Überfall auf Tierärzte: Gericht bietet „Deal“ an

Schlüchtern
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Im Prozess gegen einen 27-jährige Mann wegen der Beteiligung an einem brutalen Überfall auf drei Tierärzte in Schlüchtern im Dezember 2010 hat die 1. Große Strafkammer am Landgericht Hanau dem Angeklagten ein Strafmaß zwischen drei und vier Jahren angeboten, sollte er ein umfassendes Geständnis ablegen. Dann würde das Gericht davon ausgehen, dass er bei der Tat „Schmiere“ gestanden hat und ihn „nur“ wegen Beihilfe verurteilen. Ob der Angeklagte dieses Angebot annimmt, entscheidet sich am nächsten Verhandlungstag am 31. Mai.



Die drei in dem Haus lebenden Tierärzte wurden zum Teil schwer verletzt, zwei Brüder aus Langenselbold sind für diese Tat und für einen Überfall auf ein Pfarrhaus in Flieden wenige Tage zuvor bereits rechtskräftig zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Beide streiten allerdings bis heute ihre Tatbeteiligungen ab und planen die Wiederaufnahme ihrer Verfahren. Während ihrer Prozesse behaupteten sie immer wieder, dass sie die wahren Täter kennen, verweigerten in dieser Woche allerdings überraschend die Aussage. Gegenüber den Ermittlern sollen sie zuvor allerdings den 27-Jährigen beschuldigt haben, einer der Männer zu gewesen zu sein, die in der Nacht zum 30. Dezember 2010 kurz nach Mitternacht in das Haus in Schlüchtern eindrangen, weil sie dort eine hohe Summe Bargeld vermuteten. Geflüchtete waren die Täter ohne Beute, weil einer der Tierärzte zu einer nahegelegenen Polizeistation flüchtete und Hilfe holte.

Allerdings gibt es noch weitere Hinweise auf eine Tatbeteiligung des Angeklagten. Im Januar 2015 meldete sich der Schwiegervater des Angeklagten bei der Polizei in Hanau und erklärte, dass er Angaben zu Straftaten machen wolle, für die der zu dieser Zeit in der Justizvollzugsanstalt Butzbach einsitzende 27-Jährige verantwortlich sei. Den wenig später von der Polizeistation im thüringischen Altenburg bei ihm eintreffenden Ermittlern zeigte er Zeitungsberichte über die Überfälle in Flieden und Schlüchtern und sagte aus, dass ihm seine Tochter berichtet habe, dass ihr Mann an diesen Taten „Schmiere“ gestanden habe. Weil er Kenntnis davon erhalten habe, wolle er nun sein Gewissen erleichtern, soll er der Polizei in Hanau bereits telefonisch angekündigt haben, sagte ein extra aus Altenburg angereister Polizist aus.

Vernommen wurden auch zwei Ex-Freundinnen des Angeklagten: Eine 29-Jährige aus Bad Soden-Salmünster bezeichnete ihn als liebevollen, fürsorglichen Menschen, erst gegen Ende der etwa zweijährigen Beziehung hätten sie sich „gegenseitig eine geledert“. Zu den Tatzeiten im Dezember 2010 lebte eine inzwischen 22-jährige Steinauerin an der Seite des Angeklagten. „Ich habe Angst um mein Leben“, erklärte sie, dass sie bedroht worden sei und deshalb keine Aussage machen wolle. Das Gericht verzichtete daher zunächst auf intensivere Nachfragen, so viel sagte die junge Frau dann aber doch: Sie habe die Mutter des Angeklagten mehrfach gefragt, ob er an den Überfällen beteiligt gewesen sei, habe aber immer nur als Antwort erhalten, dass er für alles schon abgesessen habe, was er gemacht habe. Über einen der Brüder aus Langenselbold, der mit der Tante des Angeklagten verheiratet war, sei in Familienkreisen sehr oft gesprochen worden; außerdem sei damit geprotzt worden, was man schon so alles gemacht habe.

Da nicht zum ersten Mal in diesem Verfahren die Bedrohung von Prozessbeteiligten zur Sprache kam, finden die Verhandlungstage unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen statt. Staatsanwalt Mathias Pleuser richtete daher explizit das Wort an die zahlreich anwesenden Angehörigen des Angeklagten und forderte sie auf, jegliche Aktionen dieser Art zu unterlassen und wies ausdrücklich darauf hin, dass die Polizei bereits hinsichtlich der bislang vorliegenden Vorwürfe sensibilisiert sei.

Sollte sich der Angeklagte am 31. Mai entschließen, auf das Angebot des Gerichts einzugehen und ein umfassendes Geständnis ablegen, dürften ihm viele interessante Fragen gestellt werden. Hat er nämlich tatsächlich nur Schmiere gestanden oder als Fahrer fungiert, wird er aussagen müssen, mit wem er in jener Dezembernacht 2010 unterwegs war. Am jüngsten Verhandlungstag sind bereits Namen von weiteren Personen gefallen, die bislang noch nicht öffentlich wurden und die dann möglicherweise interessant für die Ermittler werden könnten.


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