Hochwassergefahr: So würde das Kinzigtal absaufen

Politik
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Für Landrat Erich Pipa (SPD) ist es nur ein „Hängchen“, für das hessische Umweltministerium ein gefährlicher Rutschhang, der die Anlage eines natürlichen Rückhaltebeckens unmöglich macht: Die strittige Grünfläche „Stiefelseich“ ist in Bad Soden-Salmünster zu finden, zwischen den Stadtteilen Eckardroth und Wahlert. Für die vom Main-Kinzig-Kreis beauftragten Experten ist dort der Schlüssel, um beim nächsten „Jahrhunderthochwasser“ extreme Überschwemmungen flussabwärts der Kinzig bis nach Hanau hin zu verhindern. Pipa hat dieses Rückhaltebecken daher jetzt zu einem der wichtigsten Projekte im letzten Jahr seiner Amtszeit erklärt.



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Unstrittig scheint der Bau eines Rückhaltebeckens in Wächtersbach-Weilers, darin soll das Wasser des Flusses „Bracht“ aufgenommen werden. Holger Scheffler, Geschäftsführer des Wasserverbandes Kinzig, stuft die bisherigen Gespräche mit den übergeordneten Behörden so ein, dass eine Genehmigung für dieses Projekt wahrscheinlich erscheint. Der geplante Damm soll dort eine Länge von zirka 420 Metern haben und das Becken eine Million Kubikmeter Wasser aufnehmen, derzeit sind 7,3 Millionen Euro als reine Baukosten eingeplant. Ihre volle Wirkung würde diese Maßnahme allerdings nur mit einem weiteren Rückhaltebecken an dem Fluß „Salz“ in Bad Soden-Salmünster erreichen. Mit einer Dammhöhe von neun Metern und einer Breite von 320 Metern soll das ein Stauvolumen von 625.000 Kubikmetern Wasser bieten. Kosten: zirka fünf Millionen Euro.

Doch bei diesem Projekt stellen sich die Experten in Wiesbaden bislang offenbar quer: Sie gehen davon aus, dass der Hang „aller Voraussicht nach in kriechender Bewegung ist“ und der Rutschungsprozess sich zukünftig fortsetzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schlammstrom auf ein gefülltes Becken treffe, sei sehr hoch und der Damm könnte so seine Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit verlieren. Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt das vom Wasserverband, dem neben dem Main-Kinzig-Kreis auch noch die Städte Hanau und Frankfurt angehören, beauftragte Ingenieurbüro „Arcadis“: Das Grundwasser in Kalkstein und Basalt zeige dort keine gefährlichen Drücke, Rutschungen seien somit nicht zu erwarten. Außerdem könnten bei kritischen Entwicklungen beispielsweise Drainagen eingebaut werden. Und: Der auf dem Hang liegende Aussiedlerhof weise keinerlei Spuren auf, die auf Bewegungen im Hang hindeuten würden.

„Der letzte Erdrutsch dort liegt 800 Jahre zurück, das kann heute keine Rolle mehr spielen“, denkt Pipa vielmehr an die enormen Schäden, die die Hochwassermengen entlang der Kinzig anrichten könnten. „Hardcore 100“ heißt eine Modellrechnung, laut dem nicht nur einzelne Ortsteile beispielweise von Biebergemünd unter Wasser stehen würden, sondern in Gelnhausen auch das Gelände des Unternehmens „Veritas“ betroffen wäre. Flussabwärts würde die Stadt Erlensee zu einer Insel werden, die Autobahn 66 und die ICE-Strecke wären ebenfalls betroffen. Und in Hanau könnte das Wasser sogar bis in die Innenstadt vordringen. „Wir hatten 2014 großes Glück, dass die großen Regenmengen den Main-Kinzig-Kreis nicht erreicht haben“, könnte das befürchtete Szenario laut Pipa aber jederzeit eintreffen.

Deshalb: „Ich bin wildentschlossen, das zum Thema in der Bürgerschaft zu machen“, kündigt er Bürgerversammlungen und Petitionen an, sollte sich die Landesregierung nicht bewegen. Ein positives Signal aus Wiesbaden gibt es immerhin schon: Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) hat ihm binnen vier Wochen auf ein Schreiben geantwortet und angekündigt, in ihrem Ministerium nach dem Sommerferien ein Fachgespräch mit Experten zu organisieren. Vorsorglich will Pipa allerdings auch den Kreistag hinter sich versammeln und hat für die nächste Sitzung am 30. September eine entsprechende Vorlage erarbeitet.

Die positiven Auswirkungen von zwei weiteren Rückhaltebecken neben dem Kinzigstausee in Ahl laut den auf einer Pressekonferenz vorgelegten Berechnungen: In Bad Soden-Salmünster würde sich bei einem 100-jährigen Hochwasser, hier wird von einem fünfstündigen Niederschlag ausgegangen, der Wasserspiegel von 2,83 auf 1,67 Meter senken. In Gelnhausen ist eine Reduzierung von 4,90 auf 4,66 Meter zu erwarten und in Hanau würde der Wasserspiegel von 4,48 auf 4,33 Meter sinken. Für Pipa ist die Sache damit klar: „Das Risiko eines verheerenden Hochwassers ist um ein vielfaches höher einzuschätzen, als das theoretische Risiko einer Hangrutschung.“


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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