Fiskalische Lücken bei Entwicklung der Gewerbesteuer

Politik
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„Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Gemeindesteuer, daher sollte deren Entwicklung besonders betrachtet werden“, meint der Vorsitzende der FDP Hanau und ehemalige Wirtschaftsdezernent der Stadt Hanau, Dr. Ralf-Rainer Piesold, der an der Frankfurt University eine Lehrveranstaltung über öffentliche Finanzwirtschaft u.a. hält.



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Die Gewerbesteuer und die Grundsteuer haben nach Artikel 28 Grundgesetz eine besondere Bedeutung für die kommunale Daseinsvorsorge. Aus diesem Grund haben die Liberalen die Entwicklung der Gewerbesteuer verschiedener Kommunen näher betrachtet und einem Vergleich unterzogen. „Für eine profunde Analyse der Entwicklung der Gewerbesteuer sind mehrere Indikatoren wichtig. Beispielsweise der Beitrag dieser Steuer zur Deckung des Haushalt sowie insbesondere die Entwicklung der Steuer in den letzten Jahren“, definiert das FDP-Mitglied im Kreisausschuss, Dr. Ralf-Rainer Piesold, die Herangehensweise.

„Ursprünglich hat der Bundesgesetzgeber das Recht zur Steuererhebung mit eigenen Hebesätzen eingeräumt, um die kommunale Daseinsvorsorge selbst zu finanzieren. Andernfalls würde durch die entstehenden fiskalische Lücken eine kommunale Abhängigkeit entstehen und so die kommunale Selbstverwaltung aushebeln“, zeigt der Kreisvorsitzende der FDP, Kolja Saß, die zugrundeliegenden Systematik auf. „Ausgeglichene Haushalte könnten häufig nur durch immer weiter steigende Transferzahlungen des  Landes, wie zum Beispiel durch den kommunalen Finanzausgleich oder die Konjunkturprogrammen KIP 1 und 2 sowie Ausgleichzahlungen durch Kreise, erreicht werden. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Bedeutung dieser Steuern vermindert und deren Beitrag für die Finanzierung einer Kommune häufig verzerrt dargestellt wird“, erläutert Dr. Piesold.

Als Betrachtungszeitraum wurden für die FDP-Analyse die Jahre 2011 bis heute gewählt. Das Haushaltsjahr 2016 sei hierbei zum Vergleich besonders geeignet, da hier die Abschlusszahlen bereits vorliegen würden. Für die Jahre 2017 bis 2019 beruht die Analyse auf den vorhandenen Planungszahlen. Um die Ergebnisse zwischen den Kommunen tatsächlich vergleichen zu können, ist eine Pro-Kopf-Betrachtung der Gewerbesteuern nötig. „Einer der Spitzenreiter bei den Gewerbesteuereinnahmen ist hierbei die Stadt Frankfurt. Frankfurt hat 2016 über 1,8 Milliarden Euro eingenommen und kommt damit auf Pro-Kopf-Einnahmen durch die Gewerbesteuer von 2480,04 Euro“, zeigt Dr. Piesold die Leistungen der Mainmetropole auf und ergänzt: „Im Vergleich dazu erziele die Stadt Potsdam lediglich 442,78 Euro. Dies ist ganz offensichtlich ein signifikanter Unterschied.“

Für die kreisfreien Städte in Hessen ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Während Wiesbaden und Darmstadt mit jeweils über 1200,00 Euro gut abgeschnitten haben, kam Kassel auf nur 831,37 Euro und Offenbach auf lediglich 676,41 Euro pro Kopf. „Hanau, als Stadt mit Sonderstatus, lag mit 649,40 Euro noch etwas unter den Zahlen von Wiesbaden, Darmstadt, Kassel und Offenbach. Hier zeigt sich also noch ein deutliches Entwicklungspotenzial nach oben“, zeigt Dr. Piesold auf. Auch bei der Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen zeigt sich ein interessantes Bild. Bei der Stadt Frankfurt sind diese von 2012 bis 2016 um 22,43 % gestiegen. In Wiesbaden und Offenbach sind die Steigerungsraten jedoch mit 45,43 % und 48,49 % noch deutlich höher ausgefallen.

„Erfreulich ist auch die Entwicklung in Maintal und Gelnhausen“, zeigt der Maintaler FDP-Fraktionsvorsitzende und Landtagskandidat der FDP Main-Kinzig, Thomas Schäfer, auf und benennt die Zahlen: "Die Gewerbsteuer in Maintal hat sich seit 2012 um 53,2 % verbessert. Man erzielt nun ca. 550,00 Euro pro Kopf.“

„In Gelnhausen ist die Entwicklung ähnlich. In der Kreisstadt hätte man von 2011 bis 2016 auch eine Steigerungsrate um ca. 50% erreichen können, wobei der Pro-Kopf-Anteil von 678,80 Euro schon beachtlich ist“, ergänzt Saß. „Es gibt jedoch auch bei uns negative Beispiele. Die Stadt Hanau hat mit einem Rückgang von über 20 % keine guten Entwicklungen zeigen können. Die sehr guten Ergebnisse von 2011 und 2012 sind zwar sicherlich teilweise eine Erklärung, dürfen jedoch auf keinen Fall eine Ausrede für die Verantwortlichen darstellen“, zeigt Kolja Saß auf.

Da die Lage einer Stadt Einfluss auf die wirtschaftliche Prosperität hat, ist eine weitere interessante Betrachtung der Vergleich von Städten, die eine ähnlich wirtschaftsgeografische Ausgangslage haben. Offenbach, Hanau oder Maintal liegen in der Nähe des wirtschaftsstarken Zentrums Frankfurt. Daher kommt hier eine Betrachtung der Städte Heilbronn und Bonn in Frage, die wiederum in der Nähe der Großstädte Stuttgart und Köln liegen. Heilbronn erzielte 2016 Pro-Kopf-Einnahmen von 883,58 Euro und Bonn von 815,47 Euro. Die Steigerungsraten lagen in Heilbronn bei 12,33 % und in Bonn bei 43,79 %. Auch die Stadt Aschaffenburg erzielte mit Einnahmen von 767,30 Euro pro Kopf und einer Steigerungsrate von 7,12 % ein akzeptables Ergebnis.

Ein weiterer interessanter Indikator für eine tragfähige Einschätzung, ist der Beitrag der Gewerbsteuer im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen einer Kommune. In der Analyse der FDP-Fraktion wurde hier insbesondere die Stadt Hanau intensiver betrachtet, da man auf die Haushalte der Stadt in digitaler Form zugreifen kann. 2011 hat die Stadt Hanau 79,55 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen (brutto) erzielt. Bei Gesamteinahmen von 196,2 Mio. Euro, sind dies ca. 40 % der gesamten Einnahmen gewesen. 2016 sank der Anteil auf 25,33 %, bei 63,3 Mio. Euro Gewerbesteuereinahmen (brutto) und Gesamteinahmen von 249,9 Mio. Euro. Für die kommenden beiden Haushalte wird ein Anteil von ca. 25 % geplant. 2018 mit 68 Mio. Euro bei 271 Mio. Euro und 2019 mit Gewerbesteuereinahmen von 69,9 Mio. Euro bei Gesamteinnahmen von 277 Mio. Euro.

„Eine Gefahr sehen wir darin, dass häufig die Pro-Kopf-Einnahmen durch die Gewerbesteuer, aufgrund des Bevölkerungswachstums einer Stadt, nicht steigen und deshalb Beitrag zum Haushalt sinkt. So wird die Autonomie der Städte und Gemeinden weiter eingeschränkt“, erklärt der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Noll. Weiterhin sieht Noll auch ein Problem in der hohen Volatilität der Steuer: „Weiterhin müssen dringend die Ursachen und Auswirkungen dieses Trends geklärt werden. Da Transferzahlungen zu Abhängigkeiten führen, ist mit dem Subsidiaritätsprinzip ein wesentliches Prinzip liberaler Gemeindeordnungen bedroht. Das kann niemand wollen.“

Foto: Piesold (links) und Saß.


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