"Bundesweit sollen 400.000 Wohnungen pro Jahr neu gebaut werden, da der Wohnungsmarkt, speziell der für bezahlbaren Wohnraum, überlastet ist. Größtenteils Einigkeit besteht darüber, dass Nidderau leider keine Ausnahme ist. Die benötigten Wohnungen werden jedoch nicht vom Himmel fallen, sondern müssen in den Kommunen durch entsprechend aufgestellte Bebauungspläne ermöglicht und gefordert werden. Parallel dazu gibt es jedoch bei jedem Neubaugebiet Diskussionen vor Ort, ob eine weitere Versiegelung von wertvollen (Acker-)Flächen tatsächlich notwendig ist. Wohnungsbau und Klimaschutz stehen sich oft gegenüber.

Nun wollen in Nidderau 2 Discounter und weitere Einzelhandelsketten ihre Nidderauer Standorte deutlich vergrößern und planen Neubauten in einer Erweiterung des Gewerbegebietes 'Friedberger Straße' bzw. in einem neu zu schaffenden Gewerbegebiet 'Büdesheimer Straße'. Die Ansiedlung neuer Einzelhandelsbetriebe wird auch in Aussicht gestellt. Damit ist die Versiegelung neuer Flächen festgelegt. Wenn dies tatsächlich notwendig ist, dann sollte es wenigstens so effizient wie möglich erfolgen und der Stadtgemeinschaft einen Mehrwert bringen.

Aufgrund der standardisierten Sortimente der Discounter ist eine Erweiterung der Produktpalette durch die Vergrößerung der Gewerbebetriebe nicht zu erwarten. Die in einem Neubau gekauften Nudeln werden die gleichen sein, die auch jetzt schon bei den Discountern zu erwerben sind. Und die Nidderauer Kunden werden ihr Geld weiterhin nur einmal ausgeben können.

Einen tatsächlichen Mehrwert für die Stadtgemeinschaft könnten die Neubauten jedoch bedeuten, wenn die Flächenversiegelung effizient genutzt würde, und über den Gewerbeeinheiten Wohnungen – sowohl zum 'normalen' Mietniveau, als auch bezahlbare und Sozialwohnungen - geschaffen würden. Beide Discounter stellen ähnliche Projekte auch mit Hinweis auf die Übernahme ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auf ihren Homepages vor.

Am Donnerstag wurde in der Stadtverordnetenversammlung der Antrag gestellt, ZU PRÜFEN, ob die geplanten Gewerbeflächen im Bebauungsplan als Mischgebiete mit entsprechender Wohnbebauung ausgewiesen werden können. Die erste Stellungnahme seitens der Verwaltung ließ aufhorchen. So sei in dem Gewerbegebiet „Friedberger Straße“ bereits eine zweistöckige Bebauung vorgesehen, allerdings sollte die obere Etage ausschließlich Ärzten und Büroflächen vorbehalten sein. Bei der Größe der geplanten zu überbauenden Fläche kann Nidderau auf viele neue Ärzte hoffen. Bei dem neu zu schaffenden Gewerbegebiet „Büdesheimer Straße“ hätte die Verwaltung bereits vorgesehen, Wohnraum im oberen Stockwerk zu schaffen. Das stimmt zuversichtlich.

Die anschließenden Argumente der Mehrheitskoalition wurden dann jedoch fadenscheinig: mit der Schaffung von Wohnraum in einem möglichen Mischgebiet „Friedberger Straße“ würde allenfalls Wohnraum 2. Klasse geschaffen mit unzumutbarem Lärm von den Gewerbebetrieben durch Zulieferer, Bewegungen von Einkaufswagen und die Umgehungsstraße. Diese Behauptung stimmte Befürworter des Antrages und Zuschauer nachdenklich: In welcher Wohnraumklasse wären Wohnlagen gegenüber der Zuliefergarage des REWEs, entlang der hoch frequentierten Friedberger oder der Kilianstädter Straße oder in Allee Süd und an der Saalburgstraße in Bezug auf die Umgehungsstraße einzuordnen? Wie ist die Wohnlage in Erbstadt ohne Infrastruktur einzuordnen?

Ein Mischgebiet mit Wohnbebauung an der Friedberger Straße könnte auch anders betrachtet werden: Gute Einkaufsmöglichkeiten, Fitness Studio und Sport- und Kulturveranstaltungen wären fußläufig zu erreichen. Gute Verkehrsanbindung u.a. über eine Bushaltestelle direkt an der Friedberger Straße. In einem der aufzugebenden Gewerbegebäude soll eine Physiotherapiepraxis angesiedelt werden, zudem sollen auch Praxisräume für Ärzte geschaffen werden, d.h. eine gute, ebenfalls fußläufige medizinische Versorgung wäre auch sichergestellt.

Es geht hier nicht darum, verschiedene Nidderauer Wohnlagen zu klassifizieren. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Es fehlt schlicht Wohnraum. Wohnungssuchende – u.a. junge Familien, junge Erwachsene, die erstmals zu Hause ausziehen wollen, neue Mitbürger, für die die vorübergehende Unterbringung in Containern zur Dauerlösung geworden ist, obwohl sie teilweise schon lange normal arbeiten gehen, Menschen, die aufgrund von geänderten Lebensumständen, in kleinere Wohnungen ziehen würden, wenn sie in ihrem gewohnten sozialen Umfeld bleiben könnten – können schlecht auf andere Kommunen ausweichen, denn dort fehlen die Wohnungen auch. Unter diesem Aspekt sollte vielleicht sogar über ein 2. Obergeschoss in einem möglichen Mischgebiet, für das die Versiegelung wertvoller Ackerflächen bereits beschlossen wurde, nachgedacht werden.

Der PRÜFANTRAG für ein Mischgebiet mit entsprechender Wohnbebauung wurde von der Mehrheitskoalition aus den dargestellten Gründen abgelehnt. Schade, dass diese Chance auf eine mögliche effiziente Flächennutzung verbunden mit neuem Wohnraum in Nidderau vertan wurde."

Antje Hoops
Nidderau

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