Brasilianische Leichtigkeit mit einem Hauch Wehmut

Hanau
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Mit einem Lächeln hebt er das letzte Mal als Dirigent des Blasorchesters der Karl-Rehbein-Schule Hanau (KRS) den Taktstock, um am Ende mit frenetischem, nicht enden wollendem Applaus seitens seiner Musiker und seitens des Publikums in den verdienten „Ruhestand“ verabschiedet zu werden.



krsbrasilienkrsbrasilien1Mit Rainer Kasan tritt am Dirigentenpult ein Mann ab, der nach nahezu 30 Jahren zahlreichen Schülergenerationen die Freude an der Musik näher gebracht hat und aus einem anfänglich bescheidenen Bläserkreis ein rund 80 Musiker starkes und stolzes Blasorchester geformt hat. „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, verrät Kasan. Und so weht mit dem Abschied von Kasan auch ein Hauch von Wehmut über das diesjährige Sommerkonzert der KRS im Congress Park Hanau, das ansonsten eher bei fast allen beteiligten Gruppen eher durch meist südamerikanische Klänge verzaubern kann.

Kann KRS-Direktor Jürgen Scheuermann neben einer stattlichen Anzahl von Prominenz aus Politik und Wirtschaft auch Vertreter der Partnerschule aus dem chinesischen Sanmen begrüßen, so findet er am Ende auch lobende Worte für das Engagement „seiner“ Schüler, die trotz großer schulischer Belastung noch zu äußerst konzentrierten Leistungen auf der Bühne fähig sind. Und natürlich wird auch Rainer Kasan, der das Blasorchester seit 2005 anleitete, gebührend von seinem Schulleiter verabschiedet. Kasan selbst hat sich zu seinem Abschiedskonzert etwas ganz besonderes ausgedacht: So holt er den Chor der KRS und die Streicher des Symphonieorchesters mit auf die Bühne, um sich mit einem fetzigen Medley der schwedischen Popgruppe „ABBA“ zu verabschieden. Großes Klang-Kino gibt es zuvor mit dem malerischen Orchesterstück des englischen Komponisten Albert W. Ketélby, „Auf einem persischen Markt“. Hier zeigen sich die jungen KRS-Blasmusiker von ihrer besten Seite, intonationssicher und vor allem sehr differenzierend in der Dynamik.      

Aber auch der Beginn des Konzertes hält im wahrsten Sinne des Wortes einen ganz besonderen Paukenschlag bereit: Die einaktige Oper „Der Mond“ von Carl Orff, basierend auf ein Märchen der Brüder Grimm, bildet den fulminanten Einstieg in das rund dreistündige Sommerkonzert. Orff verwendet hier zahlreiche Zitate aus der bayerischen Volksmusik, deren Harmonik er karikiert oder mit chromatischen Zusatztönen aufbrezelt. Eine Vielzahl an Schlagwerkern, zwei Pianisten, der Chor ab Klasse 7, die Gesangsklasse als auch die Freunde der KRS unter Leitung von Frank Hagelstange bringen das stellenweise klanglich sehr opulente Werk sowohl rhythmisch gut pointiert auf den Punkt als auch in seinen stimmlich hohen Anforderungen sehr ergreifend und ausdrucksvoll auf die Bühne.  

Etwas ruhiger lässt es dann der KRS-Flötenkreis unter Leitung von Gudrun Conrad und Mechthild Sydow (Paul-Hindemith-Musikschule, PHM) mit einem zart getragenen „Scarborough Fair“ angehen, bevor die Mitglieder der Gitarren-AG der KRS unter Leitung von Christian Gutgesell (PHM) spanisches Flair im Konzertsaal verbreiten. Mag man schon ein Tänzchen zu dem sich anschließenden südamerikanischen Melodiereigen des KRS-Flötenkreises wagen, so hält es selbst die Dirigentin des KRS-Symphonieorchesters, das fünf symphonische Tänze im Gepäck hat, kaum noch auf dem Dirigentenpult: Petra Weiß entlockt dem Orchester mit ganzem Körpereinsatz das eine ums andere Mal eruptive, dynamische Expressivität gepaart mit einem sehr eleganten, feinen Zusammenspiel zwischen Bläsern und Streichern. Ein akustischer Hochgenuss die Interpretation des „Tango Jalousie“ von Jakob Gade, eingeleitet von einem feurigen Violin-Solo (Daria Azov und Elias Scholz) und letztendlich leichtfüßig und grazil schwebend im homogenen Zusammenklang über das „Tanz“-Parkett des CPH gezaubert. Traumhaft.

Traumhaft geht es auch nach der Pause zu: Eine riesen Schar von Katzen (Chor der Klassen fünf und sechs) bevölkert die Bühne, liebevoll geschminkt, um dann in traumwandlerischer Sicherheit die Geschichte von Rumpleteazer, Old Deuteronomy und anderen Katzengestalten aus dem gleichnamigen Musical „Cats“ zu erzählen. Selbst Chef-Kater Jens Weismantel hat es sich nicht nehmen lassen, auch sein Gesicht in einen Musikkater verwandeln zu lassen, um seine Solisten und Choristen zu einer so nicht erwarteten stimmlichen Höchstleistung zu motivieren. Als dann das berühmte „Memories“ in seiner ganzen mehrstimmigen Pracht ertönt, kennt der Jubel im Saal kaum mehr Grenzen.

Der frisch gebackene Abiturient Frederik Tesar schließlich setzt dem Ganzen am Schlagzeug noch die Krone auf: Begleitet er zuvor stilsicher sowohl das Symphonieorchester als auch die Flöten-AG, so kann er als Drummer der KRS-Big-Band den hier dargebotenen südamerikanischen Stücken nicht nur rhythmische Finesse einhauchen, sondern bringt in einem atemberaubenden zweiminütigen Schlagzeugsolo den Saal schier zum Beben. Big-Band-Leiter Stefan Glück wird dieses Ausnahmetalent nur ungern ziehen lassen müssen – wobei freilich auch die Big-Band etwa mit einem ganz lässig gespielten Bossa-Nova das Tanzbein des Girls von Ipanema kräftig schwingen lässt. Ja, die Schulzeit war wohl eine gute Zeit – davon singen auch die Mitglieder des KRS-Musik-Leistungskurses ebenfalls mit einer Prise Wehmut in der Stimme.    

„Conducteur“ Rainer Kasan schließlich verabschiedet sich mit einem schwungvoll dargebrachten „Waterloo“ in den Ruhestand, nicht ohne stehende Ovationen entgegenzunehmen. Da ist es dann, das weinende Auge, schließlich hat er nahezu 30 Jahre lang mit viel Herzblut ein Blasorchester aufgebaut, das ihm an s Herz gewachsen ist und das auch zu einem Markenzeichen der KRS geworden ist.

Foto: Stehende Ovationen für Rainer Kasan (Mitte stehend), der in fast 30 Jahren die Blasmusik an der Karl-Rehbein-Schule maßgeblich mitgestaltet und geprägt hat und der sich nun in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.

Foto: Katzeninvasion im CPH: Der Chor der Klassen fünf und sechs bringt unter Leitung von Jens Weimantel ein zauberhaft interpretiertes Medley aus dem Musical „Cats“ auf die Bühne.


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