VORSPRUNG ### Nachrichten aus der Region Main-Kinzig ### 
Die Wiederbelebung eines Menschen ist letztlich ganz einfach und dennoch machen es in Deutschland zu wenige: Zu zirka 340 Reanimationen wird der Rettungsdienst im Main-Kinzig-Kreis pro Jahr gerufen, nur 120 Menschen können aber ins Leben zurückgeholt werden.
Der Rettungswagen trifft zwar in 90 Prozent der Fälle binnen der vorgeschriebenen zehn Minuten am Einsatzort ein, für eine Wiederbelebung ist dies allerdings zu spät. Ärzte und Sanitäter sind auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, deshalb soll in der „Woche der Wiederbelebung“ vom 22. bis 28. September dieses Thema an ungewöhnlichen Orten in den Mittelpunkt gerückt werden.
„Die ersten drei Minuten sind entscheidend“, verweist Prof. Dr. Dirk Meininger von den Main-Kinzig-Kliniken auf die Notwendigkeit, das Gehirn weiterhin mit Blut zu versorgen. Aufgrund neuer Erkenntnisse wurde die Methode dafür extrem vereinfacht: Eine Mund-zu-Mund-Beatmung ist nicht mehr notwendig, vielmehr soll das Brustbein 100 bis 120 Mal pro Minute zirka fünf bis sechs Zentimeter nach unten gedrückt werden. „Nehmen sie einfach die Mitte vom Brustkorb und haben sie keine Angst. Sie können nichts falsch machen. Die Alternative ist, dass der Mensch stirbt“, verweist Dr. Marco Gruß vom Klinikum Hanau auf eine einfache Vorgehensweise: Zunächst prüfen, ob die Person noch atmet, falls nicht per 112 den Rettungsdienst alarmieren und dann sofort mit der Herzdruckmassage beginnen. „Prüfen, Rufen, Drücken“, lautet die Kurzformel, die die Überlebenschance um ein dreifaches erhöhen kann.
Während der Main-Kinzig-Kreis mit einer 34-prozentigen Überlebensquote sogar leicht über dem Bundesdurchschnitt liegt, ist der europaweite Vergleich erschreckend. In den Niederlanden oder Schweden werden zirka 70 Prozent erreicht, „das Helfen gehört da zum guten Ton, zum Standard, zur Allgemeinbildung“, hofft der ärztliche Leiter der Rettungsleitstelle Main-Kinzig in Gelnhausen, Dr. Wolfgang Lenz, dass zumindest eine Quote von 40 Prozent in absehbarer Zeit vermeldet werden kann. Das Netz an staatlichen Maßnahmen scheint allerdings ausgereizt, denn selbst die 480 ehrenamtlichen Voraushelfer in den Städten und Gemeindne, die zusätzlich zu den Rettungswagen bei Reanimationen alarmiert werden, schaffen es kaum, binnen drei Minuten am Einsatzort zu sein. Bleibt noch die so genannte „Telefon-Reanimation“, bei der bis zum Eintreffen der Sanitäter und Ärzte aus der Leitstelle telefonische Hilfestellungen bei der Wiederbelebung gegeben werden.
„Wir starten einen Aufruf an jedermann, sich nicht dafür zu fürchten, etwas falsch zu machen oder die Rippen zu brechen“, unterstützt der Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernent Matthias Zach die „Woche der Wiederbelebung“ und probierte sein Können auch gleich an einer Übungspuppe im Gefahrabwehrzentrum in Gelnhausen aus. Er wünscht sich für die Zukunft eine Wiederbelebungsquote von 60 Prozent, die allerdings allein mit derartigen Aktionen schwer zu erreichen sein wird. Dass viele Menschen erst beim Erwerb des Führerscheins einen Ersten-Hilfe-Kurs absolvieren, könnte durch eine jüngst ausgesprochene Empfehlung der Kultusministerkonferenz, diese Kurse in den Lehrplan an den Schulen aufzunehmen, revidiert werden.
Aber auch die Mediziner und Sanitäter wollen ihren Teil dazu beitragen: In der kommenden Woche sind sie nicht nur an den großen Schulen in Schlüchtern, Gelnhausen, Freigericht und Hanau mit ihren Übungspuppen vor Ort, sondern gehen abends auch in eine Tanzschule und in ein Kino. Gestartet wird die Aktion beim verkaufsoffenen Sonntag in Großkrotzenburg. Die Aktion zielt darauf, Menschen an einem ungewöhnlichen Ort mit einem überraschenden Ereignis zu konfrontieren. So wie bei einem echten Notfall eben.
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