Bix Beiderbecke und Eckhard Meise

Hanau
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In der fünften Folge des Vortragszyklus „60 Jahre Jazz an der HoLa“ referierte der Ehrenvorsitzende des Hanauer Geschichtsvereins 1844 e.V., Dr. Eckhard Meise, in der vergangenen Woche über den grauen Alltag an der Hohen Landesschule Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.



Meise‘s Erfahrungen im gymnasialen Bereich sowohl als Pennäler wie später auch als Pädagoge lieferten ein heiteres Mosaik an Streichen und Überraschungen, die dem ernsten Humanismus die Schärfe nahmen, denn Freude und Spaß waren zu dieser Zeit keine pädagogischen Ziele. Bereits am ersten Schultag kam die Ernüchterung - statt Aufmunterung und Zuspruch wurden die jungen Schüler zur strengen Disziplin vergattert. Jeglicher Übermut wurde in ein schwarzes Buch eingetragen und beim dritten Eintrag folgte unnachsichtig der Schulverweis. Bald wusste jeder: auf keinen Fall irgendwie auffallen!

In dieser tristen Nachkriegszeit boten sich als leichtere Unterrichts-Kost die Bereiche Sport und Kultur an. In der Hohen Landesschule bedeutete dies – Hohe Literatur, hohe Kunst und hohe Musik. Speziell für junge Menschen gab es kulturell nichts, zumal viele der damaligen Erzieher noch von der NS-Diktatur geprägt waren. Meise selbst brillierte zu dieser Zeit als hervorragender Flötist in den Winterkonzerten und Hausmusikabenden im HoLa-Schulorchester und in verschiedenen kammermusikalischen Ensembles. Trotz aller Erfolge fehlte ihm etwas am Lebensgefühl, was er nicht artikulieren konnte. Bei einem Kinobesuch des Films „Saat der Gewalt“ im Jahr 1956 jedoch änderte sich seine musikalische Welt schlagartig und mit „Jazz Me Blues“ von Bix Beiderbecke entdeckte er eine neue Dimension der Musik.

Eckhard Meise erlernte ein zweites Holzblasinstrument und kaufte sich bei Erwin Glier in der Frankfurter Breitegasse eine Böhm-Klarinette. Otto Jisky erteilte ihm Unterricht und Meise gründete wenig später seine erste Jazzformation „Happy Wanderers“, die er aus Musikern seiner Klasse und der Parallelklasse der Hohen Landesschule rekrutierte. Dazu gehörten Helmut Speidel (tp), Hermann Eigl (p), Peter Göhlert (g), Herbert Wolf (tb). Nach einem Auftritt im Dezember 1958 trafen sie sich bei Margit in den Marktstuben und beschlossen eine neue Besetzung mit einem anderen Namen zu gründen. So entstanden die “Peanut Crackers“ mit Gerd Wegner (tp), Herbert Wolf (tb), Bernd Witzgall (p), Peter Mann (dr) und Wolfgang Brach (b).

Auftrittsmöglichkeiten waren zu dieser Zeit recht bescheiden und viele trugen einen privaten Charakter – z. B. das „Patrizia“ bei Heinz Münch oder das „Downstairs“ bei den Gottliebs. Auch Vereine boten Auftrittsmöglichkeiten z. B. das Bootshaus 1879 oder die Polizeisporthalle am Freiheitsplatz. Die Stadt Hanau sprang relativ spät auf den fahrenden Zug der Jugend: 1. Jazzkonzert im Haus der Jugend Ende 1958. Die erste Jazz-Location in Hanau entstand 1954 durch die Zeichenakademie mit dem „Jazzclub“ unter dem Cafe Krück in der Nürnbergerstraße.

Nach dem Abitur 1960 führte das Studium die Musiker an verschiedene Universitäten und die Bandbesetzungen änderten sich erneut. Bei den „ Peanut Crackers“ spielten nun Bernd Witzgall (p), Detlef Rohwer (g) und Hans Federmann (dr). In allen vorgenannten Formationen war Eckhard Meise der Bandleader und Klarinettist. Diese Formation bestand bis Ende der 60er Jahre und spielte fast nur noch bei der Tanzschule Berné.

Der Referent Dr. Meise schloss seinen gesellschaftspolitischen Vortrag mit dem zeitlosen Satz: „in der Musik hat es für uns nie eine Entfremdung von unserem eigenen Tun gegeben. Nach Karl Marx ist das ja der Idealzustand eines jeden Menschseins: für uns hatte Jazz etwas mit Freiheit zu tun“.

Am 14. März 2017 setzt der Referent und Zeitzeuge Heinz-Herbert Schirmer den Vortragszyklus „60 Jahre Jazz an der HoLa“ mit dem Thema „Dixie Kids“ um 19.30 Uhr in der Hohen Landesschule fort.


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