für Lokführer geltenden Tarifvertrag in ihr Tarifsystem übernehmen. Sobald dieser unsere Unterschrift trägt, werden die EVG-Lokführer tarifpolitisch wieder von ihrer eigenen Gewerkschaft vertreten. Das ist uns, vor allem aber den bei uns organisierten Lokführern ganz wichtig. Diskussionsbedarf gibt es in der Frage der Weiterentwicklung der Funktionsgruppen. Wir bestehen auf einem verbindlichen Fahrplan, in dem festgelegt wird, in welchen Schritten wir hier zu Lösungen im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen kommen. Ich könnte ihnen schon einiges verraten, was die Öffentlichkeit nicht weiß, das darf ich aber nicht, da wir dafür eine Presseabteilung haben.“

Sie leben ja in Freigericht, wie oft müssen Sie nach Berlin pendeln? Oder haben Sie sich in der Hauptstadt inzwischen ein zweites Zuhause eingerichtet?
Andreas Müller: „Ich muss schon oft nach Berlin, insbesondere weil die Dienstleister in Berlin ihren Sitz haben. Ein zweites Zuhause habe ich noch nicht, aber ich habe meine Stammhotels in Berlin. Von Freigericht klappt es zum Glück sehr gut nach Berlin, selbst zu Tagesveranstaltungen. Oft morgens 5:30 Uhr ab Langenselbold, dann ist man 9:53 Uhr in Berlin Hauptbahnhof. Zurück geht es dann 18:32 Uhr, dann ist man 22:55 Uhr Zuhause und hat noch eine Reserve eine Stunde später. Die Bahn ist da schnell und meist sehr zuverlässig.“

Wurde denn schon bis in die frühen Morgenstunden verhandelt, wie bei manchen Tarifstreitigkeiten zuvor? Musste schon starker Kaffee gereicht werden, damit alle wach bleiben?
Andreas Müller: „In dieser Entgeltrunde noch nicht, wir hatten erst zwei Verhandlungsrunden. Die langen Nachtsitzungen finden meist erst ganz am Schluss der Verhandlungen statt. Um einen Abschluss zu erzielen haben wir schon bis morgens um 5 Uhr oder auch schon mal bis morgens um 7 Uhr verhandelt. Da steigt dann der Kaffeekonsum stark an. Auch Pizzalieferungen in das Verhandlungshotel hatten wir schon.“

Und wird hinter den Kulissen tatsächlich so heftig um die geforderten Lohnerhöhungen gestritten oder geht es meist doch gemäßigt zu?
Andreas Müller: „Heftigen Streit kann man auch gesittet und gemäßigt führen. Wir streiten heftig für unsere Mitglieder, deshalb muss man sich nicht persönlich anfeinden. Man trifft sich meist häufiger und da sollte man sich nach einer heftigen Auseinandersetzung immer noch die Hand reichen können.“

Von den Streiks waren ja vor allem die Pendler betroffen. Jetzt mal ganz ehrlich: Sie würden sich doch auch ärgern, wenn Sie vergeblich auf einen Zug warten, oder?
Andreas Müller: „Klar würde ich mich ärgern, hätte aber auch Verständnis dafür, wenn Arbeitnehmer streiken müssen, um Verbesserungen bei Entgelt und Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Aber darum ging es bei den letzten Streiks bei der Bahn gerade nicht und das haben andere zu verantworten. Im Verkehrsbereich ist es nun mal so, dass immer Pendler und Reisende betroffen sind. Deshalb geht die EVG auch sehr sorgsam mit dem Streikrecht um. Weil wir wissen, dass Streiks immer Pendler und Unbeteiligte Reisende betreffen, ist Streik für uns ein Mittel, das wir nur einsetzen, wenn es keine Bewegung auf Arbeitgeberseite gibt. Das ist bisher in unseren Verhandlungen nicht der Fall.“


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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