Proteste gegen Rechtsextreme in Büdingen

Deutliches Zeichen für ein weltoffenes Büdingen und gegen Rassismus in der Region: Zirka 1.000 Bürgerinnen und Bürger haben am Samstag trotz Dauerregen den Aufmarsch von Rechtsextremen in der Wetterau mit Protesten begleitet. Hunderte Polizisten verhinderten einen direkten Kontakt der Teilnehmer beider Kundgebungen, trotzdem wurden insgesamt neun Personen verletzt, darunter sechs Polizisten. Zudem wurden mehrere Personen vorläufig festgenommen.

„Es war ein Fest! Büdingen hat Gesicht gezeigt. Wir waren um die 1.000 Menschen, die ganz klar zum Ausdruck gebracht haben, dass Nazis und Rassisten bei uns in Büdingen nichts zu suchen haben“, brachte Manfred Scheid-Varisco noch am Samstagabend auf seiner Facebook-Seite seine Freude über die große Beteiligung zum Ausdruck. Er hatte für den SPD-Ortsbezirk Kernstadt Büdingen die Veranstaltung „Gesicht zeigen - Büdingen weltoffen - Kein Platz für Nazis“ auf dem Parkplatz Großendorf angemeldet und organisiert. Dort versammelten sich bereits zwei Stunden vor dem Aufmarsch der Rechtsextremen viele Bürgerinnen und Bürger, zu den Rednerinnen gehörte unter anderem die Bundestagsabgeordnete Bettina Müller (SPD) aus Flörsbachtal.

Um 17 Uhr positionierten sich dann die Rechtsextremen in der parallel verlaufenden Bahnhofstraße, angeführt von Melanie Dittmer, einer bundesweit bekannten Aktivistin der rechten Szene. Sie hatte ursprünglich einen Fackelzug durch Büdingen beantragt, der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel dies allerdings kurzfristig auf Antrag der Stadt hin untersagt. Büdingens Bürgermeister Erich Spamer wurde daher via Mikrofon von Dittmer wüst beschimpft und beleidigt. Als sich die zirka 150 Rechtsextremisten in Bewegung setzten, versuchten einige von ungefähr 300 Personen, die die Polizei der autonomen Szene zurechnete, auf die Strecke zu gelangen. Noch zuvor hatte eine Gruppe junger Männer eine Polizeiabsperrung in einer Seitenstraße gestürmt, dabei flogen Flaschen, mindestens eine Person wurde festgenommen.

Der Aufmarsch der Rechtsextremen durch das Büdinger Stadtgebiet verlief dann zunächst ohne weitere Zwischenfälle, wurde aber von teils heftigen Beschimpfungen durch Anwohner begleitet, die ihre Köpfe aus den Häusern steckten. Direkt gegenüber standen sich beide Seiten dann am Stadteingang von Büdingen: Die Polizei hatte zuvor bereits die Route der Rechtsextremen abgekürzt, ein Hubschrauber kreiste über der Stadt, zwei Wasserwerfer und ein Räumfahrzeug fuhren auf. Doch es blieb bei Wortgefechten, „Nazis raus“ war zuvor bereits auf Transparenten zu lesen und dann auch lautstark zu hören.

Fazit nach einem stundenlangen Ausnahmezustand am Samstag in Büdingen: Die befürchteten bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse blieben aus, dass Geschäftsleute ihre Läden vorzeitig geschlossen und teilweise sogar die Schaufenster mit Holzlatten abgesichert hatten, war angesichts der befürchteten Auseinandersetzungen allerdings nachvollziehbar. Bei der Bevölkerung stieß der Aufmarsch vor allem auf Unverständnis. Eine Büdingerin, die das Geschehen in in der Innenstadt mit ungläubigen Blicken beobachtete: „Womit haben wir das hier nur verdient?“