Helmut Müller wird 65: Mich bewegt noch viel

Neuenhaßlau
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Helmut Müller ist VdK-Kreischef, langjähriger Kommunalpolitiker und er lässt die Leserinnen und Leser der Gelnhäuser Nachrichten jede Woche in seiner Kolumne an seinen Lebensweisheiten teilhaben. Am 4. August feierte das „Hasselrother Original“ aus Neuenhaßlau seinen 65. Geburtstag.



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Herr Müller, wie fühlen Sie sich mit 65 Jahren?
Eine oft zu Beginn einer Kommunikation gestellte Frage. Der Frager will eigentlich keine Antwort. Er will nur hören: „GUT!“ Der Gefragte hat im Gegenzug gar keine Lust ehrlich zu antworten und sagt: „GUT!“ Beide sind zufrieden. Die Wirklichkeit oder Wahrheit liegt woanders. Weil am 04.08.2017 mein 65. Geburtstag ist will ich etwas detaillierter darauf eingehen. Den Umständen entsprechend geht es mir relativ gut. Die Umstände sind meine Erkrankungen. Zuforderst der Hautkrebs. Den habe ich jetzt im achten Jahr. Und lebe immer noch. Langsam bekomme ich ein Glaubwürdigkeitsproblem, denn andere sind da bereits schon längst Tod. Damit einhergehend ist der Verlust von Lebensqualität. Das muss man kompensieren. Du musst Kompromisse machen, im Klartext, die Latte muss niedriger gelegt werden. Wenn dir das gelingt, bist du in Gänze unter den Lebenden. Was mich schafft sind die Nebenwirkungen der vielen Arzneien, die ich noch nehmen muss, bzw. musste. Das ist ein harter Brocken. Zum Glück rauche ich seit über 25 Jahren nicht mehr. Dem Alkohol musste ich nach meiner Krebserkrankung 2009 entsagen. Das habe ich geschafft. Die Nascherei ist mein Laster. Die Nahrung für die Nerven brauche ich. Den Rest sieht man. Übergewicht. Weniger Essen und dafür mehr Bewegung wäre nicht schlecht. Wir, Es Ich und Über-Ich, wissen was zu tun wäre. Mir geht es GUT!. Ich fühle mich mit 65 nicht anders als vorher. Eins ist aber Gewiss, wenn das Rentner Dasein mit 65 Jahren beginnt und den letzten Lebensabschnitt einläutet, so endet dieser garantiert tödlich. Die Frage ist nur wann?

Sie sind seit vielen Jahren ehrenamtlich tätig. Wissen Sie wie viele Ehrenämter sie begleitet haben?
Nein, nicht wirklich. Ich habe mit 13 Jahren eine Lehre angefangen. Ich war dann Klassensprecher. Außerdem war ich in einem Sportclub Hanau. Leichtathletik mit mäßigem Erfolg und Fußball. Dabei stand das Dabei sein und die Bewegung im Mittelpunkt. Die Notstandsgesetze, die am 30. Mai 1968, in der Zeit der ersten Großen Koalition beschlossen wurden, trieben mich erstmals auf die Straße. Es war die erste Demonstration bei der ich mitmarschierte. Wir zogen in Hanau von der Ludwig Geißler Schule zum Freiheitsplatz. Das waren die Anfänge. Damals konnte man bei den Jusos mitarbeiten, ohne dass man SPD Mitglied sein musste. In Neuenhaßlau hatten wir eine große JUSO AG mit wöchentlichen Zusammenkünften, immer freitags, in der Gaststätte „Zum Adler“. An den Sitzungen nahmen immer zwischen 20 bis 30 junge Leute teil. Heute ist das nicht mehr vorstellbar. Wir waren politisch hoch motiviert. 1972, im Willy Brandt Jahr, trat ich in die SPD ein. Das sind jetzt 45 Mitgliedsjahre. Ich war lange Jahre Mitglied im Vorstand. Juso Vertreter, Beisitzer, Hilfskassierer, Schriftführer, Pressewart und stellv. Vorsitzender waren Positionen, die ich begleitete. Auch als Vorsitzender der Gemeindevertretung nahm ich regelmäßig an den Vorstandssitzungen teil. Plakate kleben und aufhängen und wieder einsammeln habe ich auch lange Zeit mitgemacht. Prospekte austragen mache ich heute noch. Ich bin viele Jahrzehnte bei Wahlen im Wahllokal dabei. Zuerst als Wahlhelfer und zum Schluss als Wahlvorsteher im Wahlbezirk 1. In diesen 45 Jahren war ich neun Jahre im Ortsbeirat Neuenhaßlau tätig, davon 5 als Ortsvorsteher. Seit 25 Jahren bin ich Gemeindevertreter der Gemeinde Hasselroth. Davon 10 Jahre Vorsitzender der Gemeindevertretung. In diesen 10 Jahren war ich auch beim Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) aktiv. Davon 5 Jahre als Landesvorsitzender der Hessischen Parlamentsvorsteher im HSGB, und die ersten 5 Jahre Mitglied im Hauptausschuss und die zweiten 5 Jahre Mitglied im Präsidium. Meine schönsten Jahre in der Kommunalpolitik. Ich war in ganz Hessen unterwegs. In der Gemeindevertretung war ich auch Mitglied im Hauptausschuss bzw. im Sozialausschuss. Natürlich war die Politik nicht das einzige Betätigungsfeld. So war ich acht Jahre Schriftführer beim Gesangverein Eintracht Gondsroth. Ich war kurze Zeit Jugendleiter bei der Viktoria und habe dort über 20 Jahre als Jugendtrainer gearbeitet. Seit 20 Jahren habe ich die Trainer C-Lizenz. Das ist die Lizenz die man als Jugendtrainer benötigt. Meine Lizenz ist noch bis 2019 gültig und die Verlängerung bis 2022 ist nur noch Formsache. Dann wird damit aber Schluss sein. Ich bin Mitglied im Obst- und Gartenbauverein Neuenhaßlau, bei der Feuerwehr Neuenhaßlau, bei der Sängervereinigung Neuenhaßlau, beim Heimat- und Geschichtsverein Hasselroth, beim Weihnachtsmarktverein Gondsroth und bei den Maltesern Hasselroth. Ich hoffe, ich habe keinen vergessen. Ich war Gründer und der erste 1. Vorsitzende der Krabbel- und Spielstube Hasselroth im Jahre 1984 und dort sechs Jahre aktiv dabei. Auch beim Kloabooh Straßenfest Komitee war ich zehn Jahre präsent. Es gibt noch mehr Initiativen bei denen ich zugegen war. Eine will ich noch erwähnen, den Männer Koch- und Back Klub. Das war auch eine schöne Zeit. Zu guter letzt will ich hier noch den Sozialverband VdK erwähnen. Dort bin ich seit nunmehr 12 Jahren aktiv. Seit 12 Jahren bin ich Vorsitzender des VdK Ortsverbandes Neuenhaßlau-Gondsroth. Seit 10 Jahren Mitglied im Vorstand des VdK Kreisverbandes Gelnhausen, seit einem Jahr als Kreisvorsitzender. Seit acht Jahren bin ich Sozialberater. Im VdK Bezirksverband Frankfurt bin ich seit fünf Jahren für die Aus- und Weiterbildung als Bildungsbeauftragter zuständig. Für den Landesverband bin ich in der Ehrenamtsakademie als Seminarleiter seit über fünf Jahren aktiv. Im Resümee kann ich sagen, dass ich seit 50 Jahren ehrenamtlich tätig bin und hintereinander gereiht auf über 100 Jahre Ehrenamt zurückblicken kann. Soziale Kompetenz wurde mir in die Wiege gelegt und ich habe sie mit der Muttermilch aufgesaugt.

Das ist eine Menge Zeitaufwand. Wie konnten Sie das mit Familie und Beruf vereinbaren?
Schwierig aber machbar. Der Tag hat 24 Stunden, die Woche 7 Tage und das Jahr 365 und alle vier Jahre einen Tag mehr. In diesem Zeitrahmen musst du alles organisieren. Du musst eiserne Disziplin haben. Die größte Gefahr sah ich immer darin, dass man sich verzettelt. Du musst also trennen. Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps oder Fußball ist Fußball, Singen ist Singen und Politik ist Politik und so weiter. Du darfst nichts vermischen. Das ist ein Geheimnis. Noch viel wichtiger ist, dass du Mitstreiter hast. Ohne die bist du eine Null. Das muss man wissen. Und, ja und die Unterstützung in der Familie. Ich bin in diesem Jahr 40 Jahre verheiratet. Das sagt nicht alles aber vieles. Ohne die Unterstützung deines Partners bist du nichts. Da läuft nichts, außer es läuft schief. In großer Demut will ich hier Danke sagen! Natürlich muss der Arbeitgeber auch Mitspielen. Das ist ja heute ein größeres Problem, leider. Abschließend will ich feststellen: Es geht, du musst nur wollen. Der Spaß darf dabei nicht verloren gehen. Eine positive Einstellung war noch nie verkehrt. Und immer wieder, Ruhephasen einbauen. Auch der Mensch braucht einmal Pause. Pause.

Was bewegt Sie noch, was werden Sie die nächsten Jahre treiben?
Mich bewegt noch sehr viel. Mit Sicherheit werde ich abspecken. Das heißt, ich werde kürzer treten. Mit der SPD Vorsitzenden Uta Böckel habe ich schon gesprochen. Meine politische Karriere neigt sich dem Ende zu. Ich selber habe mir nach der letzten Kommunalwahl 2016 gesagt, die Halbe Wahlperiode machst du noch, dann ist Schluss. Das wäre exakt am 30.09.2018. Wahrscheinlich wird das aber früher sein. Dem VdK werde ich treu bleiben, allerdings auch in abgespeckter Form. Das schöne hierbei ist, dass ich das nicht selbst entscheiden kann, da es immer von Wahlen abhängig sein werden wird. Lassen wir uns also überraschen. Gerne würde ich noch die Universität besuchen und Sozialrecht studieren. Traum oder Spleen, wer weiß das schon. Meine Gesundheit oder sagen wir die Bewältigung meiner Erkrankung ist in den Fordergrund gerückt. Hier muss ich viel Zeit investieren. Es wird niemand etwas davon haben, wenn ich frühzeitig das zeitliche segne. Also weitermachen und daran denken, dass man sich nicht so wichtig nimmt. Wir sind, wie allen anderen auch, nur ein Teilchen des großen Universums. Bodenhaftung war mir immer sehr wichtig. Ich werde weiterhin einmal wöchentlich meine Glosse für die Gelnhäuser Nachrichten schreiben. Das macht Spaß. Wer rastet, der rostet. Weltpolitisch sind die Autokraten im Vormarsch. Wir haben Reagen und den kleinen Bush überlebt, da werden wir doch auch den großen Trump meistern. Schade, dass die Briten Europa verlassen. Wir hätten diese große Demokratie an unserer Seite sehr nötig. Europa müsste jetzt einig sein und gemeinsam handeln. Leider ist das nicht möglich. Schauen wir ob wir die Probleme lösen oder die Probleme uns auflösen. Ich werde mich dagegen stemmen!

Sie sind für Ihre Anekdoten und Sprüche bekannt, liefern Sie bitte eine Auswahl!
Gerne, eine Auswahl, gerade wie es mir einfällt: Erstens kommt es anders und zweitens als du denkst. Sicher ist, dass nichts sicher ist. Alles wird gut. Eile mit Weile. Sag niemals nie. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Wer rastet der rostet. Wer über den Tellerrand schaut hat mehr vom Leben. Leben und leben lassen. Ich weiß nicht was ihr wollt, ich mach doch nichts. Wenn du ins Krankenhaus kommst musst du Kern gesund sein. In der Ruhe liegt die Kraft. Ich sammle Zitate. Zwei zur Wahl: „Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden“ von Jimi Hendrix und „Frieden ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Frieden“ von Willy Brandt. Anekdoten spiele ich lieber vor, heißt erzähle sie vor Publikum. Zum Schluss will ich noch sagen, dass ich noch nie so ausführlich am Stück über mich gesprochen habe. Ich werde das auch so schnell nicht wieder tun, denn man soll sich nicht so wichtig nehmen. Aber zum 65. kann man schon einmal ein Resümee ziehen. Ich bin selbst darüber erschrocken. Neulich hat mich ein katholischer Geistlicher gefragt: „Sagen Sie Herr Müller, Sie sind jetzt 40 Jahre verheiratet, worin liegt das Geheimnis?“ Ich ganz spontan zurück: „Wissen Sie Herr Pfarrer, von den 40 Jahren war ich höchstens 20 zuhause!“


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