Hanauer Museen: Generalüberholung der Sammlungen

Die Gemälde im Schloss Philippsruhe in Hanau werden behutsam von (v. l.) Stefanie Gundermann, Elisabeth Ursprung und Claire Egenolf restauriert. Das Historische Museum hat auch zwischen den Jahren geöffnet. Quelle: Stadt Hanau / Moritz Göbel

Hanau
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Aufmerksame Museumsbesucherinnen und -besucher haben es sicher sofort bemerkt: In der Beletage von Schloss Philippsruhe fehlen temporär die großformatigen Porträtgemälde der Grafen, Gräfinnen und Adligen. Kein Diebstahl, sondern sichtbare Auswirkung der Restaurierungsarbeiten an den Objekten. Seit ein paar Wochen nehmen mehrere Restauratorinnen und technische Mitarbeiter der Museen die bis zu 20 Kilogramm schweren barocken Rahmen vorsichtig von der Wand und untersuchen Werk für Werk vor Ort auf dem flachen Tisch.



Im nächsten Schritt wird der Keilrahmen behutsam aus dem Rahmen gelöst. Fehlstellen, Krakeleerisse in der Malschicht, Maße, Signaturen und Beschriftungen auf den Vorder- und Rückseiten der Gemälde und der Rahmen sowie die Befestigungen werden geprüft, gegebenenfalls korrigiert und sorgfältig dokumentiert.

Mit Pinseln, Schwämmchen, Wattestäbchen rücken die Frankfurter Restauratorinnen Stefanie Gundermann, Ena Delmo, Claire Egenolf und Elisabeth Ursprung der Leinwand behutsam zu Leibe, auch nebelfeuchte Tücher werden dabei eingesetzt. "Wir überprüfen während der Reinigungsarbeiten natürlich auch, ob es Schäden am Kunstwerk gibt. Ist zum Beispiel eine Malschicht locker, muss das sofort behoben werden, weil sie sonst abplatzen könnte", erläutert Stefanie Gundermann. Auch Schadstellen am Rahmen beheben die Restauratorinnen zumeist sofort. Sie werden nach der Reinigung mit Farbe retuschiert und gegebenenfalls kleine plastische Ornamente ergänzt. Anschließend befestigten Gundermann und ihr Team die Gemälde wieder fachgerecht im Rahmen und bringen einen Rückseitenschutz gegen Staub an. Jeder Arbeitsschritt wird schriftlich dokumentiert. Nach abschließender Begutachtung und Reinigung empfiehlt Stefanie Gundermann, die über langjährige Erfahrung in der Bearbeitung von Werken alter Meister im Bestand der Frankfurter Museen verfügt, weitergehende Maßnahmen zur Erhaltung der Kunstwerke.

"Die Prüfung und Erstbearbeitung durch das Team der Restauratorinnen bringt uns in einen fachlichen Austausch über den Erhaltungszustand, über frühere Schäden und bereits erfolgte Überarbeitungen eines Gemäldes", so Beate Hofmann, bei den Hanauer Museen für Sammlungen und Forschung zuständig. "Wir erkunden das Werk auf seine häufig sehr spannende Entstehungs- und Bearbeitungsgeschichte, bevor wir entscheiden, ob und wie es aktuell restauriert werden soll."

"Diese Maßnahmen können wir allerdings nicht hier vor Ort in den Museumsräumen durchführen, dafür müssen die Werke zu uns ins Atelier nach Frankfurt geliefert werden", so Gundermann. "Dort entfernen wir beispielsweise vergilbte Firnis-Schichten, retuschieren oder führen – wenn nötig – eine komplette Restaurierung durch", erklärt sie. Manchmal muss auch ein Rahmen an die Leinwand angepasst oder neu geleimt werden. Alle Bearbeitungsschritte erledigt das vierköpfige Team in einem fachkundigen, eingespielten Workflow, bei dem in nur wenigen intensiven Arbeitstagen rund 60 Gemälde der Beletage von Schloss Philippsruhe und weitere aus dem Depot gereinigt werden.

Nach abgeschlossener Oberflächenreinigung und Festigung werden die Werke fotografiert und mit allen belegbaren Daten digitalisiert. "Ich freue mich, dass die Aufarbeitung und Digitalisierung der Sammlung unter Leitung von Beate Hofmann mit über 6.000 Datensätzen schon gut vorangeschritten ist", so Dr. Markus Häfner, seit 1. Dezember 2023 Leiter der Städtischen Museen. "Die Städtischen Museen befinden sich in einem Langzeitprojekt, das die vielfältigen Schätze der Sammlung von Stadt und Hanauer Geschichtsverein zum Vorschein bringen wird. Hierdurch können wir künftige Ausstellungen mit eigenen Beständen bestücken und alle Hanauerinnen und Hanauer können die Highlights der Sammlung künftig auch digital erleben und erkunden."

Bereits 2020 stellten die Museen einen Masterplan zur Neuordnung und Zusammenführung ihrer Sammlungen von mehreren kleineren Depots in ein Zentraldepot auf. Zwei Außendepots mit rund 4.000 Objekten vom Biedermeiersofa bis zum Webstuhl wurden 2021 erfolgreich umgelagert. "Mit Unterstützung von Landesmitteln aus dem kommunalen Finanzausgleich und Förderung durch den Museumsverband Hessen konnten externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Depotumsiedlung und Inventarisierung beauftragen werden. Die Abteilung hat hier Großes geleistet! Viele Objekte lagern nun unter fachgerechten konservatorischen Bedingungen ein und eine professionelle Standortverwaltung ist im Prozedere", lobt denn auch Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Kultur-Fachbereichsleiter Martin Hoppe ergänzt, dass das Museumsteam derzeit auch an der baldigen Fertigstellung einer "Exponathek" arbeitet: "Künftig können hier Forschende und Studierende in einer Lesesaal-ähnlichen Präsenz Objekte, Werke und Dokumente aus dem Sammlungsbestand einsehen und mit ihnen forschen. Damit können wir uns auch in der überörtlichen Forschung besser positionieren."

Im nächsten Jahr werden sich Stefanie Gundermann und ihr Team Werke des Malers und Professors der Zeichenakademie Georg Cornicelius vornehmen, dessen Geburtstag sich im August 2025 zum 200. Mal jährt. "So wird es 2024 auch Gelegenheit für interessierte Besucherinnen und Besucher geben, den Restauratorinnen über die Schulter zu schauen und Einblick in diese spannende Arbeit zu gewinnen", so Markus Häfner. Zur Eröffnung der neuen Abteilungen zur Hanauer Neustadt und zur Wiedereröffnung des Hanauer Papiertheatermuseums im Südflügel von Schloss Philippsruhe im Sommer nächsten Jahres wird auch die Beletage in neuem Glanz erstrahlen.

Das Historische Museum Hanau Schloss Philippsruhe mit GrimmsMärchenReich ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Geschlossen ist zum Jahresende nur am 24., 25., 26, 31. Dezember und 1. Januar. Weitere Informationen unter www.museen-hanau.de.

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Die Gemälde im Schloss Philippsruhe in Hanau werden behutsam von (v. l.) Stefanie Gundermann, Elisabeth Ursprung und Claire Egenolf restauriert. Das Historische Museum hat auch zwischen den Jahren geöffnet. Quelle: Stadt Hanau / Moritz Göbel

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Restauratorin Elisabeth Ursprung bei der Arbeit im Historischen Museum Hanau. Quelle: Stadt Hanau / Moritz Göbel

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Restauratorin Claire Egenolf nutzt Pinseln, Schwämmchen, Wattestäbchen, um einen Rahmen zu reinigen: die Städtischen Museen Hanau führen eine Generalüberholung ihrer Sammlung durch. Quelle: Stadt Hanau / Moritz Göbel


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