Die Demonstrationen sind eine Sternstunde für unsere Demokratie

"Der Streit um Begriffe offenbart das Dilemma, in dem sich unsere Gesellschaft, in der seit über 75 Jahren die Grundprinzipien der Demokratie glücklicherweise noch stabil sind, derzeit befindet. Natürlich ist eine „Demonstration gegen rechts“ eine unreflektierte Verkürzung des Begriffes 'rechtsradikal'. Doch die Bürgerinnen und Bürger, die erfreulicherweise auf die Straße gehen, wenden sich gegen nationalistische, autoritäre und chauvinistische braune Netzwerke, die die Grundwerte unserer Demokratie zerstören wollen. Dieser Tatbestand der spontanen Demonstrationen ist neu und durchaus wichtiger als der fruchtlose Streit um Begrifflichkeiten. Dass sich möglicherweise auch einige 'linksradikale', autonome Gewaltbereite darunter befinden, entwerten die so begrüßenswerte Bereitschaft der überwältigenden Mehrheit, für den Erhalt unseres demokratischen Staatswesens aktiv zu streiten, überhaupt nicht.

Wir dürfen die Verteidigung der demokratischen Grundwerte nicht allein den Politikern überlassen! Eine Demokratie ist nur so wehrhaft wie die Menschen, die bereit sind, sich engagiert für sie einzusetzen. Alle demokratischen Kräfte müssen gemeinsam gegen totalitäre Ideologien aufstehen. Genau deshalb sind die machtvollen Demonstrationen gegen „rechts“ oder 'Rechtsradikale' mit großer Freude zu begrüßen – dabei ist die falsche semantische Bezeichnung sekundär. Und es ist hilfreich, wenn die Berufspolitiker aller demokratischen Parteien bei den Demonstrationen sich in vorderster Reihe beteiligen und auch das Wort ergreifen. Dies ist auch die Position des hessischen CDU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Boris Rhein.

Die aus der Vergangenheit resultierende politische Verortung 'rechts' oder 'links' hilft heute kaum noch weiter. Ist der frühere Kommunist Putin ein 'Linksradikaler'? Seine chauvinistische diktatorische Grundhaltung ist doch lupenrein faschistisch. Er ist der autoritäre Diktator schlechthin, und der für Europa gefährliche autoritäre Clown Trump ist ebenso faschistisch, wenn er seine Anhänger dazu aufhetzt, das Capitol, den symbolischen Ort der ältesten Demokratie, zu stürmen und zugleich das demokratische Votum des Volkes mit Füßen tritt.

Doch zurück zur Innen- bzw. Lokalpolitik. Ich bin seit über fünfzig Jahren Mitglied der CDU, wurde dafür von ihr geehrt - und werde es trotz mancher berechtigten Kritik an ihr auch bleiben. Ich wende mich entschieden dagegen, diese Partei als „rechts“ zu bezeichnen. Sie ist seit ihrer Gründung eine Partei der Mitte mit verschiedenen Flügeln – und das ist gut so. Zu ihnen gehören konstitutiv  auch die 'Herz-Jesu-Marxisten' Heiner Geißler und Norbert Blüm – glücklicherweise. Nicht mehr dazu gehört die 'Werte-Union' - mit Vorsitzendem Maaßen – glücklicherweise, weil er die Brandmauer zur AfD negiert.

Und genau diese nationalistische EU-feindliche Partei gilt es endlich wirkungsvoll zu bekämpfen, gemeinsam von allen demokratischen Parteien aus – aber hoffentlich bald mit wirkungsvollen Konzepten."

Aloys Lenz
Großkrotzenburg

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