Politische Spitzzüngigkeit und virtuose Musik

Musik
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Karl, Michael und Christoph (Stofferl) Well. Nummer 12, 13 und 14 der insgesamt 15 Kinder der Lehrersfamilie Well aus Günzlhofen.



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Drei Unikate mit großer Begabung: Mit der für das Spielen einer erstaunlichen Vielfalt an Instrumenten. Und mit der für den genauen und kritischen Blick auf das (nicht nur) aktuelle politische Geschehen. Was sie in Summe zur wohl bekanntesten Musik- und Kabarettgruppe Bayerns macht. Bekannt sind sie unter dem Namen „Well-Brüder aus´m Biermoos“ – und als solche ließen sie es am vergangenen Montag abend im Schlüchterner KUKI-Zelt so richtig krachen.

Nicht mal das erste Lied verging, schon war die Stimmung im roten Veranstaltungszelt am Kochen: „Ins erste Liad neigeräumt“ hatten die drei Brüder, die im vergangenen Jahr schon gemeinsam mit Gerhard Polt das Liveprogramm des KUKI bereicherten, nämlich wie bei ihnen üblich all das, was sie bei ihrem nachmittäglichen Besuch der gastgebenden Stadt Schlüchtern so erfahren und beobachtet hatten: Von der „Perle vom Bergwinkel am Kinzigstrand“ war da die Rede, von einem motivierten Bürgermeister, der mit Begeisterung Ute Lemper im E-Auto durch die City chauffierte.

Zu den aktuellen Geschehnissen in Steinau stellten die Brüder fest: „Der Uffeln ist so herausragend, dass es herausragender net mehr geht, wenn er zwischen zwei Gartenzwergen steht.“ Doch nicht nur über den Gastgeberort durfte gelacht werden, auch die „Heimat“ der drei Musik- und Wortkünstler, die in breiter bairischer Mundart unterhielten, war als running gag den ganzen Abend über für den ein oder anderen Scherz gut: Die Kreisverkehre in Hausen: zu eng für die modernen Feuerwehrfahrzeuge. Der Heimatpfleger: Der Drexler Toni, der auch an der „Entstehung des Hauses der Bayrischen Geschichte“ mitwirkt. Dies wiederum: Ein großartiger Ort, an dem unter anderem das Blasröhrchen einen Platz findet, mit dem dem späteren bayerischen Verkehrsminister Otto Wiesheu (CSU) die 1,99 Promille nachgewiesen wurden, die er im Blut hatte, als er einen anderen Verkehrsteilnehmer zu Tode brachte.

Und der Drexler Toni war auch der, der herausfand, dass Georg Friedrich Händel einmal durch Hausen gefahren sei: Auf dem Weg von Wien nach London sei die Kutsche kaputt gegangen – und Händel habe die Zeit genutzt, um „die große Feuerwehr-Suite in vier Sätzen“ zu schreiben. Ein Werk, das die drei Brüder dem Publikum, das es sich im Zelt, aber auch auf den gemütlichen Liegestühlen neben den geöffneten Zelteingängen und zu späterer Stunde im Vollmondlicht tummelte, nicht vorenthalten wollten.

Generell sorgten die musikalischen Darbietungen, bei denen eine erstaunliche Vielzahl an Instrumenten zum Einsatz kam, immer wieder für einen Kontrapunkt zum oft fast schon bissigen Ton der satirischen Texte: Bayerische Gemütlichkeit war stets aufs Neue angesagt, wenn Klarinette, Steierisches Akkordeon, Banjo, Gitarre, Trompete, Kontrabass und sogar Alphörner zum Einsatz kamen. Oder der legendäre „Brummtopf“ präsentiert wurde, ein angeblich „uraltes Instrument, auf dem die ganze Welt gespielt hat – auch hier in Schlüchtern. Es ist überall ausgestorben, am längsten hat er sich in Regensburg im Priesterseminar gehalten“, wie dem gespannten Publikum erklärt wurde, dem daraufhin ein Kochlöffel in einem Plastikfass präsentiert wurde: Ein Instrument, das seine Töne aufgrund des mehr oder minder rhythmischen Stoßens in eine Deckelnische erzeugt...

Immer auf´s Neue beeindruckten die drei Vollblutmusiker mit ihren musikalischen Darbietungen – Dudelsackklänge, Alphörner und arabische Musik wurden ergänzt von tänzerischen Darbietungen vom Schuhplattler bis hin zum Bauchtanz. Das Publikum war ebenfalls dran: Beim Jodeln, beim Mitsingen der Refrains, beim Applaudieren – und beim Mittragen der energisch vorgetragenen Botschaft in „Forty Cent“, bei der Christoph Well in Rap-Form für die faire Bezahlung der heimischen Milchbauern kämpfte. Das „neue Artenschutzprogramm für die SPD“, Bayern als „Vorstufe zum Paradies“, das Fehlen eines „schwarzen –Blocks“ in Bayern, weil „die Bayerische Regierung selbst wie ein schwarzer Block da steht“ – zwei Zugaben waren nötig, bevor das restlos begeisterte Publikum seine Idole nach zweieinhalb Stunden von der Bühne ließ. Diese hatten aber ebenfalls ein Lob im Gepäck: „Dass so ein Programm in Schlüchtern stattfindet, ist eine tolle Errungenschaft und eine tolle Sache, und es braucht immer Leute, die das unterstützen.“ Bei diesem Lob für die KUKI-Verantwortlichen nahm der Applaus nochmals deutlich zu...


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