Busline an ViaBus: Wirtschaftlichkeit um jeden Preis?

Langenselbold
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Wie der öffentlichen Presse zu entnehmen war, hat die Firma ViaBus die Ausschreibung der Buslinie, in dessen Bündel auch die Langenselbolder Linie gehört, gewonnen und soll ab Juni übernehmen.

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Die FDP Langenselbold stellt hierzu klar fest, dass hier das bundesweit geltende Vergaberecht, das in solchen Fällen eine europaweite Ausschreibung verlangt, erfolgt sei. Neutralität, Gleichbehandlung und die Vorgaben aus dem Vergaberecht seien natürlich bindend.

"Das gilt auch dann, wenn uns persönlich das Ergebnis der Ausschreibung nicht gefalle, weil das örtliche Unternehmen Heuser dies nicht für sich entscheiden konnte. Allerdings muss aus unserer Sicht ein Umdenken stattfinden, wenn in einer solchen Ausschreibung die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes eine so vorrangige Rolle gegenüber Qualität und Sicherheit spiele. Im aktuellen Verfahren habe die wirtschaftliche Betrachtung einen Anteil von 70 Prozent und Qualität ging mit grade mal 30 Prozent in mit die Bewertung ein. Es kann nicht sein das Qualität und Service eine so niedrige Rolle in einer öffentlichen Ausschreibung haben. Wer faire Löhne zahlt und der sozialen Verantwortung seinen Mitarbeitern gegenüber nachkomme, kann dafür nicht das Nachsehen haben“, so der FDP-Ortsvorsitzende Christof Sack. 

Landrat Thorsten Stolz (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzender der kreiseigenen Kreisverkehrsgesellschaft KVG sollte das gestoppte Verfahren der Vergabe nutzen, um sich die Sachlage nochmal gründlich anzusehen. "Es muss geklärt sein, ob der Anbieter entsprechende Qualität und Service sicherstellen und dauerhaft zuverlässig das Angebot aufrechterhalten kann. Ist das Angebot vom Umfang der Leistung vergleichbar mit den anderen vorliegenden Angeboten? Kann die Firma ViaBus ein zusätzliches Fahrangebot anbieten, wie es die bisherigen im Rahmen von „Sonderfahrten“ gewährleistet haben? Ist das Unternehmen für faire Löhne und sozialeverträglichen Umgang mit Mitarbeitern bekannt? Und ganz wichtig, ist das Angebot realistisch als auskömmlich für das Unternehmen oder ist es dies nur durch eine Finanzierung von außen um den Markt zu übernehmen? Die Langenselbolder Linien sind nur ein Teil der Linien, die Viabus derzeit übernimmt. Drei Linien im Oberen Kahlgrund hat die Firma im Dezember übernommen. Ebenso einen weiteren Auftrag aus dem niedersächsischen Landkreis Diepholz, der ab August läuft", so die FDP Langenselbold in einer Pressemitteilung weiter.

Und weiter: "Wie der Betrieb läuft, wenn Viabus übernimmt, erleben derzeit Fahrgäste Landauf und Landab wo bereits eine Übernahme erfolgte. 'Alles andere als Qualität' bekämen die Menschen dort geboten, so manch eine Schlagzeile, die man über das Unternehmen lesen darf. Fahrer würden Haltestellen auslassen oder mit ihren Bussen durch Wohngebiete irren, eine Dreiviertelstunde auf einen Bus warten, der alle 30 Minuten fahren soll, sind noch die nettesten, die man zu lesen bekommt. Doch warum kann die Firma ViaBus ein soweit abweichendes Angebot vorlegen mit dem kein anderer Anbieter mithalten kann? Beim Blick auf die Finanzlage von Viabus kommen Zweifel auf, dass ihre Angebote wirklich auskömmlich sind. Hinter Viabus steckt ein britischer Finanzinvestor – und das Speyerer Unternehmen scheint vollauf an dessen Tropf zu hängen. Das erklärt Viabus selbst in seinem jüngsten Jahresbericht für 2016, der im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde: 'Der Fortbestand der Gesellschaft ist davon abhängig, dass die oberste Muttergesellschaft weitere finanzielle Mittel zur Verfügung stellt.' Laut der von Viabus selbst dargestellten Zahlen arbeitet das Unternehmen tief in den Miesen. Einen Bilanzverlust von 5,9 Millionen Euro weißt der Finanzbericht aus. Um das auszugleichen, butterten die Firmenmütter zwei Millionen Euro zu – nach schon einmal 2,6 Millionen im Jahr 2015. Doch warum stecken die Investoren so viel Geld hinein? Auch dafür gibt es im Finanzbericht einer Erklärung: Mittelständische Busunternehmen wolle man aufkaufen, heißt es dort. Offen nennt die Muttergesellschaft Movell wiederum in ihrem Finanzbericht 2016 als Ziel, die „bestens vorhersehbaren, freiwerdenden Einnahmequellen“ im deutschen Linienbusgeschäft samt „beschränkten finanziellen Risiko“ dank der Zahlungen der öffentlichen Hand nutzen zu wollen. Dabei hat Movell ausdrücklich die „kleinen Firmen“ im Visier, deren Geschäft man übernehmen wolle. Dafür nimmt die Muttergesellschaft nicht nur die Verluste bei Viabus in Kauf. Sogar sie selbst schloss 2016 mit 2,2 Millionen Euro Miesen ab, allein 1,2 Millionen aus dem operativen Geschäft. Die Firma ViaBus weist selbst darauf hin, dass sein Überleben davon abhängig sei, dass seine britische Finanzinvestoren – auch weiterhin die Defizite ausgleichen und Millionen zuschießen. Damit liegt die Vermutung nahe, dass Viabus seine Konkurrenz in Main-Kinzig mit Dumpingangeboten aus dem Rennen nehmen will, um diese später günstig einzukaufen. Das nennt man umgangssprachlich Heuschreckensystem, um später die Preise am Markt diktieren zu können. Was wäre, wenn der Investor mal kein Geld mehr zuschießt und das Unternehmen ViaBus von ein auf dem anderen Tag ausfällt? Der Stadtbus und Linienbetrieb kommt tagelang vollständig zum Stillstand. Und die Fahrgäste warteten nicht „nur“ 45 Minuten lang auf ihre Busse. Sondern ganz und gar vergeblich. Man muss nicht zwingend den günstigsten Bieter auswählen, wenn man berechtigte Zweifel an der Kalkulation hat."

Die Liberalen fordern langfristig ein Überdenken der Vergaberichtlinien, die Punkte Service und Qualität müsse eine höhere Gewichtung in einem solchen Verfahren erhalten. Der Vorsitzende der FDP-Kreistagsfraktion, Kolja Saß, sagt: "Verwaltungstechnisch hat Landrat Stolz somit zwar innerhalb seiner Leitplanken gehandelt, politisch gleicht die Situation aber einem Offenbarungseid. Wenn ein Landrat in kürzester Zeit das arbeitsaufwendige und wichtige Verkehrsdezernat zur Chefsache erklärt, muss er auch Lösungen präsentieren. Auf diese warten wir aktuell jedoch noch“, zeigt er die Informationslage auf und fordert eine Änderung des Verfahrens: "Die Ausschreibungsinhalte kann der Kreis selbst bestimmen. Erstens sollten Ausschreibungen mit einer solchen Tragweite zukünftig im Kreistag und seinen Ausschüssen beraten werden. Zweitens muss in der Wirtschaftsförderung eine Abteilung zur Unterstützung regionaler Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen eingeführt werden. Und drittens müssen die Ausschreibungskriterien stärker auf Qualität und Sozialverträglichkeit ausgerichtet werden.“


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