SPD-Neujahrsempfang: Viel Pipa, wenig Stolz

Politik
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So funktioniert Demokratie à la Erich Pipa: Mit einem lautstarken Applaus holte er sich auf dem Neujahrsempfang der SPD Main-Kinzig die Unterstützung für seinen erst wenige Stunden zuvor veröffentlichen Einigungsvorschlag im Busfahrerstreik, mit dem aus seiner Sicht Arbeitgeber und Gewerkschaft leben könnten. „Siehste Michael, so funktioniert das im Main-Kinzig-Kreis“, sollte diese Botschaft auch der Gastredner des Abends mit nach Berlin nehmen. Der hieß Michael Roth, ist Bundestagsabgeordneter sowie Staatsminister im Auswärtigen Amt mit dem Spezialgebiet Europapolitik und sah sich selbst auf Werbetour für Demokratie.



Apropos: Werbung macht derzeit auch Thorsten Stolz und zwar für sich selbst. Der Bürgermeister von Gelnhausen will ja schließlich neuer Landrat und damit Nachfolger von Erich Pipa werden. Über ihn wurde aber am Freitagabend in der Klosterberghalle in Langenselbold nicht abgestimmt, das dürfen dann doch die Wählerinnen und Wähler am 5. März machen.

Nach der Begrüßung durch den Kreisvorsitzenden Christoph Degen durfte Stolz dann auch als erster auf die Bühne, nach mittlerweile wohl bald 200 Wahlkampfterminen ist es aber zugegebenermaßen schwer, noch neue Themen zu setzen. Da half dann wohl nur ein Griff in die Trickkiste – nämlich der Blick zurück. Eigentlich gehört die Lobpreisung der SPD-Politik in den vergangenen Jahren zum Standardrepertoire von Amtsinhaber Pipa, diesmal standen Wirtschaftspolitik, Bevölkerungsentwicklung, Finanzen und das bürgerschaftliche Engagement auf seinem Zettel. „Ein künftiger Landrat Thorsten Stolz wird ein Kämpfer für Städte und Gemeinde sein“, sagte er selbst und überraschend wenige andere an dem Abend. Die durchaus zu erwartenden Lobeshymnen für ihn vor dem doch eigentlich auch für die Sozialdemokraten so wichtigen Wahltermin im März blieben weitgehend aus.

Keine Bilder in der Galerie.

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Die wichtigste Botschaft von Hauptredner Michael Roth: „Meckern ist gut, meckern und mitmachen ist besser“, erteilte er Nationalismus, Populismus und Demagogie eine Absage und meinte damit natürlich die AfD. „Das allerbeste Mittel gegen die ist eine starke Sozialdemokratie“, lobte er anschließend allerdings wundersamerweise auch überraschend deutlich das bekanntermaßen schwarz-grün regierte Hessen: „Wirtschaft brummt, niedrige Arbeitslosenzahlen und so hohe Investitionen wie lange nicht mehr“, bekam er danach aber doch noch die Kurve: „Es geht uns gut, aber trotzdem geht es besser.“ Deutlich war seine Absage an neue Mauern und Zäune in Europa: „Der Euro ist kalt, die Werte sind warm“, funktioniere die Gemeinschaft nur nach dem Prinzip, voneinander und miteinander zu lernen, um so vor allem auch den jungen Menschen eine Perspektive zu bieten.

Zum Schluss dann der Auftritt von Erich Pipa, zum letzten Mal als Landrat auf einem Neujahrsempfang der SPD. Allerdings keine Abschiedsrede, wie er selbst betonte, „ich bleibe ein politischer Mensch.“ Verbunden mit einer Art Entschuldigung: „Dem ein oder anderen bin ich auch mal auf die Füße getreten, das war nicht beabsichtigt“, mussten da allerdings selbst die Genossinnen und Genossen in der Klosterberghalle schmunzeln. Und danach folgte auch prompt eine Art Drohung à la Pipa: „Ich habe noch einige Überraschungen vor bis zum 17. Juni“, lud er ganz großzügig für seinen letzten Arbeitstag dann auch gleich alle Bürgerinnen und Bürger ins Main-Kinzig-Forum nach Gelnhausen ein.

Doch bis dahin ist er noch im Amt und will sich weiterhin für einen demokratischen Main-Kinzig-Kreis einsetzen: „Ich lasse hier keine Ausländerfeindlichkeit zu“, knüpfte er sich danach zum wiederholten Male den ungarischen Premierminister Viktor Orbán wegen dessen Asylpolitik vor: „Er redet nicht nur wie ein Faschist, er ist einer.“ Den ganzen Tag wurde Pipa erneut von einem Fernsehteam begleitet, diesmal wird das ZDF vor allem wegen der Drohbriefe in den vergangenen Monaten über ihn berichten. Der Kameramann hatte sein Equipment allerdings schon abgebaut, als Pipa sein übliches Beispiel vom Bürokratiewahnsinn in Deutschland zum Besten gab. Diesmal ging’s um die Besteuerung von Weihnachtsbäumen, bei der die Finanzbeamten wieder einmal besonders kreativ waren.

„Wer wird im nächsten Jahr so zu uns reden?“, fragte am Ende der SPD-Kreisvorsitzende Degen und Pipa bekam als einziger Redner an diesem Abend lang anhaltenden Applaus. Damit scheint schon jetzt klar: Egal, wie das Wahljahr verläuft, die Genossen werden auch beim nächsten Neujahrsempfang nicht auf ihn verzichten können.

Fotos: Anton Hofmann


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