Ringen um Antigone

Theater
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Sie ringt mit sich. Sie liebt das Leben, aber sie weiß, dass ihre Überzeugung den Tod bringt.



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Dennoch hält sie unerschütterlich daran fest, dass menschliche Werte wichtiger sind als das Gesetz des Staates. „Antigone“ in der Fassung von Jean Anouilh thematisiert den moralischen Widerstand gegen den Allmachtsanspruch eines herrschenden Systems. Das Hofnarr Theater arbeitet seit Monaten intensiv an dem spannenden Schauspiel, das am 8. Juli im Kuki-Zelt Premiere hat.

Seit dem vergangenen Winter setzen sich Regisseur Gerold Lotz und das Ensemble mit „Antigone“ auseinander. Die Hauptfigur, die von Romana Falk verkörpert wird, ist nicht unumstritten. Verrennt sie sich in eine blinde Protesthaltung? Oder ist ihr Vorgehen vielmehr Vorbild für andere? Antigone ist bereit zu sterben, damit ihr Bruder Polyneikos, der in den Augen des Herrschers ein Verbrechen begangen hat, würdevoll beerdigt werden kann. König Kreon will ihn zur Strafe nämlich unbestattet auf dem Schlachtfeld verfaulen lassen.

Gleichwohl hat sich das Ensemble nicht dazu verführen lassen, allzu konkrete, sich aufdrängende Gegenwartsbezüge herzustellen. Spannung entsteht durch Emotion, durch offene Fragen, durch Konflikt. Das Publikum bekommt Impulse, die Wege in vielfältige Empfindungsebenen öffnen. Die intensive Arbeit an dem Drama ist eine neue Herausforderung für die Spieler, allesamt theaterbegeisterte Menschen im Alter zwischen 18 und 74 aus der Bergwinkel-Region. Eine Bereicherung ist der 22-jährige So Wakilnasab, ein Flüchtling aus Afghanistan, der seit dem vergangenen Jahr in Schlüchtern lebt. Er spielt den Königssohn Hämon, der sich in die verschlossene, schroffe Antigone verliebt. „Es macht mir viel Spaß“, sagt er. „Und mein Deutsch ist besser geworden“, ergänzt er mit einem Lächeln.

Dann schneidet die Stimme der Sprecherin wie ein Damoklesschwert durch die Luft: „Diese Leute werden euch jetzt die Geschichte der Antigone vorspielen. Antigone ist die kleine Magere, die dort drüben sitzt und schweigt….“ Dorothee Müller als Kommentatorin in schwarzem Gewand reflektiert das Geschehen und lässt die Zuschauer am inneren Prozess der Figuren teilhaben. Unvermutet taucht sie auf, ist mal Schatten der Vergangenheit, mal unheilvolles Orakel. Hugo Huhn erscheint als Wächter vor Rudolf Falk, der den König Kreon gibt, um zu melden, dass jemand versucht habe Antigone zu beerdigen: „Weche dem Doode. Irchend enner hott Dreck offen gewurfe. Nadürlich nett vill.“ Der Darsteller spricht original Ulmbacher Platt. Das Burleske aus manch früheren Stücken ist bei den Hofnarren durch das hessische Gebabbel der Schergen bewahrt. Aber das Lachen bleibt einem bei diesen tumben Gesellen, die jeden Befehl stumpf ausführen, im Halse stecken.

Die Musikerin Julia Ballin schafft mit Klängen und Tönen auf dem Saxophon oder percussiven Elementen die passende Atmosphäre zur strengen Inszenierung. Dramatisch hebt sie mit schrägen Saxophontönen manche Aussagen hervor oder trommelt die Dramatik, etwa bei der Festnahme Antigones. Ballin spielt auch schon mal Übergangsmelodien, doch sie illustriert nicht die Handlung sondern umschreibt sie musikalisch oder kündigt sie an. Sie begleitet Antigones Weg mit ihrer Musik bis zum Ende. Denn Antigone – so sagt die Sprecherin bereits zu Beginn voraus – wird sterben. „Und sie muss ihre Rolle durchhalten bis zum Schluss.“

INFO

Das Hofnarr Theater zeigt Jean Anouilhs „Antigone“ am 8., 17. und 22. Juli jeweils um 20 Uhr im Schlüchterner Kuki-Zelt, Kirchstraße 32.  Karten gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen oder unter www.kukikino.de

KASTEN

In der griechischen Tragödie „Antigone“ von Sophokles (442 v. Chr.) wird Antigone zum Tode verurteilt, weil sie sich dem Beerdigungsverbot ihres Bruders durch König Kreon widersetzt. Der französische Dichter und Dramatiker Jean Anouilh hat in den 1940er-Jahren eine moderne Fassung dieses Dramas geschrieben, das 1944 uraufgeführt wurde.

Foto: Das Hofnarr-Theater aus Schlüchtern arbeitet an dem Stück „Antigone“, das am 8. Juli im Kuki-Zelt Premiere hat (von links): Musikerin Julia Ballin, So Wakilnasab (Hämon), Rudolf Falk (Kreon) und Romana Falk (Antigone). Foto: Doris Niederreiter


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