Wegen Krankentransporten: Taxifahrer streiten mit AOK

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Zwischen den Taxi-Unternehmern im Main-Kinzig-Kreis und der AOK ist ein Streit über die Bezahlung von Krankenfahrten entbrannt.



taxischildDie Krankenkasse droht mit einer Vertragsstrafe, wenn die Fahrer nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro vergütet werden, verweigert aber die von den Firmen geforderte deutliche Anhebung der Kilometerpauschale. Am Donnerstagabend wollen sich die Mitglieder der „Taxi IG MKK“ ab 19.30 Uhr im Bürgerhaus in Wächtersbach von Mathias Hörning vom zuständigen Fachverband Pkw-Verkehr über den aktuellen Stand der Verhandlungen informieren lassen.

„Die Bezahlung muss besser werden, sonst rentiert es sich für uns nicht mehr“, sagt Stefan Gohlke aus Gelnhausen, der zwei Patienten regelmäßig zur Dialyse fährt. Einen Euro gab es bislang von der AOK dafür pro Kilometer plus eine Pauschale von 1,50 Euro, dieser Satz soll jetzt auf 1,08 Euro und eine Pauschale von 1,80 Euro angehoben werden. Angesichts des Zwangs zum Mindestlohn für Gohlke viel zu wenig. „Es wird zu Entlassungen kommen“, seien 1,50 Euro pro Kilometer mindestens nötig, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Die Taxi-Unternehmer werfen der AOK vor, ihre Position als größte Krankenkasse in der Gewissheit ausnutzen, dass viele auf die Krankenfahrten angewiesen sind. Passend dazu sei in den Verträgen eine Strafe von 50.000 Euro angedroht, wenn die Fahrer keinen Mindestlohn erhalten würden.

Die Verhandlungen mit den anderen Krankenkassen verliefen da zumindest etwas positiver für die Firmen, zunächst auf 1,15 Euro ab 2015 und 1,20 ab 2016 soll dort die Kilometerpauschale nach derzeitigem Stand in den nächsten Jahren steigen. „Das ist auch noch zu wenig, wurde von uns erst einmal akzeptiert, doch auch da wird nachverhandelt“, verweist Gohlke auf die vom Fachverband Pkw-Verkehr herausgegeben Zahlen. Eine Erhöhung um nur acht Cent für den mit einem Patienten besetzen Kilometer werde demnach auf keinen Fall ausreichen, um den gesetzlichen Lohnbestimmungen ab dem 1. Januar 2015 Rechnung zu tragen. Der bundesweite Durchschnittslohn im Taxi- und Mietwagengewerbe betrage 6,85 Euro, in Hessen sogar nur 6,25 Euro. Und dies liege daran, dass in Hessen die Entgelte für Krankenfahrten mit Abstand das Schlusslicht bilden würden. In Niedersachsen hätte die AOK beispielsweise 1,45 Euro pro Kilometer angeboten.

Für Gohlke unverständlich: Seine Fahrgäste transportiere er schließlich nicht nur zum Dialysezentrum, sondern hole sie samt Rollstuhl oder Rollator in ihrer Wohnung ab, melde sie in der Krankenstation oder Arztpraxis an und müsse sich den Transportschein quittieren lassen, bevor er unbesetzt – und damit auch unbezahlt – zurückfahre. Nach der Dialyse sei der Ablauf in umgekehrter Reihenfolge identisch. „Ich möchte meine Patienten auf keinen Fall im Stich lassen“, will er von einem Boykott noch nicht reden, kann aber auch nicht ausschließen, dass dies die allerletzte Konsequenz sein könnte. Seine Beispielrechnung: „Die AOK würde 1,80 Euro pauschal für die Anfahrt zuzüglich 1,08 Euro für zehn Besetztkilometer bezahlen, also insgesamt 12,60 Euro. Von diesem Bruttobetrag muss der Unternehmer 19 Prozent Mehrwertsteuer abführen. Der Unternehmer muss aber seinem Fahrer für diese Stunde den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro zahlen. Hinzu kommen die Arbeitgeberabgaben zur Sozialversicherung in Höhe von 23 Prozent vom Stundenlohn. Für einen einstündigen Auftrag verbleiben dem Unternehmer somit nach Abzug des Stundenlohnes 14 Cent für Kraftstoff, Versicherung und Fahrzeugkosten“, würde er mit dem AOK-Angebot ins Minus fahren. Weiter verschärfen würde sich diese Berechnung beim Einsatz von Mini-Jobbern, die in der Taxi- und Mietwagenbranche allerdings dringend benötigt werden würden. Gohlke stellt sich daher auf eine intensive Auseinandersetzung mit der Krankenkasse ein: „Es grenzt an Sarkasmus, wenn die AOK öffentlich behauptet, ihr Angebot sei fair.“

Die Krankenkasse sieht das naturgemäß anders: „Es handelt sich aus unserer Sicht um eine deutlich spürbare Steigerung. Wir sind deshalb überzeugt davon, dass es sich um ein faires Angebot handelt. Weder können wir den Vorwurf der Sittenwidrigkeit noch den behaupteten Verstoß gegen Wettbewerbsbeschränkungen nachvollziehen“, erklärt Pressereferentin Riyad Salhi. Zirka ein Drittel aller Vertragspartner der AOK Hessen hätten innerhalb von drei Wochen mit ihrer Unterschrift dem Angebot auch schon zugestimmt. Salhi: „Für uns ein eindeutiges Indiz, dass unser Angebot rechnerisch Sinn ergibt. Gleichwohl befinden wir uns weiterhin in Gesprächen mit dem Fachverband PKW-Verkehr. Wir schlagen ihm in dieser Woche sogar konkrete Termine für ein weiteres Treffen vor.“


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