Kein Interesse an Erinnerung an Samuel Paty

Leserbriefe
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Die abgesagte Gedenkveranstaltung für den in Frankreich ermordeten Lehrer Samuel Paty kommentiert der ehemalige AfD-Kreistagsabgeordnete Klaus Dippel in einem Leserbrief.



"Samuel Paty! Samuel Paty! Samuel Paty! Der Mann hatte eine Seele, er hatte ein Leben und er hatte einen Namen. Erst durch Sprache und seinen Namen wird der Mensch zum Menschen. In Jes.43 steht: „Ich habe dich erlöst, ich habe dich mit deinem Namen gerufen.“ Was will uns also das Büro des Oberbürgermeisters damit sagen, dass der OB zum 'gemeinsamen Gedenken an den getöteten Lehrer in unserer Partnerstadt Conflans' einladen lässt? Hat im Rathaus niemand der 'Initiative 19.2' wirklich zugehört? Waren die Sonntagsreden wieder nur Lippenbekenntnisse? Haben wir Hanauer nicht alle zu Recht gefordert: 'Say their names!'?

Nachdem in der vergangenen Woche kurz von dem 'an seinen Verletzungen gestorbenen Touristen' in Dresden die Rede war, fragt man sich: Was versprechen sich Schöpfer solcher Euphemismen von einer derartigen Behandlung von Opfern? Muss man den beiden Männern nicht ihren Namen geben und dazu schreiben dass 'der 55-jährige Krefelder' ermordet wurde, weil die beiden Männer ihr Schwulsein offen auf der Straße gezeigt haben?

Ist diese unterschiedliche Behandlung der Opfer ein politisches Kalkül? Zufall kann es einer Zeit des Framing nicht sein. Der tägliche Kampf um Worte und Wortendungen wird ja von Politik und Redaktion wie ein Krieg geführt. Nur was bezwecken die Autoren, wenn sie Opfer den Namen und damit die Empathie der Mitmenschen entziehen? Wollen Sie die Opfer absichtlich dem Vergessen preisgeben? Wer erinnert sich noch an Ramia A. und Shukriyeh A.? Die beiden Hanauerinnen wurden in Hanau vor aller Augen von Mann und Brüdern hingerichtet.

Solche 'Vornamenfrauen' scheinen unwichtig und austauschbar zu sein. Keine Diskussion. Kein Erinnern. Keine Reflektion. Die Frauen mussten sterben, weil sie als Frau ihre Menschenrechte abgesprochen bekamen. Die Gesellschaft, die Politik und die veröffentlichte Meinung interessieren sich nicht für die Opfer. Verdrängen und Vergessen? Der Vorsitzende Richter Grasmück hat 2016 zum Mord an der schwangeren Ramia A. und ihres ungeborenen Babys gesagt: 'Die Tat zeigt eine Abkehr von dem, was wir als Gesellschaft gewohnt sind' und 'Keiner kam auf die Idee, die Polizei zu rufen. Wir haben nicht den Eindruck, dass sich irgendjemand um das Opfer gekümmert hat'. Er bezog sich auf Familie und Nachbarn , die die Schreie gehört haben. Der Satz passt auch auf uns alle, die wir so gerne verdrängen und zum Tagessgeschäft über gehen. Also 'Say his name!'. Der Name des Lehrers war und ist Samuel Paty! Er ist für unser aller Freiheit gestorben, und sein Name sollte auch in der Partnerstadt geehrt werden.

Epilog: Nach Schreiben dieses Leserbriefes, hat der Hanauer OB die Veranstaltung am 30.10 zum Gedenken an Samuel Paty ganz abgesagt. Begründung in der Presse: 'Die neuen Verordnungen, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder beschlossen wurden, lassen jedoch lediglich einen gemeinsamen Aufenthalt von maximal 10 Personen zu.' Nun, wenn der OB das wirklich gesagt hätte, hätte er gelogen. Denn die Maßnahmen des neuen Lockdown galten erst ab Montag, 2.11. Und sogar die neuen Lockdownregeln enthalten diese Ausnahme: 'Veranstaltungen sind nur bei besonderem öffentlichen Interesse beispielsweise Gedenkveranstaltungen…zulässig.' Die abgesagte Veranstaltung wäre also sogar im Lockdown zulässig, wenn die Stadt Hanau ein besonderes Interesse an der Erinnerung an den für die Meinungsfreiheit gestorbenen Samuel Paty gehabt hätte. Das ist der entscheidende Punkt: Es gab dieses Interesse nicht."

Klaus Dippel
Hanau

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