Kinzigtal Total: Pipa wirft Polizei doppeltes Spiel vor

Politik
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Landrat Erich Pipa wirft der Polizei vor, den Radlersonntag "Kinzigtal Total" grundsätzlich in Frage zu stellen und spricht von einem "strategischen Manöver", damit die Veranstaltung in Zukunft nur noch verkürzt oder gar nicht mehr stattfindet. Der Chef der Kreisverwaltung legte auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz Auszüge aus Protokollen vor, die beweisen sollen, dass Vertreter der Polizei schon seit längerem "Kinzigtal Total" kritisieren.



total kinzig69Anlass für die Diskussion waren die unterschiedlichen Ansichten über die Anzahl der Teilnehmer in diesem Jahr. Während die Kreisverwaltung von zirka 80.000 Menschen berichtete, schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf 20.000 bis 25.000.

Pipa veröffentliche Auszüge von Protokollen über Gespräche und Sitzungen, die in der Vergangenheit nach und vor den Radlersonntagen mit der Polizei stattgefunden haben. Demnach hätte ein Vertreter des Polizeipräsidiums Südosthessen am 15. Juli 2013 vorgeschlagen, „Kinzigtal Total“ nur noch von 11 bis 15 Uhr durchzuführen. Knapp einen Monat später sei angeregt worden, die Veranstaltung grundsätzlich in Frage zu stellen. Vom 12. November 2013 legte er folgenden Protokollauszug vor: „Aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen gibt die Polizei vor, die Strecke zu verkürzen und nur noch den Bereich zwischen Langenselbold und Schlüchtern für die Radfahrer zu sperren. Von Langenselbold nach Hanau besteht die Möglichkeit, über den R3 zu fahren. Des Weiteren gibt die Polizei vor, die Veranstaltungsdauer auf 10 bis 16 Uhr zu verkürzen.“ Am 2. April 2014 soll dann ein Vertreter der Polizei erneut die Sinnhaftigkeit der Veranstaltung in Frage gestellt haben und am 3. Juni 2014 habe es einen erneuten Vorstoß gegeben, um den diesjährigen Radlersonntag auf 10 bis 16 Uhr zu verkürzen. Wie die Polizei auf ihre deutlich geringere Teilnehmerzahl kommt, will der Landrat auch wissen: Am 14. September habe es einen Einsatzbefehl gegeben, laut dem in Steinau, Gelnhausen und Erlensee Messungen durchgeführt werden sollen, und zwar von 9 bis 10 Uhr und von 17 bis 18 Uhr. Dass am Anfang und am Ende der Veranstaltung die geringsten Teilnehmerzahlen zu verzeichnen sind, bestreitet allerdings selbst der Landrat nicht.

Pipa hatte mit den Beigeordneten Susanne Simmler und Matthias Zach extra die komplette Kreisspitze um sich versammelt, um „das beliebte und anerkannte Freizeitangebot“ zu verteidigen und zudem seinen Vorgänger Karl Eyerkaufer eigens nach Gelnhausen eingeladen, der „Kinzigtal Total“ 1993 ins Leben gerufen hatte. „Damals haben wir 200.000 Teilnehmer vermeldet und die Polizei 25.000 bis 30.000“, sei die Diskrepanz bei der Premiere noch viel größer gewesen, deshalb würden ihn diese „Zahlenspiele“ nicht interessieren, zumal er sich Jahr für Jahr selbst ein Bild von der Veranstaltung mache. Die Aspekte Gesundheit, Kultur und Fremdenverkehr seien auch heute noch aktuell, inzwischen fahre eine neue Generation von Sinntal nach Hanau und genieße die autofreien Straßen.

Das will Landrat Pipa auch in den nächsten Jahren ermöglichen und telefonierte daher am Dienstag mit Polizeipräsident Roland Ullmann, „um das Thema abzuräumen“. In diesem Telefonat habe ihm der Chef der hiesigen Polizei, der selbst unweit der abgesperrten Strecke im Main-Kinzig-Kreis wohnt, versichert, dass seine Behörde auch in Zukunft die Veranstaltung unterstützen werde. Dennoch sah sich Pipa vor allem aufgrund der von seinen Mitarbeitern vorgelegten Protokollauszüge jetzt dazu genötigt, öffentlich klar zu stellen, dass die Veranstaltung auch in Zukunft stattfinden werde. „Am Sonntag, dem 13. September 2015, fällt um 9 Uhr in Sinntal-Sterbfritz der offizielle Startschuss zur 23. Auflage“, hört sich das in diesem Zusammenhang fast schon wie eine Drohung an, zumal der Landrat zu keinen Kompromissen mehr bereit scheint. Der Radlersonntag soll daher im kommenden Jahr wieder bis 18 Uhr gehen, da bei der Straßenöffnung um 17.30 Uhr am vergangenen Sonntag zum Teil noch Räder auf den Straßen gestanden hätten und Familien unterwegs gewesen seien. Zudem zieht die Kreisspitze einen – allerdings schwierigen – Vergleich: Auch bei Fußballspielen seien Woche für Woche zahlreiche Polizeikräfte im Einsatz und müssten Überstunden machen, der Einsatz für die zirka 70 Beamten beim Radlersonntag sei dagegen wesentlich stressfreier.

„Wenn die Zahlen der Streitpunkt sind, vergessen sie diese“, würde man im Polizeipräsidium Südosthessen die Veröffentlichung der laut Pressesprecher Henry Faltin nur für eigene Zwecke durchgeführten Schätzung inzwischen gerne rückgängig machen. Wie diese Zahlen zustande kamen, will er nicht sagen. Allerdings zeigte sich Faltin verwundert, dass zu der Pressekonferenz im Main-Kinzig-Forum kein Vertreter seiner Behörde eingeladen wurde. „Kinzigtal Total ist ein wunderbarer Familienevent, der in keinster Weise von der Polizei in Frage gestellt wird“, sei dies auch die Meinung des Polizeipräsidenten. Allerdings: Wenn die Polizei von der Straßenverkehrsbehörde, die die Veranstaltung genehmigen müsse, um eine Stellungnahme gebeten werde, würde diese anhand aktueller Erkenntnisse abgegeben werden. „Wir befinden nicht darüber, wir regen nur an“, könne es laut Faltin daher durchaus sein, dass die Polizei vorgeschlagen habe, von Langenselbold bis Hanau den Radweg in die Veranstaltung miteinzubeziehen, weil dieser inzwischen gut ausgebaut und dort der Schutz der Teilnehmer besser zu gewährleisten sei. Zudem müsse die Polizei auch die anderen Verkehrsteilnehmer und somit die „Leichtigkeit des Straßenverkehrs“ im Blick haben. Faltin bestätigte zudem, dass es bereits Kontakt zu Kreispressesprecher John K. Mewes gegeben habe, um derartige Diskrepanzen bei der Teilnehmerzahl in Zukunft zu vermeiden.

Ob dies gelingt, wird sich zeigen: Mit der Veröffentlichung aus den Protokollen unterstellt die Kreisverwaltung der Polizei ein doppeltes Spiel. Während die Spitzenbeamten öffentlich ihre Unterstützung der Veranstaltung zusagen, wird der Radlersonntag demnach auf den unteren Verwaltungsebenen der Polizei in Frage gestellt. Kreispressesprecher Mewes zeigte sich zudem irritiert darüber, dass die Polizei in ihrer Pressemitteilung über einen zögerlichen Beginn der Veranstaltung berichtete, bei der ab 16.30 Uhr kaum noch Fahrbewegungen auf der Strecke festzustellen gewesen seien. „Die Polizei mischt sich in eine Sache ein, die sie nichts angeht“, ist es laut Mewes lediglich die verfassungsrechtliche Aufgabe der Ordnungsbehörde, derartige Großveranstaltungen zu begleiten. Sein Chef Landrat Pipa sieht’s genau so: „Wir sind der Veranstalter und lassen uns von niemandem reinreden“, soll in Kürze nun auch der Kreistag beschließen, dass es im Main-Kinzig-Kreis in Zukunft weiterhin „Kinzigtal Total“ stattfinden wird.


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