Zwei Autoreifen und ein unwirscher Angeklagter

Sinntal
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Es ging eigentlich nur um zwei Autoreifen im Amtsgericht Gelnhausen, doch die Aufregung war groß.



Vor allem beim Angeklagten aus Sinntal, der bestritt, die im Internet bestellte Ware erhalten zu haben. Und das in einem Ton, der Gericht und Staatsanwaltschaft missfiel. Die Folge wird jetzt eine detaillierte Aufklärung des Falles sein, die angesichts der Schadenssumme von 149,82 Euro im Normalfall wohl nicht durchgeführt worden wäre.

Am 10. Mai des vergangenen Jahres soll der 41-Jährige die Reifen persönlich vom Fahrer eines Paketdienstes entgegengenommen haben. Der Kurier erinnerte sich in der Verhandlung noch deutlich an die Übergabe, wusste sogar, dass an diesem Tag Handwerker beim Angeklagten zugange waren und welche Autos vorm Haus parkten. Nur bei der Anzahl der Reifen gab es einen Widerspruch, der Paketfahrer sprach zunächst von vier, anschließend von zwei Paketen. Und auch die Anzahl seiner Begleiter muss noch aufgeklärt werden: In der Verhandlung sagte er aus, dass er einen Mann zum Anlernen dabei hatte, eine Kollegin hatte aber eine Angabe von ihm schriftlich notiert, wonach insgesamt drei Personen die Reifen in Sinntal ausgeliefert hätten.

Der Angeklagte war da schon lange auf 180: Dass er die Reifen am 21. April 2016 im Internet bestellt hatte, gab er zu, „aber ich habe die Ware nicht erhalten“, bezeichnete die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sein Auftreten im Gericht zwischenzeitlich als unverschämt. Der 41-Jährige polterte weiter und forderte ein graphologisches Gutachten, da die Unterschrift auf den Unterlagen des Paketdienstes nicht von ihm sei, was vom Gericht allerdings abgelehnt wurde. Außerdem warf der Staatsanwaltschaft schlampige Arbeit vor, weil in der Anklage offenbar eine falsche Hausnummer aufgeführt wurde.

Allerdings: Der Angeklagte hat ein längeres Vorstrafenregister und wurde vom Paketfahrer „beschuldigt“, als ehemaliger Kollege die Abläufe im Betrieb genau zu kennen. Und so wisse er auch um die Schwachstellen und genau, wo er sich beschweren müsse, um angeblich nicht gelieferte Ware ersetzt zu bekommen. Angeklagt ist der 41-Jährige übrigens nicht wegen Betruges, sondern weil er am 30. Juni 2016 bei der Polizeistation Schlüchtern einen Diebstahl angezeigt hatte, der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht stattgefunden hat.

Das Gericht wird sich nun noch länger mit den beiden Autoreifen und dem unwirschen Angeklagten aus Sinntal beschäftigen. Beim nächsten Termin soll nun zunächst eine Mitarbeiterin des Paketdienstes als Zeugin gehört werden.


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