China-Experte Sommer: Der Drache ist erwacht

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Mit Spannung sehen internationale Wirtschaft und Politik Xi Jinpings zweiter Amtszeit ab März 2018 entgegen.



Schon heute gilt er als einer der mächtigsten Präsidenten in der Geschichte Chinas. Korruptionsbekämpfung, wirtschaftliche Öffnung und Internationalisierung einerseits, Informationszensur, gesellschaftliche Kontrolle und Stärkung des Militärs andererseits. Wohin führt diese Gemengelage und welche Auswirkung hat sie auf den Handel mit Deutschland? Mit diesen spannenden Fragen beschäftigte sich Christian Sommer, CEO des German Centre Shanghai,  am Dienstagabend im Rahmen des 1. AuslandsForums der Kreissparkasse Gelnhausen und ihres Kooperationspartners, der S-International Mittelhessen GmbH.

China: Stabilitätsanker mit Krisenpotenzial
In seiner Begrüßungsrede verwies Horst Wanik, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Gelnhausen, auf den rasanten Aufstieg der Volksrepublik China in den vergangenen Jahren – sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Der chinesische Außenhandel hat sich in den letzten zwölf Jahren mehr als verzehnfacht. 2016 hat China Waren im Wert von über 2000 Mrd. USD exportiert und im Wert von rund 1600 Mrd. USD importiert. Am Bruttoinlandsprodukt gemessen ist das Land, so Cristian Sommer, inzwischen nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft und Wachstumsmotor im ostasiatischen Raum.  „Der Drache ist erwacht und spielt eine führende Rolle auf der Weltbühne“, so Sommer. Das hat zur Folge, dass jahrzehntealte, schwelende Konflikte im ostasiatischen Raum wieder ins Bewusstsein rücken. Hier wird sich zeigen, ob der amtierende Staatspräsident Xi Jinping die Rolle seines Landes als Stabilitätsanker der Wirtschaft und der Region weiterführt, oder mit einer aggressiven, verschlossenen Vorgehensweise Krisenpotenziale verstärkt.

„Die Schnellen schlucken die Langsamen“
Als „Tor zum Osten“ bietet China für global agierende Konzerne genauso wie für international ausgerichtete mittelständische Unternehmen große Möglichkeiten – vorausgesetzt man ist schnell und entschlossen genug. „Die Schnellen schlucken die Langsamen und nicht mehr die Großen die Kleinen“, betonte Sommer, der seit mehr als 20 Jahren in China tätig ist und dort lebt. Eine Maxime, die sich deutsche Unternehmen bewusst machen müssen, wenn sie in China Fuß fassen oder ihre Stellung behaupten wollen. Man kann sich nicht allein auf die bessere Qualität seines Produktes oder seiner Dienstleistung verlassen. Derzeit ist China der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands und Deutschland ist Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. „Die Chinesen nehmen Europa nicht als Einheit wahr. China ist vor allem an uns Deutschen interessiert, weil wir für sie die Nummer eins in Europa sind“, führte Sommer aus. Und das soll auch so bleiben. Doch was wissen wir von China und seiner Wirtschaftsform? Was erwartet mittelständische Unternehmen  in China?

Krisenpotenziale und Stabilitätsfaktoren
Wir wissen nicht genau, welche Wirtschaftsform in China vorherrscht oder wieviel Geld dort wirklich im Umlauf ist. Das liegt vor allem an dem vorherrschenden Schattenbankenwesen. Selbst die deutsche Bankenaufsicht (BaFin) kann nur Vermutungen anstellen, da China keine Informationen dazu veröffentlicht. Es wird von einer Verschuldung der chinesischen Banken als auch der Unternehmen ausgegangen, doch die Staatsgarantien gelten als solide. Die Währungsreserven der chinesischen Banken sind stabil und belaufen sich auf knapp 3 Billionen Dollar. Der Dividendentransfer erfolgt teilweise zeitlich verzögert. Das kann für Unternehmen ein Problem darstellen, wenn diese darauf angewiesen sind und im Rahmen ihrer Liquiditätsplanung damit gerechnet haben. „Gewinne sind einplanbar, aber nicht der Zeitpunkt“, betonte Sommer. China zähle auch nicht länger zu den Billiglohnländern. Die Personalkosten bzw. Gehälter sind gestiegen und die Unternehmen können als Folge der Ein-Kind-Politik nicht ausreichend qualifiziertes Personal finden. Die Gesellschaft droht zu überaltern, was wiederum den Pflege- und Gesundheitsmarkt boomen lässt.

China setzt seinen Weg der Internationalisierung kontinuierlich fort, das bedeutet aber nicht, dass es sich wirklich öffnet oder die Demokratie einläutet. So etwas wie Pressefreiheit, Datenschutz oder Gewaltenteilung sucht man im zentralistischen China vergebens. „Die Begriffe ‚Öffnung‘ und ‚Internationalisierung‘ der chinesischen Wirtschaft sollten nicht verwechselt werden“, erläuterte Sommer. Demgegenüber stehen ein gesundes Zinsniveau von 4,5 % und ein beständiges Wachstum. Aufgrund der gestiegenen Gehälter und des Kostenumfelds in den Großstädten sind die sogenannten Städte der zweiten Kategorie (Lower Tier Cities) in den Fokus deutscher Unternehmen gerückt. Hier entstehen landesweit Mittelzentren mit interessanten Wachstumsperspektiven und Geschäftsfeldern. Die Bereiche Elektromobilität, Fintech (mobile Zahlungsmittel, China schafft faktisch das Bargeld ab) oder E-Commerce boomen. Die Firma Beiersdorf (Nivea) erreicht  zum Beispiel eine E-Commerce-Quote in China von rund 30% gegenüber 5% in anderen Ländern. Die Kehrseite der Medaille ist der „gläserne“ Mensch bzw. das „gläserne“ Unternehmen und der rege Handel mit den Daten.

China und seine aufstrebenden Provinzen stellen einen interessanten Markt auch für die mittelständischen Unternehmen im Main-Kinzig-Kreis dar. Der Main-Kinzig-Kreis hat in den vergangenen Jahren, so Horst Wanik, von der Globalisierung und dem Auslandsgeschäft in hohem Maße profitiert. Die Exportquote der heimischen Unternehmen beläuft sich auf rund 60% und liegt damit deutlich über der von Hessen und Deutschland insgesamt. „Bei diesen Zahlen wird schlagartig klar, wie wichtig das Thema Auslandsgeschäft für den Wirtschaftsstandort Main-Kinzig ist“, so Wanik. Rund ein Drittel aller Exporte aus dem Main-Kinzig-Kreis gehen derzeit in den Euro-Raum, doch der Drache ruft. „Wer im Ausland Geschäfte machen will, sollte die dortigen Gepflogenheiten als auch die Chancen und Risiken des Zielmarktes kennen. Als Sparkasse möchten wir unseren Kunden mit solchen Vortragsveranstaltungen Anregungen für ihr geschäftliches Engagement im Ausland geben und sie für das Thema gewinnen“, schloss Horst Wanik.

Foto: H. Wanik (links), Christian Sommer (zweiter von rechts) mit den Experten der S-International Mittelhessen GmbH.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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