Schwebend-luftige Klangdüfte im Kirchenschiff

Hanau
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Nicht selbstverständlich sei, dass Schüler ob des kurzen Schulhalbjahres solch eine derart herausragende Leistung auf die Bühne bringen, lobt Jürgen Scheuermann, Direktor der Karl-Rehbein-Schule (KRS), seine Schützlinge zum Eingang der alljährlich stattfindenden KRS-Weihnachtskonzerte in der Marienkirche Hanau.



marienrehbeinmarienrehbein1Selbstverständlich ist aber, dass die drei Konzerte bis auf den letzten Platz ausverkauft sind. Selbstverständlich hingegen ist auch, dass die KRS-Musiker unter Anleitung ihrer Lehrkräfte in der Lage sind,  qualitativ sehr hochstehende und anspruchsvolle Literatur rund um das Thema Weihnachten auf den Emporen der Marienkirche zu interpretieren. Und was die Selbstverständlichkeiten noch angeht: Es ist auch nicht selbstverständlich, dass sich eine Schulgemeinde vor den erschossenen Schulkindern in Pakistan verneigt und dass letztendlich die „Großen“ die „Kleinen“ auf der Bühne unterstützen. Das ist gelebte Solidarität, wie man sie sich an einer Schule nur wünschen kann.

Nichts zu wünschen übrig ließ auch die diesjährige Programmauswahl. So wurden Weihnachtslieder aus unterschiedlichen Ländern der Welt in verschiedenen Facetten beleuchtet, sogar das Publikum wurde mehrfach als „großer Chor“ mit in das Konzert einbezogen. Da bekannter Maßen in der Kürze auch die Würze liegt, erlebte das Publikum nicht nur ob der abwechslungsreichen Besetzungen einen sehr kurzweiligen Konzertabend, der in Windeseile zu Ende ging – „ein Lied hätte es doch noch sein können“, so ein begeisterter Zuhörer am Ende.

Das KRS-Sinfonieorchester unter Leitung von Petra Weiß hatte sich des Weihnachtsmärchens „Tuttifäntchen“ um die Handpuppe des Holzschnitzer-Meisters Tuttifant, vertont von dem Hanauer Komponisten Paul Hindemith, angenommen. 1922 von Hindemith in einer Zeit komponiert, in der er eher durch provokante musikalische Skandale auf sich aufmerksam machte, schlug auch hier seine Neigung zur Parodie und zum Sarkasmus durch. In einem sehr transparent dargestellten Klanggebilde werden bekannte Weihnachtslieder kunstvoll in einem symphonischen Satz verwoben. Die jungen Orchestermusiker glänzen durch eine elegante Intonation in den Streichern, rhythmisch pointierten Blecheinsätzen und Homogenität im Holz – rund um eine sehr spannungsreiche, ausdifferenzierte wie mitreißende Interpretation.

Das KRS-Blasorchester vollzieht derzeit unter seinem neuen Dirigenten Jens Weismantel einen Wandel hin zu einem feinen, sehr dynamisch abgestuften Klangkörper. Das wird eindrucksvoll mit „To my country“ des Niederländers Bernhard Zweers demonstriert, sorgt  der zusätzliche Einsatz der Marienkirchen-Orgel im vollen Ornat für eine Föhnwelle beim Publikum. Das Blasorchester kann aber auch zart, wie es sich beim Siegeschor („Tochter Zion“) aus „Judas Maccabäus“ von Händel zeigt.

Ob Flötenkreis (Gudrun Conrad und Mechthild Sydow) oder KRS-Gitarren-AG (Christian Gutgesell/Paul-Hindemith-Musikschule) oder auch der Chor der fünften und sechsten Klasse (Sophia Schüller): Mit europäischen Weihnachtsliedern, dem „Winter“ aus Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ oder einem feinen „Gloria in excelsis Deo“ präsentieren sich die Gruppen von der eher zurückhaltenden Seite, ohne dabei aber die dynamische Spannung auszugrenzen. Einen vokalistischen Glanzpunkt setzen kann der gemischte Chor des KRS-Leistungskurses (Jens Weismantel) mit „Psallite Deo“ aus dem Magnificat BWV 243 von Bach, dessen polyphone Strukturen für die sehr engagiert auftretenden Sänger keine Hürden darstellen.

Sehr präsent präsentiert sich dann der Chor ab der Klasse sieben, Lehrkräfte und ehemalige KRS-Mitglieder unter Leitung von Frank Hagelstange. Brillant und feinfühlig umgesetzt das hebräische Stück „Hine mah tov“ mit seinem eingänglichen, sich immer wiederholenden Thema, bevor die Choristen mit Karl Jenkins „I offer you peace“ aus „The Peacemakers“ – aktuell den ermordeten Schulkindern in Pakistan gewidmet – dem Vortrag die Krone aufsetzen. Mit Unterstützung der Streicher- und Rhythmusgruppe entfaltet sich in der Marienkirche ein schwebend-luftiger Klangduft, der sich den baulichen Gegebenheiten der Kirche zauberhaft anschmiegt. Exakt geführte Stimmeinsätze untermauern die different-farbige Harmonik des Stückes. Mit traditionellen „Christmas Carols“ schließlich beleuchten Hagelstange und seine Mitstreiter auch eine Weihnachtsliteratur, die den Reiz des kaum Gehörten besitzt und von daher eine willkommene Bereicherung des Programms darstellen.

Stefan Glück und seine KRS-Big-Band gehen es naturgemäß etwas knackiger an und entführen das Publikum sogar ins weihnachtliche Brasilien mit einer fetzigen Samba. Fettes Blech auf der einen Seite, quirlige Improvisationen auf der anderen Seite und immer wieder eine in ihrer Bandbreite große Dynamikspanne machen die Vorträge der Big Band zu einem exquisiten Hörvergnügen. „Nun freut euch, ihr Christen“: Gleich zwei Mal müssen die KRS-Symphoniker ihre Instrumente bemühen um mit den Konzert-Besuchern einen sehr feierlichen Abschluss des eineinhalbstündigen, insgesamt sehr abgerundeten KRS-Weihnachts-Konzertes zu zelebrieren.

Foto: Volles Kirchenschiff: Gleich drei Mal ausverkauft präsentieren die diesjährigen KRS-Weihnachtskonzerte ein breites Spektrum an Weihnachtsliteratur.

Foto: Frank Hagelstange führt die große Chorgemeinschaft der KRS an, um dem Publikum abseits der eingelaufenen Pfaden Musik rund um Weihnachten zu präsentieren. Fotos: Privat


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