Klimadebatte: Offener Brief an IHK-Geschäftsführer Quidde

Leserbriefe
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Mit einem Offenen Brief wendet sich die Organisation People for Future Gelnhausen/Main-Kinzig an Dr. Gunther Quidde, Geschäftsführer der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern.



"Sehr geehrter Herr Dr. Quidde, mit großem Erstaunen haben wir Ihren Beitrag zum Thema A3- Ausbau zur Kenntnis genommen. Wir zitieren: 'Aber es sind doch nicht die Straßen, die das CO2 ausstoßen. Es sind – noch – die Fahrzeuge.' Zitat Ende. Wir vertrauen darauf, dass diese Falschaussage nicht absichtlich von Ihnen verbreitet wurde. Neben den Emissionen der Fahrzeuge selbst fallen große Emissionen durch Bau und Instandhaltung der Infrastruktur an. Außerdem entstehen bei Neu- und Ausbau von Infrastruktur Emissionen durch den Verlust von Kohlenstoffsenken wie Wälder, Moore und Böden. Und alle Verkehrsforschende wissen doch: wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Lärmbelastungen und weitere gesundheitsschädliche Emissionen werden durch den A3-Ausbau zunehmen.

Und die Antriebe aller PKWs von fossilem auf Elektroantrieb umzustellen, greift viel zu kurz. Die Umstellung gelingt uns als Gesellschaft viel kosteneffizienter, wenn wir den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen mit Vermeidung unnötiger Wege und Verlagerung auf den öffentlichen Personennahverkehr Rechnung tragen. Fläche, Energie, Rohstoffe, die aus dem Boden geholt werden müssen, können so eingespart oder für andere Zwecke genutzt werden.

Die Klima- und die Biodiversitätskrise sind auch für den Wirtschaftsstandort Main-Kinzig-Kreis eine große Gefahr. Krankheitstage wegen Hitze nehmen stetig zu, Extremwetterereignisse können durch Wasser- und Sturmschäden ganze Unternehmen gefährden. Durch Wassermangel können wichtige Güter nicht mehr transportiert werden, sind viele industriell wichtige Kühlprozesse nicht mehr möglich. Pandemien werden in einer Welt mit weniger Biodiversität immer häufiger auftreten. Die Kosten der Coronapandemie stiegen in unermessliche Höhen. All das zahlen wir als Gesellschaft, als Unternehmen und als Bürgerinnen und Bürger.

Wie sich Mobilität in unserer Gesellschaft verändert, hängt nicht von der Entscheidung einzelner ab, sondern primär von den Rahmenbedingungen, die gesetzt werden. Unter den jetzigen Bedingungen wundern wir uns nicht, dass eine Zunahme des PKW-Verkehr prognostiziert wird und der Verkehrssektor regelmäßig seine Klimaziele verfehlt. Pendlerpauschale, Diesel- und Dienstwagenprivileg verschlingen jährlich 15 Milliarden an Steuergeldern[1]. Riesige Straßen und verschwenderisch viele Parkplätze für Stehzeuge (PKWs werden nur ca. 1 Stunde am Tag bewegt) nehmen uns Raum zum Leben. Das sind staatliche Subventionen und staatliches Handeln, die dazu anreizen, dass mehr Natur, dass mehr Lebensgrundlagen zerstört werden, was Menschen mit ihrer Lebenszeit und Gesundheit bezahlen. Warum hören wir damit nicht auf? Das lässt uns einmal mehr verstört zurück. Mobilität lässt sich kaum ineffizienter gestalten als wir es in Deutschland zurzeit noch tun.

Dabei könnten wir es doch so viel schöner haben. Sichere, leise und schadstoffarme Städte und Regionen, Orte, an denen Menschen gerne verweilen, arbeiten oder sich auf einen Kaffee treffen, an denen Kinder Platz zum Spielen haben. Lebensmittelläden in ländlichen Kommunen, die Arbeitsplätze schaffen und zu Fuß erreichbar sind, Orte, an denen Jung und Alt zusammenkommen. Dafür braucht es Unternehmerinnen und Unternehmer, die vorangehen: Home-Office, Co-Working-Spaces im ländlichen Raum und Online Meetings für weniger Pendelstrecken, kostenlose Ladestationen für E-Bikes, Fahrrad-Werkstätten, weitere Vergünstigungen auf das € 49 Ticket, Blühflächen (Initiative „Unternehmen blühen auf“ des MKK) u.v.m. Das alles sind eigenverantwortliche Investitionen, die Mensch und Natur gesund und zufriedener, unser Zusammenleben krisenfester machen.

Die größten Hebel aber finden sich in der politischen Gestaltung. Die IHK nimmt auf vielfältige Weise Einfluss darauf. Diese Macht kann sie einsetzen, um klima-, natur- und menschenfreundliche Regeln und Maßnahmen einzufordern. Auch Sie können diese Verantwortung wahrnehmen. Gerne möchten wir unsere Gedanken mit Ihnen gemeinsam vertiefen und laden sie zu einem offenen Austausch ein. Wir freuen uns von Ihnen zu hören.

[1] https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/verkehrswende-fuer-alle"

Andreas Hlassek für
People for Future Gelnhausen/Main-Kinzig e.V.

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