Der Urvater der modernen Auffassung von Bildung, Wilhelm von Humboldt, saß bei dem Treffen von Grünen und Bundesagentur mit am Tisch.
Die Grünen informierten sich über die aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in der Region. Mit Erleichterung nahmen die Grünen die Einschätzung entgegen, dass die Arbeitsplatzverluste bei den Firmen My Toys in Langenselbold, Joh in Gelnhausen und Alsa in Steinau teilweise weniger drastisch ausfielen, als bei dem letzten Treffen im Februar zu befürchten war, und vom Arbeitsmarkt im Main-Kinzig-Kreis weitgehend verkraftet wurden. Mit einer aktuellen Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent (3,1 % SGB II; 1,8 % SGB III) stehe der Arbeitsmarkt im Main-Kinzig-Kreis besser da als der Bundestrend. Verantwortlich für den positiven Trend sei unter anderem die spürbare Herbstbelebung, so die Erläuterungen Noblés.
Positiv stellte sich aus Sicht der Grünen auch der Ausbildungsmarkt im Main-Kinzig-Kreis dar. Das Verhältnis von Stellenangeboten und Nachfrage sei derzeit noch weitgehend ausgeglichen. Angesichts sinkender Schulabgänger-Zahlen werde jedoch deutlich, so Bousonville, dass die Unternehmen zukünftig einen größeren Beitrag bei der Ausbildung junger Menschen leisten müssten, um den demografischen Faktor und den damit einhergehenden Fachkräftemangel kompensieren zu können. Ein weiterer Weg, den der Main-Kinzig-Kreis bereits beschreite, um die Potenziale für den Arbeitsmarkt optimal auszuschöpfen, sieht der Grüne darin, junge Menschen beim Übergang von der Schule in den Beruf zu unterstützen sowie das Matching von Auszubildenden und Ausbildungsbetrieben zu fördern.
Eine lebhafte Diskussion zwischen allen Beteiligten entzündete sich schließlich an der Frage über den richtigen Weg bei der Ausbildung: Ist das Abitur eine unnötige Warteschleife für einen jungen Menschen, der anschließend eine berufliche Ausbildung anstrebt - oder ist Bildung ein Wert an sich? Manfred Jünemann, Kreistagsabgeordneter der Grünen, widersprach Geschäftsführer Noblé vehement, als der Agentur-Chef dafür plädierte, unnötige Warteschleifen auf dem Ausbildungsmarkt zu vermeiden. Noblé führte den Fachkräftebedarf, die Sozialversicherungseinnahmen und die Gefahr der Altersarmut als Gründe für seine Haltung an. Jünemann dagegen vertrat das Humboldt´sche Bildungsideal, wonach Bildung mehr als die reine Aneignung von Wissen ist, und wollte Bildung auch als Teil der Selbstverwirklichung des Individuums verstanden wissen. Der eingeschlagene Ausbildungsweg diene der Entwicklung von Talenten und sei nicht nur marktgerecht auszurichten.
Breiten Raum im Gespräch zwischen Grünen und Bundesagentur für Arbeit nahm auch die Erörterung der Frage ein: Brauchen wir einen sozialen Arbeitsmarkt? Bousonville machte seine Sicht der Dinge deutlich, dass es auch für Menschen, die auf absehbare Zeit keine Chance am ersten Arbeitsmarkt hätten, sinnstiftende Beschäftigungsangebote geben müsse. Für überlegenswert hält er eine Ankopplung entsprechender Angebote an bereits bestehende Einrichtungen wie AQA und Behindertenwerk. Bei einer Fortsetzung der Gesprächsreihe in einem halben Jahr wollen die Grünen diese Frage vertiefen.
Foto (von links): Reiner Bousonville, Uwe Ringel, Alexander Noblé (GF BA), Rainer Kesper (BA), Peter Stahl. Nicht im Bild: Manfred Jünemann, Christina Schmidt (GF Grüne).
Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de
