Coronakrise: Denkt auch jemand an die Künstler?

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Dieter Nentwig betreibt in Erlensee eine Musikagentur und kritisiert die Absage aller Veranstaltungen in Hanau bis Ende Juni.



"Viele kleine und große Gewerbetreibende erhalten in diesen Tagen finanzielle Hilfe vom Land Hessen, um die folgenden 3 Monate überstehen zu können. An selbstständig arbeitende Künstler, zum Beispiel Musiker, ist dabei nicht gedacht worden. Denn ein Zuschuss wird nur gewährt, um die „laufenden Betriebskosten“ zu decken, nicht eventuelle Einnahmeausfälle. Musiker, die mit ihrem Instrument in der Wohnung sitzen und üben, haben zwar keine „laufenden Betriebskosten“. Sie müssen aber, von den für die Monate März bis Mai vereinbarten Gagen, ihren Lebensunterhalt samt Miete, Telefon und Auto etc. finanzieren – nur dass es überhaupt keine Gagen für diese Monate gibt. Da nützt auch die Verlegung eines abgesagten Konzertes auf den Herbst oder das Frühjahr 2021 überhaupt nichts. Musiker, an deren Kulturleistung wir uns also stets und überall erfreuen können, zählen zu den großen Verlierern der Coronakrise. Noch haben viele Musiker und anderen Künstler die Hoffnung, dass sie ab Juni wieder hier und dort auftreten können, um endlich wieder etwas Geld verdienen zu können.

Nun sagt die Stadt Hanau aber gestern, 7. April, alle Veranstaltungen im Juni ab, so auch das populäre „Musik-Picknick“ im Park des Olof-Palme-Haus. Warum so voreilig und anscheinend ohne Überlegung für den Einzelfall ? Kleinkunstveranstaltungen sind keine Mega-Events, die man schon Monate im Voraus absagen muss. Das jährliche populäre „Musik-Picknick“, für das ich als Künstleragent die Großzahl der Bands verpflichte, hat keine mehrmonatige Vorbereitungszeit, wie etwa die Märchenfestspiele oder ein Stadtfest. Es gibt dafür auch keine Verträge, deren kurzfristige Kündigung hohe Kosten verursacht hätte. Die Konzertreihe, beginnend am 21. Juni, kann innerhalb von 8 Tagen „hochgefahren“ werden. Es hätte also genügt, die Entscheidungen der Bundesregierung, angekündigt für den 19.4., abzuwarten, um dann zu entscheiden, was im Juni geht oder nicht geht. Vielleicht gäbe es ja ab Anfang Juni weitere Lockerungen, die dann eine solche Veranstaltung (und andere Kulturereignisse) ermöglicht hätten.

Andere Kommunen in Deutschland sind nicht so voreilig und warten, zumindest was kleinere Veranstaltungen betrifft, die Termin 19.4. ab. Die jetzige, voreilige Entscheidung der Stadt betreffend Absage von Juni-Veranstaltungen, ist keine „höhere Gewalt“. Die Entscheidungen nach dem Infektionsschutzgesetz fällt die Bundes- oder Landesregierung, nicht jede Stadt alleine kann das vorwegnehmen und jetzt schon für Mitte Juni den Notfall voraussagen. Deshalb müsste die Stadtverwaltung eigentlich mit Forderungen von Künstlern nach Erstattung der Gage rechnen, wegen einseitiger Vertragskündigung.

Die Bevölkerung braucht jetzt die Hoffnung und den Optimismus, dass im Spätfrühling wieder das eine oder andere möglich ist, um überhaupt bis dahin moralisch durchzuhalten. Wer den Menschen jetzt schon die Hoffnung nimmt, dass sie auch ab Mitte Juni auf vieles verzichten müssen, der handelt voreilig unvernünftig. Und die Musiker und anderen Künstler, die schon jetzt 3 Monate ohne Einnahmen auskommen, können gerade verzweifeln, wenn auch die Juni –Veranstaltungen jetzt schon abgesagt werden – ohne das vom Bund oder vom Land Hessen Unterstützung zu erwarten ist."

Dieter Nentwig
Erlensee

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