"Man hat den Eindruck, dass die derzeit geführte 'Wolfsdebatte' gezielt für den Wahlkampf in einzelnen Bundesländern und auch als Vorbereitung für EU-Wahl 2024 genutzt wird. Ich sehe die aktuelle politische Debatte sehr kritisch, fokussiert sie doh ausschließlich auf Lockerung des Schutzstatus und Abschüsse auf Wölfe, statt Herdenschutz und die Förderung der Weidetierhaltung zu unterstützen. Der Wolf wird für jeglichen Wahlkampf genutzt, um einfache Antworten auf ein Problem zu liefern, das sehr komplex ist. Sorgen der Bevölkerung und der Weidetierhaltung müssen ernst genommen werden. Mit der Forderung wie den Abschuss von Wölfen ist ihnen nicht geholfen, solange der Herdenschutz nicht in die tägliche flächendeckende Praxis der Beweidung einfließt. Konflikte mit den Wölfen gibt es immer da, wo Wölfe Weidetiere reißen. Dort gilt es, die Schutzmaßnahmen zu verbessern und die Weidetierhalter zu unterstützen. Richtig ist es aber auch, einzelne Wölfe zu entnehmen, die gelernt haben, gute Weideschutzmaßnahmen zu überwinden. Das ist heute bereits rechtlich möglich!

Wölfe sind ein fester Bestandteil unseres Ökosystems und der europäischen Kultur. In unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft findet der Wolf auch bei uns aufgrund der hohen Wildbestände eine gute Lebensgrundlage. Seit über 20 Jahren gibt es in Deutschland Wölfe, ohne dass Menschen angegriffen wurden. Wölfe wären aufgrund ihrer Statur durchaus in der Lage, Menschen zu verletzen, so wie viele andere Wild-, Haus- und Nutztiere auch. Aufgrund der nicht mehr vorhandenen Tollwut ist die Wahrscheinlichkeit für einen Angriff äußerst gering. Das zeigt auch die aktualisierte 'NINA'-Studie von Dr. John Linnel (www.NABU.de-nina-studie).

Deutschland ist ein hoch entwickeltes, finanzstarkes Land, genau wie die EU selbst. Wir sollten deshalb als gutes Beispiel vorangehen und zeigen: Arten- und Naturschutz ist möglich, auch in Verbindung mit der Landwirtschaft und teils dichter Besiedelung! Ich frage mich, welches Signal senden wir an ärmere Staaten und Gemeinschaften, die mit wesentlich weniger Mitteln größeren Herausforderungen durch Wildtiere (z. B. Löwen, Elefanten etc.) begegnen müssen, und wir von ihnen einen strengen Tierschutz fordern.

Vor allem für Schafe und Ziegen stellt Herdenschutz ein Mehraufwand für die Betriebe dar. Heute ist Herdenschutz technisch gesehen in den allermeisten Regionen möglich - die Betriebe brauchen jedoch finanzielle Unterstützung, um die laufende Mehrarbeit stemmen zu können. Bejagung oder pauschale Quoten-Abschüsse werden nie Herdenschutz ersetzen können - außer man rottet Wölfe wieder aus. Mit Jagddruck erzieht man Wölfe nicht zu mehr Abstand zu Weidetieren - das können nur geeignete Herdenschutzmaßnahmen - vor allem wolfsabweisende E-Zäune und ausgebildete Herdenschutzhunde leisten. Es ist zu befürworten, dass öffentliche Gelder für die Unterstützung der Weidetierhaltung für Herdenschutz verwendet werden. Zahlreiche FFH-Lebensraumtypen, wie z.B. Magerrasen und Wachholderheiden können nur durch Beweidung erhalten werden und bieten Nischen für andere streng geschützte Arten. Es ist daher eine gesellschaftliche Aufgabe, extensive Beweidung zu erhalten!

Etliche Weidebetriebe arbeiten am Existenzminimum, der (internationale) Markt bietet kaum Verdienstmöglichkeiten. Die aktuellen Kürzungen im Haushalt für Vertragsnaturschutz verschärfen die Situation noch mehr. Wölfe kommen als erschwerender Faktor hinzu, sind aber nicht Ursache dafür, dass es immer weniger Weidebetriebe gibt umd kaum Nachfolger. Die Politik muss die Beweidung nicht nur im Kontext der Wolfsdebatte behandeln, sondern grundsätzlich wertschätzen und fördern. Die Scheindebatte um den Abschuss von Wölfen ist abzulehnen. Über 80 EU-LIFE-Projekte in den letzten 30 Jahren haben gezeigt, dass es Lösungen abseits von Bejagung gibt, nämlich im standortangepassten Herdenschutz und der sachlichen Information und Umweltbildung der Bevölkerung. Die Herdenschutzförderung ist dringend zu entbürokratisieren, was der Weidetierhaltung besser helfen würde als die Absenkung des Wolfsschutzes. Die Antragstellung an sich ist sehr aufwendig. Manche Tierhalter warten monatelang auf die Bearbeitung ihre Förderanträge und sind mit Recht entsprechend frustriert. Von daher ist die Politk gefragt, entsprechend Abhilfe zu schaffen."

Norbert Möller
Linsengericht

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