Schul- und Internatsbetrieb: RP fördert junge Migranten

Hasselroth
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Nach dem Schuljahr ist vor dem Schuljahr. Das gilt auch für die Fördereinrichtung des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt für junge Zugewanderte in Hasselroth (Main-Kinzig-Kreis).



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Die Einrichtung hat sich in den vergangenen Wochen intensiv auf das neue Schuljahr vorbereitet – seit wenigen Tagen pauken dort wieder rund 200 junge Migranten Deutsch, Mathe und Co.

Mit ihrem Konzept aus Schule, Internat und Betreuung ist die Einrichtung landesweit – und sogar darüber hinaus – einzigartig. Hier können Jugendliche mit Bleibeperspektive im Main-Kinzig-Kreis die deutsche Sprache lernen und – sofern sie die erforderliche Vorbildung haben – einen deutschen Schulabschluss machen. Damit ermöglicht das Land Hessen ihnen der Einstieg in die hiesige Berufs- und Arbeitswelt und sie bekommen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben hierzulande.

In Hasselroth geht es aber um mehr als um einen Schulabschluss. Es geht darum, nach einer oft schwierigen Lebensphase und einem langen Leidensweg schon in jungen Jahren – fernab von Klassenzimmern – in einem geschützten Rahmen zusammen zu leben und zu lernen – und wieder Vertrauen in das Leben und in die eigene Zukunft zu entwickeln. Durch die Verbindung von Schul- und Wohnheimbetrieb hat sich die Einrichtung in Hasselroth über die Jahrzehnte zu einer modellhaften Einrichtung entwickelt, die weit über die Landesgrenzen hinaus Ihresgleichen sucht.

Betreute die Einrichtung in den vergangenen Jahrzehnten vor allem Spätaussiedler-Kinder, die über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügten, stehen dort seit einigen Jahren nun junge Flüchtlinge im Fokus – vor allem unbegleitete Minderjährige. Die jungen Leute sind zwischen 16 und 27 Jahre alt, meist erst kürzlich aus den Krisengebieten in aller Welt nach Deutschland gekommen und sprechen die unterschiedlichsten Muttersprachen – eine Herkules-Aufgabe für das Team um Michael König, der die RP-Einrichtung seit vier Jahren leitet.

Die Flüchtlingskrise 2015/16, als das RP Darmstadt zahlreiche Erstaufnahme-Einrichtungen selbst betreute, ist an dem Schuldorf im Wald bei Hasselroth nicht spurlos vorüber gegangen: Ein Container auf dem Schulhof zeugt noch von der Herausforderung, auf die Schnelle ausreichend Sprachangebote für die neue Klientel aus dem Boden zu stampfen. „Zu uns sind auch viele Analphabeten gekommen“, erzählt Michael König. Bei diesen stand naturgemäß der Erwerb grundlegender Deutschkenntnisse im Mittelpunkt. „Die wenigsten haben einen Abschluss gemacht“, fügt er hinzu. Das sei bei den Spätaussiedlern ganz anders gewesen.

Eines hat sich jedoch nicht geändert: Das RP bietet jungen Migranten in Hasselroth zum einen Betreuung und Unterbringung an. Zum anderen werden sie dort in verschiedenen Klassen zwei Jahre lang beschult und – wenn möglich – auf den Hauptschulabschluss vorbereitet. Außerdem kann in einem Sonderlehrgang – ebenfalls in zwei Jahren – das Abitur nachgeholt werden. Dieses Angebt ist hessenweit einmalig und wird nach wie vor vor allem von Spätaussiedlern nachgefragt – teilweise auch aus anderen Bundesländern, welche meist nicht mehr über vergleichbare Angebote verfügen. Hierfür sind jedoch schon vorher hervorragende Deutschkenntnisse notwendig.

Während Sozialpädagogen vom RP in Hasselroth für die Betreuung zuständig sind, arbeitet die Landesbehörde in Sachen Abschlüsse mit der Ludwig-Geissler-Schule in Hanau zusammen. Soweit die Jugendlichen aufgrund ihrer Leistungen in der Lage sind, noch den mittleren Bildungsabschluss zu erlangen, geschieht dies in der Regel ebenfalls über die Ludwig-Geissler-Schule. Während die „Hauptschüler“ direkt in Hasselroth beschult werden, findet die Beschulung der Abiturienten in Hanau statt. Von letzteren wohnt die Hälfte in Hasselroth, wird dort betreut und verpflegt. Von den „Hauptschülern“ wohnen die meisten in Einrichtungen für unbegleitete Minderjährige.

Neben der Vermittlung von Betriebspraktika versucht die Einrichtung auch gemeinsam mit dem Main-Kinzig-Kreis, für die Schülerinnen und Schüler nach Erlangung ihres Hauptschulabschlusses einen Ausbildungsplatz zu finden. So ist dies etwa im vergangenen Jahr bei einem jungen Mann aus Eritrea gelungen, der aktuell zum Mechatroniker ausgebildet wird und mit viel Engagement bei der Sache ist. Bereits vor vier Jahren kam ein junger Somalier ohne Deutschkenntnisse nach Hasselroth. Durch den Besuch der Fördereinrichtung gelang es ihm, seinen „Quali“ zu machen; anschließend besuchte er eine Berufsfachschule. Im September beginnt er in Hanau eine Ausbildung zum Elektriker.

Hintergrund: Zur Geschichte der Einrichtung

⦁    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der ehemalige Militär-Standort in Hasselroth als Wohnheim für Flüchtlinge und Vertriebe genutzt, später als Übergangswohnheim für Aus- und Übersiedler.

⦁    1958 errichtete das Land Hessen dort eine Förderschule, insbesondere für Kinder von Zuwanderern mit deutschen Wurzeln aus Osteuropa, die über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügten.

⦁    In den 1960er Jahren wurden auf dem Gelände ein Schulgebäude und mehrere Wohnheime gebaut

Weitere Infos: https://rp-darmstadt.hessen.de/soziales/migration/schul-und-internatsbetrieb-f%C3%BCr-junge-zugewanderte

Foto: Einrichtungsleiter Michael König vor dem Verwaltungsgebäude in Hasselroth.

Foto: Platz vor einem der historischen Gebäude – links im Hintergrund einer der Nachkriegsbauten.

Foto: In dieser Sprachbox wird seit dem vergangenen Jahr Deutsch gelernt und im Netz gesurft.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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