Hürden für "Share Deals" deutlich erhöht

Hessen
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Der Bundesrat hat am Freitag den Weg für ein wichtiges Gesetz im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit freigemacht.



„Während jede normale Bürgerin und jeder normale Bürger beim Erwerb eines Grundstücks Grunderwerbsteuer zahlen muss, wird bei millionenschweren Immobilienkäufen immer wieder die Steuer umgangen. Share Deals, bei denen nicht das Grundstück, sondern Anteile an dem das Grundstück besitzenden Unternehmen verkauft werden, um die Grunderwerbsteuer nicht leisten zu müssen, werden hierfür allzu oft genutzt. Solch ein Vorgehen ist nicht nur ungerecht, es ist auch in einem Höchstmaß unsolidarisch gegenüber all denjenigen, die ehrlich ihre Steuern zahlen. Es sind beispielsweise die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die durch solche Steuergestaltungen auch einen Wettbewerbsnachteil haben. Bundestag und Bundesrat haben deshalb nun ein Gesetz beschlossen, das die Hürden für Share Deals bei der Grunderwerbsteuer ab dem 1. Juli dieses Jahres deutlich erhöht. Unsere Botschaft ist damit klar und deutlich: Der Staat greift ein und handelt!“, so Hessens Finanzminister Boddenberg nach der Sitzung des Plenums des Bundesrates. Der Deutsche Bundestag stimmte dem Gesetz im Vorfeld der Bundesratsentscheidung am 21. April zu.  

Hessen setzte sich viele Jahre für eine Verschärfung der bislang bestehenden Regelungen ein

Über die Finanzministerkonferenz wurde 2016 auf hessische Initiative die Einrichtung einer Arbeitsgruppe angestoßen. Mitte 2018 verständigten sich die Länderfinanzministerinnen und Länderfinanzminister auf Maßnahmen, um die Hürden für Share Deals bei der Grunderwerbsteuer deutlich zu erhöhen. „Konkrete Maßnahmen gegen diese Art der Steuervermeidung wurden beschlossen. Die Allermeisten davon finden sich heute im Gesetz wieder. Die intensive Arbeit, die wir in Hessen seit vielen Jahren zu diesem Thema geleistet haben und vor allen Dingen unsere Hartnäckigkeit haben sich schlussendlich ausgezahlt. Ich möchte mich vor allen Dingen bei allen Kolleginnen und Kollegen in den Ländern bedanken, die sich frühzeitig mit uns auf den Weg gemacht haben und inhaltlich die Überzeugungsarbeit leisteten, die notwendig war, um solch ein Gesetz zu verabschieden. Der Prozess hin zu diesem Gesetz war lang. Er hätte meiner Meinung nach auch schneller vonstattengehen müssen. Einige Zeit wurde vertan. Doch heute bin ich in erster Linie froh, dass Bund und Länder gemeinschaftlich dieses wichtige Gesetz bei der Grunderwerbsteuer hinbekommen haben“, erklärte Finanzminister Boddenberg.

Zentrale Bestandteile des nun geänderten Grunderwerbsteuergesetzes – die bereits die Finanzministerkonferenz forderte – sind unter anderem:

Schaffung eines neuen Ergänzungstatbestands für Kapitalgesellschaften

Nach bislang gültiger Rechtslage wurden Gesellschafterwechsel an grundbesitzenden Personengesellschaften in Höhe von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfasst. Dabei musste kein Gesellschafter eine bestimmte Beteiligungsschwelle überschreiten. Diese Vorschrift wird auf Anteilseignerwechsel an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften ausgedehnt und die Quote auf 90% herabgesetzt. Die Maßnahme hat zum Ziel, Share Deals dadurch zu erschweren, dass ein Altgesellschafter in nennenswertem Umfang beteiligt bleiben muss. Ein kompletter Erwerb durch einen Investor und seinen „mitgebrachten“ Co-Investor ist so nicht mehr möglich.

Um ungewollte Nebeneffekte weitestgehend zu vermeiden, enthält die neue Vorschrift eine sog. Börsenklausel. Diese lässt Anteilsübergänge an Kapitalgesellschaften unberücksichtigt, die über eine Börse erfolgen. Die Ausgabe von Anteilen und deren Verbreitung über die Börse ist für Kapitalgesellschaften ein gängiges Mittel zur Kapitalbeschaffung. Durch die sogenannte Börsenklausel wird vermieden, dass eine Besteuerung eintritt, obwohl regelmäßig andere Gründe als die Einsparung von Grunderwerbsteuer im Vordergrund stehen.

Konkret ist die Börsenklausel so ausgestaltet, dass die Anteile zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder einem anderen EU/EWR-Staat beziehungsweise einem als gleichwertig anerkannten Markt in einem Drittstaat zugelassen sein müssen. Zudem muss der Anteilsübergang aufgrund eines Geschäfts an einem solchen Markt oder einem multilateralen Handelssystem erfolgen. Hintergrund ist, dass es bei organisierten Märkten klare und transparente Voraussetzungen für die Zulassung und den Handel von Wertpapieren gibt. Nicht unter die Börsenklausel fällt der Verkauf von Aktien außerhalb dieser Handelsplätzen. Hier würde wieder Gestaltungspotential zur Umgehung der Grunderwerbsteuer eröffnet.

Verlängerung der Fristen von 5 auf 10 Jahre
Die bislang gültigen Fünfjahresfristen in den Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes werden durch das neue Gesetz auf zehn Jahre verlängert. Bislang wurde bspw. Grunderwerbsteuer erhoben, wenn mindestens 95 % der Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergingen. Bisher waren bestimmte Share Deals derart ausgestaltet, dass in einem ersten Schritt 94,9 % der Anteile am Vermögen der Personengesellschaft auf einen neuen Gesellschafter übergegangen sind und erst nach Ablauf von fünf Jahren die restlichen 5,1 % auf diesen Gesellschafter übertragen wurden. Nach der Verlängerung sämtlicher Fünfjahresfristen auf 10 Jahre dürfen die restlichen Anteile erst nach Ablauf von 10 Jahren auf diesen neuen Gesellschafter übertragen werden, sonst muss die Gesellschaft Grunderwerbsteuer zahlen. Die Verlängerung der Frist auf 10 Jahre erschwert folglich unter anderem solche Gestaltungen, denn die Gesellschaften sind innerhalb der Frist an die getroffenen Dispositionen gebunden und damit in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Zudem wird auch bei dieser Regelung künftig eine abgesenkte Schwelle von 90 % gelten.

Finanzminister Boddenberg kündigte an: „Manche suchen immer wieder nach neuen Möglichkeiten, die bestehenden Gesetze zu umgehen. Wir werden deshalb intensiv beobachten, ob die Neuregelung wirklich zielgerichtet Gestaltungen mit Share Deals eindämmen kann, aber auch ob ungewollte Nebeneffekte für redliche Unternehmen auftreten. Unser Fokus auf dieses wichtige Thema ist nicht beendet, nur, weil wir jetzt ein neues Gesetz haben. Werden die Neuregelungen in Zukunft wieder umgangen, dann muss auch nachgebessert werden! Auch diese Botschaft geht jetzt an alle, für die die gesetzlichen Neuerungen gelten. Ich kann mir auch vorstellen, mittelfristig die Grunderwerbsteuer in Gänze neu zu konzipieren, um Steuergestaltungen noch umfassender zu bekämpfen, aber gleichzeitig die Interessen unserer steuerehrlichen Unternehmen, insbesondere des Mittelstandes, bestmöglich zu wahren.“


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