Die gute alte Vinyl-Schallplatte ist so beliebt wie lange nicht mehr

Linsengericht
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Sie dreht sich, im Alter knistert sie gelegentlich – und sie boomt: die gute alte Schallplatte. Seit Jahren schon finden sich in den großen Elektronikmärkten – also nicht nur in Spezialgeschäften – die gut bestückten Regale mit den schwarzen und mitunter farbigen Scheiben. Über die Anfänge dieser bis heute beliebten Musiktechnik für zuhause informiert das Radio-Museum-Linsengericht jetzt seine Besucher mit attraktiven Ausstellungsstücken: Als besonders seltenes Exponat können die Gäste seit kurzem einen voll funktionsfähigen Musikschrank Baujahr 1928 bewundern und sich von Musikaufnahmen aus den "wilden 20er Jahren" des vergangenen Jahrhunderts verzaubern lassen.

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Ausgestattet mit einem Röhrenradio und einem elektrisch angetriebenen Plattenspieler lösten solche Geräte das rein mechanische Grammophon ab. In den Wohnzimmern der bürgerlichen Gesellschaft gehörten die ausladenden Schalltrichter und das Aufziehen für den Plattenantrieb bald der Vergangenheit an. Fast wie heute genügte ein Knopfdruck und nach wenigen Minuten war der Musikschrank betriebsbereit. Jetzt musste nur noch der Tonarm mit einer speziellen Stahlnadel auf die erste Rille der Schellackscheibe gesetzt werden und einem rund vierminütigen, ununterbrochenen Musikgenuss stand nichts mehr im Wege.

Bei dem historischen Musikschrank wurde ein in Deutschland entwickeltes Röhrenradio auf der Basis des Modells AEG Ultra Geadem 304 WL mit einem vermutlich aus britischer Produktion stammenden Plattenspieler der Marke Electrola mit einem aus massiver Eiche gefertigten Möbelstück kombiniert. Rundfunk konnte auf Mittel- und Langwelle empfangen, Schallplatten mit 78 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden. Ausgestattet mit fünf Röhren lieferte der Musikschrank den für die 20er Jahre weltbekannten Musikklang.

Für den Gleichlauf der schwarzen Scheiben sorgt ein Fliehkraftregler Er garantiert hohen Gleichlauf, damit die Schallplatten nicht "leiern" oder verzerren. Fliehkraftregler bestehen aus einer Achse, die durch eine Gewindeübersetzung mit der Federdose des Motors gekoppelt sind. Eine Bremsscheibe ist auf der Achse beweglich gelagert, sie kann auf dieser hin und her „rutschen“. Zwischen der Bremsscheibe und dem anderen Ende befinden sich identische Federbleche, und drei gleiche Gewichte. Der Hebel mit dem Bremsschuh ist mit dem Geschwindigkeitseinsteller am Grammophon gekoppelt. Dreht der Motor schneller, schiebt sich die Scheibe auf der Achse nach innen und die Zentrifugalkraft drückt die Gewichte nach außen. Der Motor würde nun immer schneller laufen, an einem bestimmten Punkt bremst jedoch ein Hebel mit dem „Kopf“ aus Filz oder Leder die Scheibe ab. Der Motor nimmt danach wieder Geschwindigkeit auf, bis er erneut vom Hebel an der Scheibe abgebremst wird und sich so auf die richtige Drehzahl einpendelt.

Für den "guten Ton" sorgt eine Stahlnadel. Sie tastet die Rillen ab und leitet Impulse zu den Spulen im Tonkopf. Die elektrischen Schallwellen werden schließlich elektronisch verstärkt und sind aus dem Lautsprecher zu hören. Freilich gibt es viele Veränderungen zu modernen HiFi-Stereoanlagen, denn die technische Entwicklung blieb nicht stehen. Schellackplatten wurden durch Vinyl ersetzt und der Frequenzgang der damaligen Komponenten liegt bei den tiefen Tönen um die 70 Hertz, bei den Höhen bei maximal 7.000 Herz. Die bekannte HiFi-Norm DIN 45500 aus dem Jahre 1965 (!) verlangte bereits eine Bandbreite von 40 bis 16.000 Hertz. Zum Vergleich: Im Idealfall und je nach Lebensalter kann das menschliche Ohr eine Bandbreite von 16 bis 20.000 Hertz wahrnehmen.

Die Verantwortlichen vom Radio-Museum-Linsengericht sind aus vielen Gründen besonders stolz auf dieses "historische Hochleistungs-Rack". Nachdem es von einem Vereinsmitglied aus Sonneberg als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wurde, haben die Technikexperten dieses einmalige Zeugnis deutscher Radiotechnik so hergerichtet, dass es den Besuchern vorgeführt werden kann. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Ersatzteile sind kaum noch zu beschaffen und Manches muss in mühevoller und langwieriger Handarbeit angefertigt werden. Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht zudem darin, ohne Schaltplan die Elektronik so wieder herzustellen, dass alles perfekt miteinander harmoniert und natürlich funktioniert.

Wie der Vorsitzende des Vereins in Linsengericht, Bernd Weith, sagte, sei man für diese Arbeit Wolfgang Ruf sehr dankbar. Seinem Fachwissen und handwerklichem Geschick sei es zuzurechnen, dass man heute mit diesem einmaligem Ausstellungsstück einen Beitrag leisten könne, um die Entwicklung der Unterhaltungselektronik zu dokumentieren und anschaulich darzustellen.

Zum Comeback der Schallplatte präsentierte die Deutsche Presseagentur kürzlich die Erfolgsmeldung: „Die Schallplatten-Verkäufe sind auf den höchsten Stand der vergangenen 25 Jahre geklettert. Innerhalb der ersten neun Monate 2016 sind bereits so viele Schallplatten verkauft worden wie im gesamten Jahr 2015. Insgesamt gingen demnach zwischen Januar und September 2,1 Millionen Vinyl-Alben über die Ladentheke, 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. "Als einziges Radio-Museum in ganz Hessen sind wir stolz darauf, unseren Besuchern die Entwicklung dieser Technik anschaulich aufzeigen zu können", so Bernd Weith abschließend.

Der Trägerverein vom Radio-Museum Linsengericht zählt rund 50 Mitglieder aus ganz Deutschland. In der Florianstraße 6-8 in Linsengericht werden Exponate aus der mehr als 100jährigen Geschichte der deutschen Rundfunktechnik präsentiert. Das Museum ist an zwei Wochenende im Monat für das Publikum geöffnet. Die aktuellen Termine und Öffnungszeiten sind auf den Internetseiten unter www.radio-museum.de gelistet. Anfragen von Journalisten beantwortet der Vorsitzende Bernd Weith, Tel:  06051/71931, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


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