Polizeibeamte sammeln über 28.000 Überstunden an

Blaulicht
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Die Polizeibeamtinnen und -beamten in den Stationen in Gelnhausen, Wächtersbach, Bad Orb und Schlüchtern tragen insgesamt über 28.000 Überstunden vor sich her. Das teilte das Hessische Innenministerium auf Anfrage des heimischen SPD-Landtagsabgeordneten Heinz Lotz (Steinau) mit. Die Planstellen in diesen vier Polizeistandorten sind in den vergangenen zehn Jahren zwar konstant geblieben, allerdings wurde die Anzahl der Verwaltungsbeamten halbiert. „Man hat sich sowas in der Richtung zwar schon gedacht, aber die sehr hohe Zahl an Überstunden und Krankheitstage hat mich dann doch überrascht“, kommentiert Lotz die Zahlen.



Laut den nun vorgelegten Statistiken wurden bei der Polizeistation Gelnhausen einschließlich des Polizeiposten Wächtersbach zum 31. März 2016 exakt 14.625 Mehrarbeitsstunden registriert. 52 Vollzeitstellen sind dort verplant und derzeit auch besetzt, drei mehr als im Jahr 2005. Die Anzahl der Verwaltungsbeamten hat sich von fünf auf einen rechnerischen Wert von 3,05 reduziert. Etwas besser sieht es in Bad Orb aus: Auf den derzeit 28,75 Planstellen (2005: 27,85) wurden aber insgesamt immer noch 3.875 Überstunden gesammelt. Und auch in der Polizeistation Schlüchtern sind die Zeitkonten der Polizistinnen und Polizisten deutlich im Minus. 9.920 Mehrarbeitsstunden wurden bis zum 31. März 2016 bei den 33,5 Polizeibeamten (2005: 36,75) und 1,5 (2005: 2,5) Verwaltungsstellen gezählt.

Geliefert hat die so genannte „Kleine Anfrage“ des Landtagsabgeordneten Lotz auch eine Übersicht über die Krankheitstage an den vier Polizeistandorten. In Gelnhausen und Wächtersbach sind laut diesen Zahlen im vergangenen Jahr insgesamt 2.370 Krankheitstage angefallen, in 2012 wurden 1.948 registriert. In Bad Orb waren es 450 (499) und in Schlüchtern 1.178 (823). Ausgewertet wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen nur Organisationseinheiten mit zehn oder mehr Beschäftigten, was dazu führt, dass nicht alle Krankheitsstage der in diesen Polizeistationen tätigen Mitarbeiter in dieser Statistik aufgeführt sind.

„Mich überraschen diese Zahlen nicht“, verweist Markus Hüschenbett von der Gewerkschaft der Polizei auf die im Jahr 2003 vom ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch initiierte „Operation sichere Zukunft“, die von Gewerkschaftsseite schon damals in „düstere Zukunft“ umbenannt worden sei. Im Polizeipräsidium Südosthessen würden bis auf die Station Hanau I, zuständig für den dortigen Innenstadtbereich, anders als sonst in Hessen üblich nur in vier anstatt in fünf Dienstgruppen der Schichtdienst betrieben, was zu einer erheblichen Mehrbelastung führe. Zudem würden auch die Kollegen aus dem Main-Kinzig-Kreis immer wieder zu Einsätzen im Rhein-Main-Gebiet angefordert, die das Überstundenkonto weiter ansteigen lassen würden.

Immerhin: Inzwischen will die hessische Landesregierung die Überstunden ausbezahlen, so dass die Polizistinnen und Polizisten ihren Mehreinsatz zumindest vergütet bekommen. Sorgen macht der Gewerkschaft aber weiterhin der Abbau der Tarifbeschäftigten, die beispielsweise Büroarbeiten oder Personalverwaltung übernehmen. In diesem Jahr würden hessenweit weitere 147,5 Stellen gestrichen, deren Arbeit dann auch von den Kollegen übernommen werden müsste. Für die ländlicheren Polizeistationen wie Gelnhausen, Bad Orb und Schlüchtern gelte zudem, dass der Altersdurchschnitt dort meist höher sei als im städtischen Bereich. „Im Laufe des Lebens tasten sich Polizeibeamte immer mehr an ihre Wohnadresse heran“, führe dies dazu, dass dort auch ein höherer Krankenstand zu verzeichnen sei. Grundsätzlich gelte: Es fehlt vor allem an jungen Polizisten, was auch mit der Vergütung zusammenhänge. Bundesweit belege Hessen inzwischen den vorletzten Platz beim Einstiegsgehalt, die Nullrunde im vergangenen Jahre habe ebenfalls nicht zur Attraktivität dieses Berufs beigetragen.

„Die Polizeibeamten leisten in unserer der Region gute Arbeit. Und ich füge ganz bewusst hinzu: Trotz der schlechten Arbeitsbedingungen“, weist der Landtagsabgeordnete Heinz Lotz zudem darauf hin, dass zu den jetzt vorgelegten Zahlen („Die lassen sich einfach nicht schön reden“) noch verdeckte Überstunden hinzukommen würden. „Vor dem Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft der Länder im Jahr 2004 hatten die Polizisten eine 38,5 Stunden Woche. Seitdem haben sie eine 42 Stunden-Woche. Hochgerechnet sind das vier Wochen mehr Arbeit pro Jahr, als in den übrigen Bundesländern. Die Ankündigung der Landesregierung, ab 2017 auf 41 Stunden herunter zu gehen, ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein“, müssten Polizisten in keinem anderen Bundesland für weniger Geld arbeiten. Lotz: „Es gibt zwei Lösungen für das Problem: Entweder wir stellen deutlich mehr Polizeibeamte und Sachbearbeiter ein. Das würde zu einer Entlastung führen. Oder wir pfeifen auf unsere Sicherheit. Einen Mittelweg sehe ich nicht.“


Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

online werben

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

vogler banner

Anzeige

vogler banner

Anzeige

Online Banner 300x250px MoPo 2