Gründau: Vorbildliches Demenzprojekt gestoppt

Leserbriefe
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Das Ende der Betreuung von Demenzkranken in Hain-Gründau kritisiert VORSPRUNG-Leser Peter Völker in einem Leserbrief.



"Die Vergabe der Räume in der Sozialstation an einen privatwirtschaftlichen Pflegeanbieter und die das damit verbundene Ende der Betreuung für an Demenz erkrankte Menschen im „Cafe-Kränzchen“ in Hain-Gründau ist eine sachlich nicht gerechtfertigte unsoziale Maßnahme der Gemeinde Gründau und schadet nur den kranken Menschen und ihren Angehörigen. Sinnvoller wäre eine Kooperation mit dem ambulanten Pflegedienst im gleichen Haus gewesen. Nach der unsozialen Anhebung der Gebühren für die Betreuung von Kindern setzt sich diese Politik nun auch bei der Pflege und Betreuung von alten Menschen fort.

In der Einrichtung des Mehrgenerationenhauses Anton in Hain-Gründau wurde eine auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gestützte, vorbildliche Arbeit für die betroffenen Menschen geleistet, die in dieser Form wohl einmalig in der Region Main-Kinzig für die betroffenen Menschen ist. Keine öffentliche Altenpflegeeinrichtung noch Unternehmen auf dem Pflegemarkt können aufgrund der vorgeschriebenen personellen Schlüssel für die Betreuung auch nur ansatzweise das anbieten, was das Cafe-Kränzchen in den letzten Jahren zielgruppengenau zur Demenz geleistet hat. Darüber sollte sich Dr. Jürgen Schubert von der SPD Gründau, der die Schließung des Cafe-Kränzchens begrüßt hat, einmal Gedanken machen.

Das dreitägige Angebot, das von qualifizierten Hauptamtlichen und einem Kreis von teilweise über zehn auf Umgang mit Demenz geschulten Ehrenamtlichen realisiert wurde, war in dieser Form unverwechselbar gut. Die Betreuungskräfte in Tagespflegeeinrichtungen und Altenheimen sind auch sehr qualifiziert, können aber eine solch intensive Betreuung aufgrund der personellen Rahmenbedingungen gar nicht leisten. Menschen mit Demenz, die in der Regel nicht mehr kognitiv, sondern nur noch emotional kommunizieren können, brauchen eine gemütliche Atmosphäre, Betreuer mit Empathie, viel Einzelbetreuung, emotionale Anregungen zur Kontaktaufnahme und zum Wohlfühlen. Dies wurde in Hain-Gründau umfassend und idealtypisch sicher gestellt. Ich selbst habe mir eine Woche die Arbeit dort angesehen und war nach einem Studium der Demenz an der Universität des 3. Lebensalters, Frankfurt, angenehm überrascht  über den warmen, zugeneigten und dennoch kreativen Umgang mit diesen Menschen.  Auch die zahlreichen ehramtlichen Betreuer wirkten auf mich äußerst einfühlsam und kompetent im Umgang mit den Menschen, die von dieser unumkehrbaren Krankheit befallen sind.

Vor diesem Hintergrund wirkt der Vorschlag von Bürgermeister Gerald Helfrich, die Arbeit in einem Dorfgemeinschaftshaus fortzusetzen völlig unsachlich, um es gelinde auszudrücken. Offensichtlich weiß er nicht, welche Atmosphäre demenzranke Menschen benötigen, um Wohlempfinden zu spüren, dass sie sich nur Menschen öffnen und anvertrauen, die sie emotional akzeptieren, noch weiß der Bürgermeister offensichtlich, welche Arbeit im Cafe-Kränzchen im Detail geleistet wurde, mit welchen Mitteln und Materialien und mit welcher Empathie, sonst hätte er seinen problemfremden Vorschlag nicht gemacht. Könnten die an Demenz erkrankten Menschen noch kognitiv kommunizieren, würden sie ihm sein Vorgehen nicht verzeihen, da bin ich mir sicher. Der Wert einer Gesellschaft – auch einer Kommune - bemisst sich nicht danach, wie sie mit den Leistungsträgern, sonder wie sie mit den Schwachen umgeht. Kinder und deren Eltern sowie alte Menschen und deren Angehörige haben im Rathaus offensichtlich keine Lobby."

Peter Völker
(Sozialer Betreuer in Altenheimen und Dozent am Fortbildungsinstitut des MKK für Altenpflege)
63584 Gründau

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