Wird der Wolf wieder heimisch?

Hammersbach
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Es war ein Thema, das Emotionen weckt. Rund 100 Besucher sind vor wenigen Tagen in den Bürgertreff Hammersbach gekommen, um „Die Wahrheit über Wölfe“ – so lautete der Titel des Vortrages – zu erfahren.



Gerd Dumke, Agraringenieur und Schafzüchter aus Nordrhein-Westfalen war auf Einladung von Bürgermeister Michael Göllner nach Hammersbach gekommen, um dieses Thema näher zu beleuchten. Seit im Jahr 2000 in Ostdeutschland die Wölfe wieder gesehen wurden, hat sich die Anzahl der Tiere kontinuierlich vermehrt. Auch in Hessen wurden bereits mehrere Tiere bestätigt, und so sei es, wie der Vorsitzende des Hammersbacher Umweltausschusses, Frank Barget, sagte, „eigentlich keine Frage mehr ob, sondern lediglich wann uns dieses Thema hier erreicht“. Manches in dem Vortrag schien überzeichnet, besonders für die Wolfsbefürworter in Saal. Gerd Dumke hingegen sagt: „Man muss die Wahrheit einfach anerkennen.“

Schon zu Beginn gab es einiges Murren im Saal, als die Anatomie des Wolfes vorgestellt wurde und Dumke provokant das Bild eines Wolfes mit seinen Zähnen zeigte. Das gefiel nicht jedem. Genauso wie mittelalterliche Stiche mit jagenden Wölfen oder die Beschreibung des Wolfes aus Brehms Tierleben aus dem Jahr 1902. Doch Gerd Dumke wollte schon einen Unterschied zwischen Arten wie Luchs, Biber und Storch, die sich in den letzten Jahren wieder vielerorts angesiedelt haben, und einem Spitzenprädator wie dem Wolf verstanden wissen. Bei der daran anknüpfenden Frage, ob der Wolf denn nun eine unmittelbare Gefahr darstelle, gab es heftige Diskussionen. Gerd Dumke sagte über 250 Jahre (1580 bis 1830) hinweg seinen von französischen Wissenschaftlern nahezu 60.000 Fälle dokumentiert. Der anwesende Kreisjagdberater Heinrich Denich wies dies zurück und nannte die Zahl von drei menschlichen Opfern in den letzten hundert Jahren. Diese Diskrepanz ließ sich an dem Abend letztlich nicht auflösen, sie zeigt jedoch, dass beim Thema Wolf die Meinungen weit auseinander gehen. Laut Dumke ist es aber so, dass derzeit keine unmittelbare Gefahr für Menschen in Deutschland besteht.

Neben vielen Informationen zum Nahrungsspektrum und dem Einfluss auf das heimische Wild waren es immer wieder provokante Thesen Dumkes, die für Diskussionen sorgten. So stellte er etwa apodiktisch fest: „Wolfsmanagement gibt es nicht. Es ist der Mensch, der im Umgang mit einem Raubtier gemanagt werden soll. Ein Wildtier wie der Wolf lässt sich nicht managen.“

Was schließlich viele Zuhörer beschäftigte, war die Frage, wie man sich gegen den Wolf schützen kann. Spaziergänger bekamen die Empfehlung, dass sie sich im Falle einer Begegnung, die im Übrigen äußerst unwahrscheinlich sei, auf keinen Fall wegrennen sollten. Das Wettrennen würde der Wolf gewinnen. „Groß machen und Krach verursachen“ sei wohl das beste Rezept. Viel mehr Gefahr droht natürlich den Nutztierhaltern. Insbesondere Schafe seinen in Wolfsgebieten gefährdet und müssten gesichert werden. Die Kosten hierzu seien von den Tierhaltern aber kaum zu stemmen, wenn der Staat hierbei nicht helfe. Auch Kühe oder Pferde könnten zur Beute eines Wolfsrudels werden, warnte Gerd Dumke. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass der Wolf einfach nicht zu unterschätzen sei.

Eine einhellige Antwort darauf, ob der Wolf eine Daseinsberechtigung in einer dichtbesiedelten Kulturlandschaft hat, gab es im Saal spürbar nicht. Vertreter der Landwirtschaft betonten, dass die Mittel, die zum Wolfsschutz bereitgestellt würden, nicht ausreichend seien und sich gerade die Viehalter alleine gelassen fühlen. Andere hingegen wiesen auf ein problemloses Miteinander zwischen Wolf und Mensch hin. Auch wenn der als Beispiel genannte Yellowstone Nationalpark in den USA nun nicht gerade eine Kulturlandschaft ist. Ob es sinnvoll, vertretbar oder notwendig ist, dass eine Raubtierart wie der Wolf wieder in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft heimisch wird, das wird in Zukunft sicher noch weiter diskutiert werden müssen.

Bürgermeister Göllner fasste zusammen: „Wir haben heute Abend gelernt, dass der Wolf kein Kuscheltier ist und sich das Umfeld im ländlichen Raum verändert, wenn der Wolf wieder heimisch wird. Das gilt insbesondere für die Weidetierhaltung. Aber auch für Jäger, Spaziergänger und Hundehalter verändert sich etwas. Es ist die Frage, ob die Gesellschaft das will, schließlich leben wir in einer Kulturlandschaft und nicht im Nationalpark.“


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