Windkraft: Schleicht sich die Lokalpolitik aus der Verantwortung?

Politik
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Für die ersten elf Windräder im Naturpark Spessart bei Flörsbachtal ist die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen abgelaufen. Interessierte Bürger hatten dabei die Möglichkeit, die Genehmigungsunterlagen mit vielen hundert Seiten in den Ämtern einzusehen.



windkreiswerke"Entgegen der üblichen Vorgehensweise wurden die Daten nicht in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Angeblich aus Wettbewerbsgründen wurde dies vom Antragsteller, der Firma juwi abgelehnt. Aber wo bleibt das ausreichende Informationsrecht der betroffenen Bürger? Kommunale Politiker sprechen gerne von Bürgerbeteiligung und Transparenz. Hier hätten sie die Forderung vieler interessierter Bürger nach Bereitstellung der Unterlagen in elektronischer Form unterstützen können. Stattdessen ist lapidar zu hören, dass der Landkreis nicht am laufenden Genehmigungsverfahren beteiligt sei, es werde vielmehr vom Regierungspräsidium in Darmstadt geführt", erklärt der Dachverband Gegenwind MKK / Naturpark Spessart.

Und weiter: "Was ist an dieser Aussage, wie sie u. a. auch von Landrat Pipa kam, wahr und ist der Landkreis tatsächlich bei diesem Großprojekt unbeteiligt? Die Fakten zeigen genau das Gegenteil! Der Genehmigungsantrag wurde zwar vom Windkraftanlagenbauer juwi beim Regierungspräsidium Darmstadt gestellt. Betreiber und Investor ist jedoch die Naturenergie Main-Kinzig. Ihr Wirtschaftsplan 2014-2015 weist einzig und allein den Bau von 17 Windkraftanlagen im Windpark Jossgrund / Flörsbachtal aus. Die Naturenergie Main-Kinzig gehört zu 50 Prozent der Versorgungsservice  Main-Kinzig. Diese gehört zu 100 Prozent den Kreiswerken Main-Kinzig.  Die anderen 50 Prozent der Naturenergie gehören der Firma Cerventus, an der wiederum juwi mit 25 % und die Stadtwerke Offenbach (EVO) mit 25 % beteiligt  sind. Die Naturenergie Main-Kinzig ist also über die Versorgungsservice Main-Kinzig eine Enkelgesellschaft der Kreiswerke Main-Kinzig. Diese Konstruktion klingt zwar etwas kompliziert, zeigt aber letztendlich klar und deutlich, dass der Landkreis mit Landrat Pipa als Aufsichtsratsvorsitzendem der Kreiswerke Main-Kinzig über die Versorgungsservice Main-Kinzig und die Naturenergie Main-Kinzig direkt den Bau des Windparks Flörsbachtal als Betreiber und Inverstor vorantreibt. Im Aufsichtsrat der Kreiswerke Main-Kinzig sind weiterhin Susanne Simmler und Rainer Krätschmer von der SPD, Matthias Zach von den Grünen und Michael Reul von der CDU vertreten. Mit dem Statement der Kommunalpolitiker „Der Landkreis ist nicht am laufenden Genehmigungsverfahren beteiligt“ wird also nur ein kleiner Zipfel Wahrheit, nämlich das Genehmigungsverfahren selbst, angesprochen. Der überwiegende und entscheidende Teil der unausgesprochenen Wahrheit ist jedoch, dass der Bau und der Betrieb dieser den Naturpark Spessart zerstörenden Anlagen von langer Hand maßgeblich von Kreispolitikern vorbereitet wurden und die erforderlichen Investitionen über die kreiseigenen Gesellschaften sichergestellt werden."

Abschließend heißt es in einer Pressemitteilung: "Mit den ersten elf Anlagen wird aber nicht Schluss sein. Laut dem Entwurf des Regionalplans Südhessen aus 2014 sollen ca. 3.500 ha im Naturpark Hessischer Spessart als Vorrangflächen für Windkraft ausgewiesen werden. Das bietet nach üblicher Abschätzung Platz für ca. 350 Windkraftanlagen mit 200 Meter Höhe. Der Hessische Spessart wird damit vom Naturpark zum Industriepark degenerieren. Dabei hatte der Kreis erst kürzlich mit hohem finanziellen Einsatz die „Spessart Tourismus und Marketing GmbH“ gegründet. Welch ein Widerspruch! Auch Susanne Simmler als verantwortliche Lokalpolitikerin konnte anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung in Bad Orb nicht erklären, wie der Bau von 200 m hohen Windräder im schönsten Teil des Spessarts mit der beabsichtigten Tourismusförderung zusammen passt. Der Vorsitzende des Hunsrückvereins Thomas Auler äußerte kürzlich, dass die Rückgänge des Tourismus seit der Energiewende zwischen zehn und zwanzig Prozent liegen. Keiner der Entscheider oder Entscheiderinnen hier im Main-Kinzig Kreis soll in Zukunft sagen können, dass er oder sie nicht gewusst hat, welch fatale Folgen diese Windkraftpolitik für den Spessart hat. Wir fordern die verantwortlichen Lokalpolitiker im Main-Kinzig Kreis auf, ihre Position zum Bau von Windkraftanlagen im Naturpark Spessart zu überdenken und diese in den laufenden Koalitionsverhandlungen zum Ausdruck zu bringen."

Repro: Beteiligungen der Kreiswerke Main-Kinzig. (Quelle: Dachverband Gegenwind MKK / Naturpark Spessart)


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