Hessen braucht mehr geschützte Naturwälder

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Um die Artenvielfalt in Hessen zu bewahren, hat die Landesregierung vor 7 Jahren die Hessische Biodiversitätsstrategie ins Leben gerufen.



Im Rahmen des Programms sollten bis Ende 2020 deutliche Verbesserungen beim Waldschutz erreicht werden. Der NABU Hessen hat nun eine Bilanz gezogen: „Hessen hat trotz großer Entwicklungen im Waldschutz seine gesetzten Ziele nicht erreicht. Dabei könnte im waldreichen Bundesland ohne großen Aufwand mehr für den Waldschutz getan werden“, erklärt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen. So habe Hessen bislang nur 3,9 % statt 5 % Naturwälder ausgewiesen. Anstatt die noch nötigen Flächen einfach im Staatswald abzustecken, versuche das Land seit drei Jahren, das Ziel mit Appellen für einen freiwilligen Nutzungsverzicht bei kommunalen und privaten Waldbesitzern zu erreichen. Damit werde auch das Ziel, eine natürliche Waldentwicklung in 10 % der öffentlichen Wälder zuzulassen, bei weitem nicht erreicht. Bei der bundesweiten Vorgabe, 2 % der Landesfläche als Wildnisgebiete mit einer Fläche von jeweils mehr als 1.000 Hektar auszuweisen, liegt Hessen noch weiter zurück. Bislang wurden, so der NABU, auf gerade einmal 0,5 % der Fläche für Wildnisentwicklung geeignete Gebiete eingerichtet. „Auch bei der Zertifizierung aller hessischen Wälder nach ökologischen Kriterien ist noch viel Luft nach oben. Statt 80 % wurden erst 42 % erzielt“, so der Biologe Eppler. Die NABU-Bilanz basiert auf einer Antwort des Landes auf eine Großen Landtagsanfrage der Fraktion „Die Linke“ vom 25. März 2021.

Positiv sei laut NABU, dass 2010 eine Naturschutzleitlinie für den hessischen Staatswald geschaffen wurde, die aktuell auch verbessert werden soll. Nach einem mühsamen Prozess konnte auch die Zertifizierung des gesamten Staatswaldes nach dem „FSC“-Siegel abgeschlossen werden, das u.a. wichtige Naturschutzstandards und eine jährliche externe Kontrolle beinhaltet. Zu den Positivposten zählen auch die Erweiterung des Nationalparks Kellerwald-Edersee und die Aufnahme des Erhalts der Biodiversität als Hauptziel in die Richtlinie für die Bewirtschaftung des Staatswalds (RiBeS). So ist hier der Arten- und Biotopschutz nun auch ohne besondere rechtliche Vorgaben bei allen forstlichen Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen.

NABU fordert Fünf-Punkte-Plan

Für die Landesregierung gibt es, so der NABU, aber noch viel zu tun. „Wir erwarten vom Land, beim Waldschutz einen prioritären Fünf-Punkte-Plan umzusetzen. Er besteht aus den Kernpunkten mehr Wildnisgebiete, Vorsorge statt Reparatur bei Klimaschäden, mehr Zeit für Waldentwicklung, Sicherung der Naturwälder als Naturschutzgebiete, mehr Artenschutz im Wirtschaftswald“, umreißt Eppler das Aufgabenpaket.

  1. Mehr Wildnisgebiete für Hessen

Das Wildnisziel von 2 % muss zügig durch die Ausweisung weiterer Wildnisgebiete im Staatswald erreicht werden. Der NABU hat dazu gemeinsam mit einigen anderen Umweltverbänden bereits Vorschläge gemacht. Wildnisgebiete sichern nicht nur langfristig die Artenvielfalt der Wälder. Sie sind auch wichtige Forschungsobjekte, wie die Wälder sich ohne menschlichen Einfluss im Klimawandel entwickeln und anpassen.

  1. Vorsorge statt Reparatur bei Klimaschäden

Im Klimawandel muss die Walderhaltung Vorrang vor der Holznutzung haben. Hierzu muss das Kronendach alter Waldbestände möglichst geschlossen gehalten werden. Deshalb braucht es einen sofortigen Stopp von Bucheneinschlägen in alten Wäldern. Es dürfen auch keine geschwächten Bäume mit Trockenschäden gefällt werden, damit die Nachbarbäume durch die Auflichtung nicht auch vertrocknen. Die Vorsorge für noch bestehende Wälder sollte zumindest im öffentlichen Wald einen größeren Stellenwert haben als die großflächige Räumung und teure Aufforstung von Schadflächen.

  1. Mehr Zeit für Waldentwicklung

Wilder Aktionismus bei der Wiederbewaldung ist nicht zielführend. Durch weitere regenarme Sommer können teure Pflanzungen rasch wieder vertrocknen. Daher sollte dem Wald Zeit gelassen werden, sich selbst durch Naturverjüngung neu zu begründen. Die aufkommenden Bäume sind besser an neue Klimabedingungen angepasst als eingebrachtes Pflanzgut. Zunächst entstehende Pionierwälder z.B. aus Birke, Espe und Vogelbeere haben viele wichtige Waldfunktionen. Damit Naturverjüngung funktioniert, müssen die Wildbestände angepasst werden.

  1. Sicherung der Naturwälder als Naturschutzgebiete

Die Naturwaldflächen müssen so rasch wie möglich als Naturschutzgebiete gesichert werden. Nur dann kann sichergestellt werden, dass die Bewirtschaftung in einigen Jahren nicht wiederaufgenommen wird und dass die älter gewordenen Bäume nicht der Säge zum Opfer fallen. Die Ankündigung des Landes, die 40 größten Naturwaldgebiete mit über 100 Hektar Fläche als Naturschutzgebiete auszuweisen, muss zeitnah umgesetzt werden. Anschließend haben alle Naturwälder mit mehr als 50 Hektar zu folgen.

  1. Mehr Artenschutz im Wirtschaftswald

Im bewirtschafteten Wald müssen mehr Biotopstrukturen als Trittsteine für die Wanderung seltener Tier-, Pflanzen- und Pilzarten vorgehalten werden. Hierzu bedarf es eines Netzes von Altholzinseln und 10 Habitatbäumen pro Hektar. Zudem gilt es, Feuchtwälder zu erhalten und den Wasserrückhalt zu verbessern. Weitere wichtige Punkte sind der Schutz und die Beruhigung der Horstbäume von Greifvögeln und Schwarzstörchen sowie die ökologische Aufwertung von Waldrändern und Waldwiesen. Auch der Anteil an dickem stehendem und liegendem Totholz muss erhöht werden. Im Staatswald müssen sogenannte „Methusalembäume“, das sind Bäume mit einem Stammdurchmesser von mehr als 80 Zentimeter oder besondere Einzelexemplare hohen Alters oder besonderer Wuchsform dauerhaft erhalten und gekennzeichnet werden. Diese Artenschutz-Maßnahmen müssen in der Neufassung der „Naturschutzleitlinie für den hessischen Staatswald“ mit aufgenommen werden.

Weitere Informationen zum Themenbereich Waldschutz finden sich auf der NABU-Webseite unter https://hessen.nabu.de/naturundlandschaft/naturschutz/hessischebiodiversitaetsstrategie/29884.html 


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