Denkanstoß: Schwarze Schaufenster in Langenselbold

Langenselbold
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Mit einer außergewöhnlichen Aktion machen die Langenselbolder Einzelhändler am langen Osterwochenende (15.-17.04.2017) auf ein folgenschweres Problem aufmerksam - das Aussterben der Innenstädte. Alle Geschäfte bekleben ihre Schaufenster mit schwarzer Folie und ahmen so nach, wie dunkel und trist die Innenstadt ohne die bunte Mischung der Ladengeschäfte aussieht.

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Ein Osterspaziergang durch die Langenselbolder Innenstadt wird dieses Jahr ganz besonders - nämlich langweilig und öd. Initiiert durch den Handel- und Gewerbeverein Langenselbold (HGV) werden am Ostersamstag nach Geschäftsschluss alle Schaufenster der Innenstadt mit schwarzer Folie beklebt. Mit dieser stillen Protestaktion wollen die Gewerbetreibenden darauf aufmerksam machen, dass ihnen durch den stetig wachsenden Anteil an Onlinekäufen die Existenz geraubt wird. Die Umsätze der kleinen, ortsansässigen, oft inhabergeführten Geschäfte sinken drastisch. Immer mehr Geschäfte  müssen schließen und mittelfristig verödet die Innenstadt. Eine Tatsache mit der sich viele Gemeinden im Main-Kinzig-Kreis konfrontiert sehen.

Arne Schellhoss, erster Vorsitzender des HGV sagt, dass der Zeitpunkt der Aktion ganz bewusst gewählt wurde: "Uns war ein deutliches Zeichen wichtig. Die Scheiben der Geschäfte bleiben von Samstagmittag bis Dienstagmorgen dunkel. So möchten wir möglichst viele Personen erreichen und dafür sensibilisieren wie wichtig der ortsansässige Einzelhandel für eine funktionierende Stadt ist." "Dass die in der Innenstadt ansässigen Geschäfte alle mit den gleichen Problemen kämpfen, ganz unabhängig von ihrer Branche, zeigt die große Teilnahmebereitschaft an der Aktion." führt Schellhoss weiter aus. HGV Mitglieder haben Nichtmitglieder auf die geplante Aktion angesprochen und  so den Teilnehmerkreis auf beinahe alle Geschäfte der Innenstadt ausgeweitet.

Lokaler Einzelhandel gegen Onlinegiganten

Statt in die Buchhandlung vor Ort zu gehen oder Schuhe im Fachgeschäft um die Ecke zu kaufen, werden diese und viele weitere Artikel bei großen Internethändlern bestellt und das oftmals sogar am anderen Ende der Welt. Dabei müssen sich die lokalen Einzelhändler nicht vor einem direkten Vergleich mit der Konkurrenz im Internet scheuen. Bücher beispielsweise kosten überall das Gleiche und obendrauf gibt es im ortsansässigen Buchlanden noch eine kostenfreie Expertenberatung.

Bianca Niederer, Schriftführerin des Vereins, hat es selbst erlebt. Sie leitet eine Marketingabteilung und musste hochwertiges Videoequipment beschaffen. Kamera, Stativ und allerhand Zubehör kaufte sie in einem Langenselbolder Fachgeschäft. "Selbstverständlich muss ich bei Firmenanschaffungen Preise vergleichen. Die Preisunterschiede zwischen den großen Onlineplattformen und dem stationären Einzelhandel waren in unserem Fall aber marginal", sagt Niederer. "Im Fachgeschäft wurde ich zudem persönlich beraten, konnte Fragen stellen und in Ruhe testen, welche Kameratasche für unseren Zweck die geeignetste ist. Darum habe ich mich für den Kauf vor Ort entschieden."

Stärken des Einzelhandles sollen betont werden

Die Aktion "Schwarzes Schaufenster" soll nicht als großes Wehklagen der Selbolder Einzelhändler verstanden werden. Vielmehr wollen die teilnehmenden Geschäfte auf ihre Stärken aufmerksam machen: Eine persönliche Fachberatung, individuelle Lösungsansätze, Ausprobieren und Anfassen der Ware und die Umsetzung von individuellen Sonderwünschen. Diese Botschaft untermalen die Plakate welche die schwarz verhüllten Schaufenster ergänzen werden. „Selbold ohne uns?“, „Wir für Sie!“ und „Mehr…statt leer“ wird dann ein Wochenende lang zu lesen sein.

Wenn am Dienstag den 18. April. die Auslagen der Geschäfte wieder wie gewohnt zu sehen sind, erhoffen sich die Teilnehmer der Aktion  vor allem eins: Denkanstöße geliefert zu haben. Denn eine Geisterstadt will sicherlich niemand.


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