Von Seemannsgarn und Leichtmatrosen

Literatur
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Bernd Gieseking lacht. Und wenn der Autor und Kabarettist lacht, dann ist das wie eine kleine Eruption: Spontan, unvermittelt, laut, herzhaft.



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Und Bernd Gieseking, so hat man den Eindruck, lacht gerne und viel. Das stellte er am zurückliegenden Freitag auch in der Grundschule Kinderbrücke unter Beweis: Auf Einladung der Altstadt-Buchhandlung Dichtung & Wahrheit in Kooperation mit dem Lappan-Verlag präsentierte Gieseking sein „Seemannsgarn. Geschichten rund ums Meer“, erzählte Geschichten, zitierte Gedichte, malte aus dem Stegreif die ganze Tafel voll mit seinen Versionen einer Walnuss (nötig für den Bootsbau), der Erde mit Arktis und Antarktis („Deshalb treffen sich Eisbären und Pinguine auch immer nur im Zoo“), mit Ein-, Zwei- und Dreimastern und den interessantesten Tieren. Besonders witzig gestaltete sich die morgendliche Begrüßung: Wie sich schnell herausstellte, haben Schulleiterin Silke Siekemeyer und Bernd Gieseking die gleiche Heimat, die Cousine der Schulleiterin stellte sich als Klassenkameradin des Autors heraus.

Insgesamt rund 80 Kinder aus fünf verschiedenen Projektgruppen folgten in zwei nacheinander stattfindenden Lesungen den Geschichten des Autors, klatschten begeistert – denn das lernten sie gleich zu Beginn: „Für uns Schriftsteller ist es ganz toll, wenn wir nach einem Gedicht oder einer Geschichte einen donnernden Applaus bekommen“, so Gieseking. Die Kinder fanden ganz besonders viel Gefallen daran, wenn der Autor sie nach ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen fragte. Sie erzählten selbst Geschichten von ihren Erlebnisse am Strand, weshalb der Schriftsteller sie aufforderte, diese aufzuschreiben. „Das habe ich auch gemacht – und später dann sogar Bücher draus gemacht“, erwähnte er.

Dass man an der Küste „Moin“ zur Begrüßung sagt, wurde ausgiebig geübt, bei den Reimen hatten die Sechs- bis Elfjährigen die Gelegenheit, die fehlenden Worte am Ende der Verszeile selbst zu ergänzen. Was mal besser, mal weniger gut klappte: „Weil das Boot nicht kippen will, hat es unten einen …?“ Die zaghafte Antwort aus dem kindlichen Publikum „Anker?“ Dass es ein Kiel ist – ein neues Wort, das es für die Kinder zu lernen galt.

Diese nahmen Anteil an den spannenden und skurrilen Geschichten, die Gieseking in seinem prächtigen, illustrierten Vorlesebuch zusammengetragen hatte. „Die Geschichten sind manchmal so wundervoll erstunken und erlogen, dass sich die Balken biegen und die Fische aus dem Wasser springen und Purzelbäume schlagen – vielleicht sind sie aber auch wahr. Man weiß das nicht genau“, rückte der Schriftsteller nicht so recht raus damit, was an dem „Seemannsgarn“ nun der Wahrheit entspricht, und was nicht. „Seemannsgarn ist, wenn man früher am Mast gesessen hat und Geschichten erzählt hat.“ Da war vom Boot Marie die Rede, erbaut aus dem unteren Teil einer Walnuss, von kleinen Menschen, die dennoch Abenteurer sein dürfen. Von „Oma Land“ und „Oma Küste“ mit ihren Besonderheiten wurde berichtet: Bei „Oma Land“ wurde abends vorgelesen, bei „Oma Küste“ gab es jeden Abend „Seemannsgarn“, und obwohl diese Oma immer beim Geschichtenerzählen strickte, war den Kindern klar: „Seemannsgarn, ihr Sumpfschildkröten, kann man nicht aus Schafswolle machen.“

Als besondere Überraschung für Buchhändlerin Andrea Euler warf Gieseking kurzfristig sein Programm über den Haufen und nahm Bezug auf eine Anekdote, die die Buchhändlerin in ihrem Nebenberuf als Tauchlehrerin erlebt und Gieseking abends zuvor erzählt hatte: Von einem einprägsamen Erlebnis mit Seesternen hatte sie berichtet – und der Autor erwiderte diese Anekdote mit seiner Geschichte „Der Seestern, der zu den Sternen wollte.“ Nachdem eine Kindergruppe sogar zu „Leichtmatrosen“ erklärt worden war, verabschiedete sich der bekannte Kabarettist und Autor mit einem Hinweis auf ein Kinderhörspiel, an dem er gerade arbeitet und dass am 22. September auf HR2 gesendet wird. Zwei Kinder nutzten sogleich die Chance, sich von Gieseking noch ein persönliches Exemplar des „Seemannsgarn“ widmen zu lassen.


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