Gelnhausen: Grimmels kehrt zu G9 zurück

Gelnhausen
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Das Grimmelshausen Gymnasium wird ab dem kommenden Schuljahr zu einer neunjährigen Gymnasialzeit (G9) zurückkehren. Auf der Schulkonferenz am 25. Januar wurde einstimmig beschlossen, das seit 2006 geltende G8-Schulsystem wieder auf die ursprüngliche Dauer von sechs Jahren Mittel- und drei Jahren Oberstufe zurückzuführen.



Die entsprechenden Anträge gingen bereits am Montag an die Schulaufsichtsbehörde und den Main-Kinzig-Kreis als Schulträger, den Wechsel genehmigen muss letztlich das hessische Kultusministerium. „Die Schule steht ganz stark hinter dieser Entscheidung“, rechnet Schulleiter Friedrich Bell allerdings mit einem positiven Bescheid. Da das Grimmels für die Rückkehr keine zusätzlichen finanziellen Mittel beantragt hat, wird auch eine Zustimmung durch den Kreisausschuss am 5. Februar erwartet, zumal Schuldezernent Matthias Zach von Beginn in die Pläne involviert war.

Möglich gemacht hat die Rückkehr zu G9 eine Novellierung des Hessischen Schulgesetzes, wonach die Gymnasien zukünftig zwischen G8 und G9 wählen können. Das Votum am Grimmelshausen Gymnasium war eindeutig: Sowohl Schülerrat, Schulelternbeirat und auch die Gesamtkonferenz sprachen sich für die neunjährige Gymnasialzeit aus, auch wenn Bell sagt: „G8 ist machbar, aber wir wollen den Schülern mehr Zeit für ihre Persönlichkeitsentwicklung geben.“ Zudem hätten bei einem ländlichen Gymnasium viele Schüler lange Fahrtzeiten, die Einbindung in soziale Netzwerke wie beispielsweise Vereine würde außerdem unter den längeren Schulzeiten bis in den späten Nachmittag hinein bei G8 leiden. „Das ist ein Vollzeitjob für die Schüler in der Anstalt“, ergänzt der stellvertretende Schulleiter Joachim Kanthak, zumal auch noch die vielen freiwilligen Angebote der Schule und die Hausaufgaben hinzu zu rechnen seien.

Eine Ansicht, die auch die Schüler teilen. „In den 5. und 6. Klassen haben manche Schüler schon Probleme bekommen“, ist Hendrik Pelzl aufgefallen, der im nächsten Jahr nach acht Jahren Schulzeit sein Abitur machen wird. Auch Philipp Just legt dann seine Abschlussprüfungen ab, allerdings wurde er noch zu G9-Zeiten eingeschult. „Dieses eine Jahr, das den Schülern an Reife verloren geht, merkt man“, nutzt er seine freie Zeit neben der Schule beispielsweise, um beim Basketballclub Gelnhausen seine Trefferquote zu verbessern. Dass auch viele Eltern der Kinder, die in diesem Sommer mit der 5. Klasse beim GGG einsteigen wollen, bereits auf eine Entscheidung gewartet haben, bestätigte die stellvertretende Vorsitzende des Schulelternbeirates, Corinna Müller. Eine deutliche Mehrheit begrüße die Rückkehr zu G9, auch wenn bei der Wahl der Schule letztlich die örtliche Nähe und gute Erreichbarkeit ausschlaggebend seien.

Die Rückkehr zu G9 bedeutet allerdings nicht die Rückkehr zu alten Lernstrukturen. Ein neues, pädagogisches Konzept musste entwickelt werden, das unter dem Leitwort „Entschleunigung“ steht. Das GGG will demnach auch in Zukunft keine Schwerpunkte auf bestimmte Fächer setzen, sondern ein breites Angebot – vor allem auch bei den Leistungskursen – anbieten. 15 Wochenstunden stehen bei G9 in der Mittelstufe mehr zur Verfügung, dennoch soll der Lernstoff nicht ausgeweitet werden, sondern vielmehr Gruppenarbeiten, Internet-Recherchen und Präsentationstechniken intensiviert werden. Gleich bleibt der bisherige Umfang des Wahlunterrichts von der Jahrgangsstufe 5 an, ab der die maximale Pflichtstundenzahl für zwei Jahre auf 30 Stunden begrenzt wird. Die ersten beiden GGG-Jahrgänge sollen langsam an den Schulalltag herangeführt werden und haben vier Stunden Sport pro Woche sowie mit Musik, Kunst und einer Klassenleiterstunde noch weitere so genannte „weiche“ Fächer.

Erstmals wird ab dem kommenden Schuljahr am GGG neben Englisch, Französisch und Latein auch Spanisch als erste Fremdsprache angeboten. Mit der zweiten Fremdsprache starten die Schüler ab der Jahrgangsstufe 6. Ausgebaut werden soll auch der Förderunterricht und zwar sowohl für etwas schwächere als auch für besonders intelligente Schüler. Einem kleinen Kreis soll daher bei entsprechenden schulischen Leistungen die Möglichkeit gegeben werden, ein Schuljahr zu überspringen und somit nach einer achtjährigen Gymnasialzeit das Abitur zu machen.

Entspannung soll es auch beim Nachmittagsunterricht geben. Der ab der Jahrgangsstufe 5 angebotene jahrgangsbezogene und jahrgangsübergreifende Wahlunterricht soll verstärkt in den Vormittag eingebunden werden. Bei G8 steht auch bei den beiden jüngsten Jahrgängen zumindest einmal Pflichtunterricht nach der Mittagspause auf dem Stundenplan. Vereinfacht wird durch die Rückkehr zu G9 auch wieder der europaweite Schüleraustausch. „Teilweise waren unsere Schüler zu jung im Vergleich zu den Partnerschulen“, rechnet Schulleitungsmitglied Kanthak mit einer deutlichen Entspannung.

Hessenweit gibt es derzeit Initiativen von Eltern, die Kinder aus den aktuellen Jahrgangsstufen 5 und 6 ebenfalls noch ins G9-Schulsystem einzubinden. Beim GGG-Schulelternbeirat fand sich dafür allerdings keine Mehrheit. Läuft das Genehmigungsverfahren wie geplant, werden im Jahr 2020 letztmalig Schülerinnen und Schüler am Grimmelshausen Gymnasium nach dem G8-System und somit einer achtjährigen Gymnasialzeit das so genannte „Turbo-Abi“ machen.

Foto von links: Bell, Pelzl, Just, Müller, Kanthak.


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