Funke der Forschung damals wie heute: Neugier

Hanau
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Was haben Unternehmensgründer Friedrich Jacob Merck und die Teilnehmer des Erfinderlabors gemeinsam? "Leidenschaftliche Neugier", betonte Prof. Dr. Klaus Griesar im Atrium des Darmstädter Wissenschafts- und Technologieunternehmens.



forschungchemiehola.jpg

forschungchemiehola1.jpg

forschungchemiehola2.jpg

forschungchemiehola3.jpg

Der Leiter der Abteilung Science Relations war vom Wissensdurst und der Motivation aller 16 Oberstufenschüler begeistert. "Als Erfinder seid ihr für mich die Stars von morgen."

Zum 25. Mal hatte das Zentrum für Chemie (ZFC) mit Sitz in Bensheim ausgewählte junge Hochleister aus ganz Hessen eingeladen, um ihnen Einblicke in eine spannende Zukunftstechnologie zu ermöglichen. Diesmal zum Thema Organische Elektronik. In vier Teams experimentierten jeweils acht Schülerinnen und Schüler mit organischen Leuchtdioden und Solarzellen aus halbleitenden Materialien. Darunter auch Per Andres Pohlmann von der Hohen Landesschule in Hanau: "Da die Zeit vor dem Erfinderlabor sehr stressig war, gab es nicht allzu viel Zeit für Vorbereitung. Nichtsdestotrotz freue ich mich, ein uns alle betreffendes Gebiet der Wissenschaft erkunden zu können.“

Für die Teilnehmer bot sich die exklusive Chance, auf Augenhöhe mit Wissenschaftlern zusammenzuarbeiten. Sowohl die Fa. Merck, die in diesem Jahr ihr 350jähriges Firmenjubiläum feiert, als auch die Technische Universität Darmstadt (TUD) waren als langjähriger Kooperationspartner des ZFC wieder dabei.

Es war eine besondere Woche in Darmstadt. Hautnah lernten die Teilnehmer ein Weltunternehmen aus der Nähe kennen und erlebten Forschung live in den Labors des Fachbereichs Makromolekulare Chemie. Betreut wurden die Hochleister vom Team um Prof. Dr. Matthias Rehahn. "Neugier und Interesse sind Grundvoraussetzungen für eine Karriere in der Forschung", so der Vizepräsident der TU Darmstadt. Vor über 150 Gästen aus Hochschule, Wirtschaft und Politik sowie schulischen Mentoren, Mitschülern und Familienangehörigen haben die Jungforscher am vergangenen Freitag ihre Forschungsergebnisse präsentiert.

Die dreitägige Laborarbeit bildet das Herzstück des Wissenschafts-Workshops, der von der TUD seit vielen Jahren mit großem personellen und zeitlichen Aufwand - parallel zu den internen Forschungsprojekten - unterstützt wird. "Alle Achtung vor so viel geballter Motivation und Ausdauer", bilanzierte Privatdozent Dr. Stefan Immel aus dem Arbeitskreis von Prof. Rehahn nach einer vollgepackten Woche in der Wissenschaftsstadt. Der Zeitrahmen war straff, der Themenkomplex anspruchsvoll: Organische Elektronik" bezeichnet ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das sowohl im Bereich der Chemie, der Materialwissenschaften als auch der Elektrotechnik anzusiedeln ist. Hinter dem Begriff verbergen sich alltägliche Anwendungsgegenstände wie beispielsweise Flüssigkristall-Displays (LCD), organische Leuchtdioden (OLED) oder organische Photovoltaikzellen (OPV).

ZFC-Vorstand Dr. Thomas Schneidermeier unterstrich die herausragende Leistung aller Teilnehmer, die im laufenden Schuljahr unter 200 Bewerbern aus 85 Schulen mit gymnasialer Oberstufe ausgewählt wurden. Das Interesse an den Workshops ist ungebrochen, so der Initiator, der mit dem Erfinderlabor bereits vor 13 Jahren eine praxisnahe Form der Berufsorientierung ins Leben gerufen hat. "Ein hochkarätiges Angebot für hochkarätige Schüler", kommentierte Rita Flad vom Referat Gymnasien im Hessischen Kultusministerium. Die Berufsperspektiven im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) seien derzeit hervorragend. Das Erfinderlabor ist für die ehemalige Chemielehrerin eine ideale Plattform für Oberstufenschüler, um ihre beruflichen Interessen und Perspektiven auszuloten.

Die Workshop-Reihe ist das prominenteste von mehreren Projekten, die vom Zentrum für Chemie entlang der gesamten Bildungskette für Schüler von acht bis 19 Jahren angeboten werden. Es ist Teil der Initiative "Schule 3.0", die marktreife Zukunftstechnologien in den Regelunterricht integrieren will. Darunter Komponenten der Energiewende wie etwa Organische Elektronik, Elektromobilität und virtuelle Kraftwerke. Gefördert wird das Schulnetzwerk von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Ziel ist die Entwicklung von Unterrichtseinheiten für die Anwendung im Klassenzimmer. Für die Jugendlichen auch ein Stück Berufsorientierung.

Dr. Thomas Schneidermeier zitierte in Darmstadt eine Allensbach-Umfrage, nach der sich rund die Hälfte der Schulabgänger nicht ausreichend informiert fühlt. "Das Format soll berufliche Perspektiven öffnen und konkretisieren." Bei Merck ist Lena Emich federführend in der Schulförderung zuständig. "Es geht darum, bei jungen Leuten das naturwissenschaftliche Interesse zu wecken", sagte sie in einer Podiumsrunde zum Thema Berufsorientierung. Gewohnt lebendig moderiert von Dr. David Eckensberger von der Hessen Trade & Invest GmbH. Für die Absolventin eines dualen Studiums ist eine gezielte und praxisnahe Förderung ein entscheidendes Instrument zur Nachwuchsgewinnung.

Seit zehn Jahren investiert das Pharma- und Chemieunternehmen mit der Technischen Universität Darmstadt in ein gemeinschaftliches Schülerlabor, um noch mehr Begeisterung und Verständnis für Naturwissenschaften zu wecken. Dr. Katja Maria Scheible, bei Merck Laborleiterin in der OLED-Forschung, erläuterte den Schülern die unterschiedlichen Karrierewege in der Wissenschaft. "Der akademische Weg bleibt ein Klassiker, wenn man in die Forschung gehen will", so die Expertin, die in Darmstadt auch Doktoranden betreut. Prof. Dr. Matthias Rehahn sagte, dass die Digitalisierung auch vor der Chemie nicht Halt mache. Know-how im Bereich Informatik sei in der Forschung mehr denn je gefragt: "Im modernen Labor muss man auch programmieren können." Den Teilnehmern des Erfinderlabors riet er, sich die Begeisterung für die Naturwissenschaften zu erhalten und Rückschläge selbstbewusst als zusätzlichen Ansporn zu verstehen.

Die Jungforscher wissen ein Lied davon zu singen, dass Experimente nicht immer zum gewünschten Ziel führen. Beim Erfinderlabor entwickelten zwei Teams OLEDs in Eigenbau, die sie – trotz einiger Fehlversuche – letztendlich zum Leuchten brachten. Andere Gruppen beschäftigten sich mit dem Aufbau organischer Photovoltaikzellen und suchten nach Möglichkeiten, wie man deren Funktionsweise verbessern könnte. Anspruchsvolle Aufgaben, die den Schülern viel Kreativität, schnelles Lernen und lange Ausdauer abverlangt haben.

Im Verlauf der Abschlussveranstaltung vergab ZFC-Projektleiterin Binke Friedrich die Teilnahmezertifikate. Jeder erhielt ein Jahresabonnement der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft. Darüber hinaus vergab das Zentrum für Chemie von der Fraunhofer-Gesellschaft gesponserte Sonderpreise, u.a. auch an Per Andres Pohlmann. Der Ausgezeichnete durfte sich gemeinsam mit drei weiteren Schülern über eine Teilnahme an einem der Talent-Nachwuchsprogramme für den naturwissenschaftlich begeisterten Nachwuchs freuen. Und was geben die Profis den Jungforschern mit auf den Weg? "Always stay curious", variierte Prof. Dr. Klaus Griesar das aktuelle Motto zum 350. Jubiläum von Merck. Immer schön neugierig bleiben.

Das Erfinderlabor wird seit 2005 vom Zentrum für Chemie mit Sitz in Bensheim (Bergstraße) organisiert. Das Projekt greift Themengebiete auf, die im Unterricht nicht vorkommen oder nur partiell behandelt werden können. Mit seinen Veranstaltungen möchte das ZFC das Interesse und die Kreativität junger Menschen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften wecken und für aktuelle Themen nachhaltig begeistern. Die Zusammenarbeit mit Industrie- und Hochschulpartnern ermöglicht einen Zugang zu aktuellen Forschungsmethoden und vermittelt einen Eindruck von der interdisziplinären Ausrichtung und den verschiedenen Arbeitsgebieten im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Das Erfinderlabor ist Teil des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten ZFC-Projekts “Schule 3.0 – Energiewende in den Unterricht“, das der ZFC-Initiative "Schule 3.0 – Zukunftstechnologien in den Unterricht" angeschlossen ist. Dem gleichnamigen Schulnetzwerk gehören aktuell 13 hessische Schulen - darunter die Hohe Landesschule Hanau - mit gymnasialer Oberstufe und die Deutsche Schule Seoul an.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de