Stolz in Birstein: Demographischem Wandel aktiv entgegensteuern

Birstein
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Hochpräzise Schweiß- und Fräsarbeiten zählen zu den Kernkompetenzen der Maschinenfabrik Wüstwillenroth, die in der Vogelsberg-Gemeinde Birstein Maschinenbauteile und unter anderem Transportgestelle für die Luftfahrt anfertigt.



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Die Geschäftsführer Heiner Zinser und Thomas Zinser gewährten Thorsten Stolz jetzt einen ausführlichen Einblick in das Familienunternehmen mit aktuell rund 60 Mitarbeitern und schilderten dem SPD-Landratskandidaten die Herausforderungen, vor denen der Betrieb angesichts der ländlichen Lage und des demographisches Wandels steht. An der Betriebsbesichtigung nahmen auch Gemeindevorstand Thorsten Heerd, Gemeindevertreter Manfred Röder und Dr. Gunther Quidde, Hauptgeschäftsführer der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, teil.

Als Dienstleister für Konstruktion, Lohnfertigung, Montage und Projektierung fertigt die Maschinenfabrik Wüstwillenroth unter anderem Komponenten und Systeme für den Maschinen- und Anlagenbau. Für die Luftfahrtindustrie werden Projekte für den Transport im europäischen Raum von großen Flugzeugteilen abgewickelt.  Das Fertigungsspektrum in der Maschinenfabrik reicht von der Konstruktion über den Zuschnitt, das Sägen, Schweißen und Richten von Blechen, Rohren und Stangen bis hin zum Fräsen und Hobeln, Oberflächenbehandlungen und der Montage.

„Wir sind eine sehr junge Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von ca. 39 Jahren“, berichtete Thomas Zinser und ging auf die erfreuliche Entwicklung des Unternehmens vom Jahr 2005 bis heute ein. In diesem Zeitraum stiegen der Jahresumsatz um über das 2,5fache und die Zahl der Mitarbeiter von 26 auf 60. Positiv falle auch der Blick in die Zukunft aus: „Unsere Auftragslage ist stabil und zufriedenstellend“. Beeindruckt zeigte sich Thorsten Stolz vom Anteil der Auszubildenden im Unternehmen, der derzeit bei 11 Auszubildenden liegt. Die Maschinenfabrik Wüstwillenroth bildet in den Berufen Zerspannungsmechaniker, Konstruktionsmechaniker und Industriemechaniker sowie Kauffrau für Büromanagement aus.

Ausreichend Auszubildende zu gewinnen sei aktuell jedoch genauso schwierig wie die Suche nach Fachkräften, berichtete Heiner Zinser von den vielfältigen Herausforderungen, mit denen seine Firma tagtäglich zu kämpfen habe – insbesondere auch wegen der ländlichen Lage. „Wir veranstalten Tage der offenen Tür, unterstützen Vereine und den Kindergarten in der Region, bieten Schnuppertage und Praktika an und versuchen so, die Maschinenfabrik ins Gespräch zu bekommen und junge Menschen später dann auch als neue Mitarbeiter zu gewinnen“, schilderte der Seniorchef die vielfältigen Bemühungen. Er wies auch auf mehrere bestehenden Schulkooperationen hin. Die Auszubildenden selbst gelte es, regelmäßig zu motivieren und ihre Leistungen besonders anzuerkennen. Deshalb kürt die Maschinenfabrik Wüstwillenroth jährlich den „Auszubildenden des Jahres“.

Ein wesentliches Hemmnis ist für Zinser der nicht ausreichende Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im Vogelsberg- und MKK-Kreis: So sei es den Auszubildenden nahezu unmöglich, per Bus in den Betrieb zu kommen. Auch gebe es keinerlei Abstimmung der Buslinien mit dem benachbarten Vogelsbergkreis, obwohl von dort rund die Hälfte der Mitarbeiter stamme. „Wir sind im Gespräch mit den zuständigen Behörden um den Öffentlichen Personennahverkehr inklusive Ruftaxi für unsere Auszubildenden zu verbessern. Die Gedanken gehen auch in Richtung eines Zuschusses für die Eltern, wenn sie ihre Kinder zur Ausbildung hierher fahren, das ist nämlich für die meisten jungen Leute die einzige Möglichkeit, zur Arbeit zu kommen“, skizzierte der Unternehmer einen weiteren Anreiz für potentielle Azubis. Bereits heute zahlt er jedem Mitarbeiter eine Prämie von 1.500 Euro, wenn er eine Fachkraft vermittelt, die erfolgreich in das Unternehmen einsteigt. „Wir sind hier Diaspora“, fasste Heiner Zinser zusammen und forderte im Gespräch mit Thorsten Stolz mehr Unterstützung und Wertschätzung für die Betriebe im ländlichen Raum seitens der Politik.

Der Landratskandidat sagte diese Unterstützung für den Fall seiner Wahl zu und stellte Heiner und Thomas Zinser das von ihm geplante „Förderprogramm Ländlicher Raum“ vor, das er als Landrat auflegen wird. Es soll die Ortskerne stärken und Anreize schaffen, in ländlich strukturierten Kommunen Bestandsimmobilien und Grundstücke zu reaktivieren, die derzeit leer stehen oder brach liegen. „Ich möchte Engagement in Ortskernen fördern, nicht im Neubaugebiet. Dabei machen wir keinen Unterschied, ob sich Privatleute oder Kommunen einer Bestandsimmobilie annehmen möchten“, sagte Thorsten Stolz. Im Main-Kinzig-Forum in Gelnhausen soll deshalb eine zentrale Bauberatung eingerichtet werden, die allen Interessenten zur Seite steht, die sich für eine aus dem kreiseigenen Fördertopf bezuschusste Immobilien- oder Grundstücksübernahme im ländlichen Raum interessieren. „Das Förderprogramm schafft Anreize aufs Land zu ziehen, stärkt die innerörtliche Infrastruktur in den Dörfern und holt somit Menschen und damit Leben zurück in die Ortskerne“, zeigte sich der Landratskandidat überzeugt.

Um dem auch im demographischen Wandel begründeten Fachkräftemangel zu begegnen, feilt der Landratskandidat ebenfalls an neuen konkreten Maßnahmen: „Das Thema Fachkräftewerbung gehört für mich definitiv zur Bestandspflege der heimischen Unternehmen“, bekräftigt er. Deshalb solle künftig ein Schwerpunkt der Kreisentwicklung auf intensivem Werben für den Wohnstandort Main-Kinzig liegen – insbesondere auch für den ländlichen Raum: „Nur durch Zuzug und das Halten von jungen Menschen in der Region ist es möglich, dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken“. Auch für dieses Ziel sei das „Förderprogramm Ländlicher Raum“ ein wichtiger Bestandteil, betonte Thorsten Stolz. Er wies auf die Entwicklung in den Dörfern östlich von Wächtersbach hin, die wegen des demographischen Wandels seit Jahren einen teils starken Bevölkerungsrückgang verzeichnen: „Das Förderprogramm ist da ein starkes Instrument, um die Ortschaften als Wohnstandorte attraktiver zu machen und dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzusteuern.“

Foto: Besichtigen die Maschinenfabrik Wüstwillenroth (von links): Gemeindevertreter Manfred Röder, Gemeindevorstand Thorsten Heerd, Geschäftsführer Thomas Zinser, Landratskandidat Thorsten Stolz und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Gunther Quidde.

Foto (von links): Gemeindevertreter Manfred Röder, Landratskandidat Thorsten Stolz und Geschäftsführer Thomas Zinser.


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