Tod von Maximilian: Ermittlungen gegen Ärzte eingestellt

Bad Orb
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Fast vier Jahre lang hat die Staatsanwaltschaft Hanau nach dem Tod des kleinen Maximilian aus Bad Orb ermittelt, jetzt liegt das Ergebnis vor: Das Verfahren gegen insgesamt sieben Ärzte, die den Jungen unter anderem am Klinikum Hanau behandelt hatten, wurde eingestellt. Sämtliche von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige seien zu dem Ergebnis gekommen, dass für keinen der Mediziner ein lebensbedrohlicher Zustand des Jungen feststellbar und vorhersehbar gewesen sei, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit.



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Bei der Mutter von Maximilian hat diese Nachricht für Entsetzen gesorgt: „Ich werde weiterhin für meinen Jungen kämpfen“, will Tanja Gethöffer umgehend gegen den Einstellungsbeschluss Beschwerde einlegen. Sie wirft der Staatsanwaltschaft schwere Ermittlungsfehler und den Ärzten Falschaussagen vor.

Mit starken Atemproblemen war der Junge Anfang 2014 zweimal in die Kindernotfallambulanz des Klinikums Hanau eingeliefert worden, laut Aussage von Tanja Gethöffer sei sie mit ihrem Kind aber beide Male von Assistenzärztinnen nach Hause geschickt worden. Die Klinikleitung hatte dies in einer Pressemitteilung bestritten, die Eltern wären dem ärztlichen Rat einer stationären Aufnahme zunächst nicht gefolgt. Beim zweiten Termin sei aufgrund der medizinischen Indikation, der Junge hatte Fieber bekommen, ein neuer Termin für eine bereits geplante Operation vereinbart worden. Am nächsten Morgen fand die Mutter ihr Kind leblos im Bett, wenig später war Maximilian tot.

Auffällig ist vor allem die lange Verfahrensdauer: Bis zum August 2015 hatte die Staatsanwaltschaft noch keine Sachverständigen gefunden, angeblich hätten alle angefragten Mediziner keine Kapazitäten frei, hieß es damals. Die jetzt angeführten Gutachten wurden ausgerechnet von Ärzten aus hessischen Kliniken erstellt. Für Gethöffer ein Skandal: „Es kann doch nicht sein, dass die Behandlungsweise im Klinikum Hanau von Ärzte aus dem direkten Umfeld beurteilt wird“, sei in den beiden entscheidenden Gutachten zudem das falsche Geburtsdatum ihres Sohnes angeführt, was sie vermuten lässt, dass abgeschrieben wurde.

Sie selbst hatte bei einem Chefarzt einer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Norddeutschland ein Gutachten in Auftrag gegeben. Mit einem eindeutigen Ergebnis: Bereits seit Juni 2013 hätten die Mediziner auf eine Entfernung der Rachenmandeln drängen, spätestens aber Anfang 2014 eine Operation erfolgen müssen, lautet seine Einschätzung. Ein eindeutiges ärztliches Fehlverhalten sieht der Chefarzt von zwei Assistenzärztinnen bei der Vorstellung von Maximilian im Klinikum Hanau, sie hätte den kleinen Jungen stationär aufnehmen müssen. Er kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass der Tod des Dreijährigen bei einer intensiven Überwachung und entsprechender Therapie wahrscheinlich hätte verhindert werden können.

Einen weiteren Rückschlag musste Tanja Gethöffer Anfang 2016 hinnehmen: Da stellte sich heraus, dass die Krankenakte ihres verstorbenen Sohnes nur noch in digitaler Form vorhanden ist. Mittels eines forensischen Gutachtens wollte sie beweisen, dass darin zwei Eintragungen erst nachträglich vorgenommen waren. Auf einem Formular vom 29. Januar 2014, auf dem die Eltern nach einer Untersuchung im Klinikum Hanau mit ihren Unterschriften erklären, dass sie das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat und auf eigene Verantwortung verlassen, sind die Wörter „Dyspnoe“ (Atemnot) und „Tod“ aufgeführt. Die Mutter von Maximilian G. behauptet, dass sie diese Erklärung niemals unterschrieben hätte, wenn das schon damals draufgestanden hätte. Zudem verweist sie auf einen Arztbrief aus dem Klinikum Hanau an ihren Kinderarzt über die Untersuchung am 29. Januar 2014. Darin wird dem Jungen unter anderem ein „guter Allgemeinzustand“ attestiert.

Und im vergangenen Jahr musste Gethöffer dann über ihren Anwalt sogar selbst dafür sorgen, dass die Ermittlungsakte wieder vollständig wird. Das Vernehmungsprotokoll ihres Sohnes, der bei einem Behandlungstermin seines kleinen Bruders im Klinikum Hanau zugegen war, war plötzlich verschwunden und wurde erst nach einer entsprechenden Beschwerde wieder eingefügt.

„Wenn man immer wieder die Staatsanwaltschaft darauf hinweisen muss, welche Fehler in den Gutachten und in den Aussagen sind und dem wird nicht nachgegangen, fühlt man sich nicht erstgenommen“, will Tanja Gethöffer aber nicht aufgeben: „Fehler, die gemacht wurde, müssen aufgeklärt werden, damit sich so eine Tragödie nicht wiederholt.“ Inzwischen hat sie den Verein „Eltern medizingeschädigter Kinder“ gegründet und sich mit Müttern und Väter verbündet, die mit ihr das gleiche Schicksal teilen.


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