Regenbogen in schwarz-weiß

Gelnhausen
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Erkennst du einen Regenbogen in den düsteren Darstellungen oder spiegeln diese Zeichnungen deine Wahrnehmung wider? Wie siehst du die Welt?



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Mit dieser Fragestellung ging der Kunst LK der Q1 unter Leitung von Frau Leo an die Herausforderung, seine erste Ausstellung mit dem Titel ‚,Regenbogen in schwarz-weiß‘‘ zu kuratieren. Zu sehen sind die Werke der E-Phase, deren Ausgangspunkt Fotografien der Schweizer Alpen waren und durch die Schülerinnen und Schüler in autonome Landschaften in Form von Kohlezeichnungen grafisch umgesetzt wurden. Die Ausstellung befindet sich aktuell im Korridor vor dem Sekretariat und ist von dort aus sowie aus dem gegenüberliegenden Teil des Atriums bis zum 21.Dezember zu bestaunen.

Beim Vorüberschreiten erkennt jeder auf den ersten Blick (nur) eine düstere, melancholische, seelenlose oder sogar depressive Landschaftsszene, die in Realität einer anderen Dimension von Schönheit angehört. Was also wollen uns die Künstler mit ihren Werken demonstrieren? Werfen wir einen Blick auf den Anfang des kuratorischen Entstehungsprozesses: Beginnend mit Diskussionen wurden gemeinsam Werke und Titel ausgewählt. Die Entwicklung eines Titels erwies sich dabei als wohl größte Herausforderung, doch man kam zu dem Entschluss, einen auszuwählen, der eine umfassende und mehrdimensionale Deutung zulässt, und zwar…

››Regenbogen in schwarz-weiß‹‹

Der Widerspruch eines Regenbogens ohne jegliche Farbe, der bereits im Titel steckt, versinnbildlicht den Verlust des Grundlegenden, nämlich der Diversität unserer Welt. Dahinter steckt ebenso der kreative Ansatz, dem ersten Eindruck den zweiten gegenüberzustellen und etwas in einem Werk zu betrachten, das de facto nicht sichtbar, sondern erst durch das Denken der Beobachter entstehen kann. In diesem Fall ist dies eine kolorierte Berglandschaft, die man im Kontrast zu den Zeichnungen sehen kann.

Jeder erkennt auf den ersten Blick eine dunkle Landschaftsszene. Die monochrome ,,Farbgebung‘‘ unterstützt dabei die Erzeugung dieser nachdenklichen melancholischen Stimmung, mit der die Zeichner sich klar zu ihrer naturalistisch umgesetzten Vision einer fernen Zukunft positionieren. Tiefenräumlichkeit wurde durch die Andeutung atmosphärischer Einflüsse, wie Nebel, verschwimmende Ferne und eine bewussten Licht-Schatten Modulation geschickt inszeniert. Sie zeigt die Ferne der Zukunft, aber auch gleichzeitig die benebelte, unklare Sicht von heute auf das womögliche Morgen. Diese benebelte Sicht zeigt eine gewisse Blindheit der Zukunft gegenüber, denn der Mensch vermag es nicht, sich über alle Konsequenzen seines heutigen Handelns im Klaren zu sein.

Im kunsthistorischen Kontext stellt man ebenso fest, dass die Gattung der Landschaftsmalerei wie man an der Entwicklung von Epoche zu Epoche erkennen kann, stets das Verhältnis zwischen dem Menschen und seiner Umwelt widerspiegelte. Auch heutige Landschaftskunst zeigt diese Beziehung, nun im Bezug auf die Ausmaße von der Verschmutzung der Natur und deren totaler Zerstörung. Dem Betrachter geben die Werke somit die Chance, die Konsequenzen seines eigenen Handelns zu überdenken und seine Lebensweise bewusst so den Bedingungen anzupassen, damit es erst gar nicht zu einer Welt ohne die prächtigen Farben des Regenbogens und der Vielfältigkeit kommt. Der Wiederspruch im Titel verdeutlicht diesen Verlust:

››Ohne Farbe ist der Regenbogen kein Regenbogen- und ohne Diversität die Welt keine Welt, in der wir leben möchten, denn Diversität ist das Lebenselixier unserer Gesellschaft.‹‹

Somit liegt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhältnis zwischen Gegenwart und Zukunft den Werken zugrunde.

Was also kann ich jetzt daraus mitnehmen? Der Volksmund spricht fortwährend von der Zukunft. Von der Zukunft, der man einen immensen Fortschritt zuspricht, von Quantensprüngen ist die Rede, von Verbesserungen, von neuen Möglichkeiten, welche letztendlich mit einem besseren Leben für uns Menschen verbindlich scheinen. Zukunftsthemen werden immer präsenter, ob in Politik, Gesellschaft, Arbeit, ebenso, wie in der Schule, in Familien, in der eigenen Freizeit, aber genau so auch in der Kunst. Man kann die Zukunft nicht außer Acht lassen, was diese Ausstellung durch den Hinweis auf einen möglichen Verlust des Grundlegenden verdeutlichen möchte.

Die impulsive, appellative Wirkung dieser Ausstellung soll uns allen klar machen, uns den alltäglichen, selbstverständlichen Dingen bewusst zu werden und diese (wieder) schätzen zu lernen. Sei es Demokratie, Kultur oder Meinungsfreiheit und individuelle Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Diese Begriffe beinhalten alle den Begriff der Diversität und zeigen, dass aus dem Keim dieser Idee Großartiges wachsen kann, von dem alle profitieren.

Verfasst von Lars Grillwitzer


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