Verein Stadtbild zur Situation an der Graf-Philipp-Ludwig-Straße

Hanau
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Bereits im Juli 2018 hatte der Verein Stadtbild Hanau eV sich vehement für eine ansprechende Fassadengestaltung für die Häuserzeile an der Graf-Philipp-Ludwig-Straße, die das Haus des Jugendrechts aufnehmen soll, ausgesprochen.



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"Mit Blick auf die jüngsten Presseberichte über den derzeitigen Stillstand in dem Gebäudekomplex fordert die Regionalgruppe des Vereins erneut eine Gestaltung, die dem Auge der Altstadtbesucher würdig ist", so der Sprecher des Hanauer Stadtbild-Vereins, Reinhard Hühn, in einer Pressemitteilung. 

Aus Stadtbild-Sicht sei ein Abriss und schöpferischer Nachbau an dieser Stelle die sinnvollste Lösung. Denn ohnehin würden nach den gegenwärtigen Umbauarbeiten nur kleine Wohnungen mit kleinen Zimmern und den kleinen Grundrissen übrigbleiben. Unterdessen seien bereits Teilbeträge der Gesamtkosten von rund 10 Millionen Euro in die Sanierung geflossen. Warum in eine abrissreife Bausubstanz derartige Summen zu deren Erhaltung investiert werden, erschließe sich nicht, so Hühn.

Im geplanten Haus des Jugendrechts sollen die Institutionen Jugendgerichtshilfe, Polizei und Staatsanwaltschaft sowie freie Träger der Präventionshilfe unter einem Dach vereinigt werden. Außerdem soll Raum für zwei Gastronomiebetriebe angeboten werden. Im November sollen dem Vernehmen nach weitere Entscheidungen zu dem Projekt getroffen werden.

Hühn erinnert an den Denkansatz von Stadtbild eV aus dem Sommer 2018. Seinerzeit habe es geheißen es: Alternativ zum Abriss könne die Häuserfront bei unveränderter Bausubstanz umgestaltet werden. So könne durch den Aufbau großer Dachgauben und weiterer Fassadenelemente die teilweise Giebelständigkeit einzelner Hausabschnitte entsprechend den historischen Vorbildern dargestellt werden. Differierende Fassadenfarben unterstützten das altstadtgerechte Erscheinungsbild.

Auf diese Weise könne die Häuserzeile zwischen Schlossplatz und Steinstraße zu einer Visitenkarte für Hanauer Bürgerinnen und Bürger und Touristen werden, erklärte Hühn. Eine kleinteilige Gebäudestruktur entspreche der historischen Altstadt, die im Bombenhagel von 1945 dem Erdboden gleichgemacht wurde. In den 1950er Jahren errichtete die Baugesellschaft hier neue Wohngebäude mit funktionaler Notarchitektur. 

Gerade die Nahtstelle zwischen der historischen Altstadt und dem einstigen Stadtschloss am Schlossplatz habe hohe Bedeutung und müsse wieder herausgearbeitet und den Betrachtern bewusst gemacht werden. Denn das Hanauer Stadtschloss als Keimzelle der Altstadt und somit der heutigen annähernd 100 000 Einwohner zählenden Stadt Hanau war einst einer der größten Schlosskomplexe Hessens. Dies gehe laut Hühn aus Schriften des früheren Hanauer Stadtschreibers Christian Ottersbach hervor. 

Zur Residenz der Grafschaft Hanau-Münzenberg wurde das Ensemble Mitte des 15. Jahrhunderts. Erst mit dem Erlöschen des Hauses Hanau 1736 endete die glanzvolle Epoche Hanaus als Residenzstadt eines beachtlichen unabhängigen Territoriums. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Schlossplatz mit seinem Übergang zur Altstadt räumlich so bestimmt, wie er bis 1945 existierte. Altstadt und Schloss waren ursprünglich eigenständige Rechtsbezirke. 

Als Verbindung zwischen beiden war eine Pforte mit Wachen am südlichen Schlossplatz angeordnet. Von der Altstadt her bestand der einzige Zugang zum Schlossplatztor über die heutige Graf-Philipp-Ludwig-Straße. Diese war somit ein ganz bedeutender Ort. Vor dem Wachtor hatte man 1725 einen kleinen Platz geschaffen, hier bestand die Notwendigkeit, sich zu erkennen zu geben.

Durch die Graf-Philipp-Ludwig-Straße sind über Jahrhunderte alle Regenten zum Schloss gelangt. Ebenso zahlreiche Besucher. Der Straßenname ist dem Gründer der Hanauer Neustadt gewidmet. Außerdem wird Graf Philipp Ludwig an der Französischen Allee mit einem Denkmal gewürdigt. Der Name der Straße stehe in keinem Verhältnis zu seinem jetzigen städtebaulichen Bezug, so Stadtbild Hanau e.V. Der Weg zum Schlossplatz wird heute an der geschichtsträchtigen Straße auf der linken und rechten Seite von der funktionalen Notarchitektur der 1950er Jahre umsäumt. Es sei Zeit, den Straßennamen, den historischen Ort und die Architektur in Einklang zu bringen.

Foto: Schöpferischer Nachbau der Häuserzeile. Foto: Visualisierung Stadtbild Deutschland e.V.

Foto: Aufwertung der bestehenden Häuserzeile. Foto: Visualisierung Stadtbild Deutschland e.V. aus dem Jahr 2018 

Foto: Heutige Bausubstanz. Aufnahme aus 2018. Foto Privat

Foto: Eingang zum Schlossplatz aus der Graf-Philipp-Ludwig Straße um 1860. Foto Sammlung Jens Arndt


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