Wenn die Romanfigur im Urlaub auftaucht...

Leo Born (links) und Erwin Müller.

Literatur
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Ein Krimi-Abend der Extraklasse mit zwei komplett unterschiedlichen Autoren und Geschichten findet auf der Bühne im Foyer der Bad Orber Konzerthalle statt.



Leo Born und Erwin Müller, ein Krimi-Autor und ein pensionierter Kriminalbeamter, werden am Samstag, 9. September 2023, um 19.30 Uhr mit zwei spannenden Titeln den Abend bestreiten. Leo Born ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der bereits einige Bücher veröffentlicht hat. Seine unkonventionelle Kommissarin Mara Billinsky hat zahlreiche Fans. Der Autor lebt mit seiner Familie in Frankfurt am Main. Im siebten Band mit der „Krähe“ werden mehrere Immobilienmakler brutal ermordet. Fieberhaft suchen in „Schwarzer Schmerz“ Kommissarin Mara Billinsky und Jan Rosen nach dem Mörder, als plötzlich eine Ermittlerin aus Frankreich und ihr schwedischer Kollege um Maras Hilfe bitten. Sie jagen einen vermeintlich seriösen Geschäftsmann - der in Wahrheit eine blutige Spur durch Europa zieht und dabei jede Menge Leichen hinterlässt.

Mit dem Autor sprach Andrea Euler über die Themenauswahl für die Thrillerreihe, die Recherche, das Pseudonym „Leo Born“ – und über Mara.

Sie waren gerade im Urlaub. War Mara mit dabei?
Mara Billinsky ist ja immer irgendwie dabei, stur und hartnäckig wie sie ist. Und die besten Einfälle für Mara kommen dann, wenn man gar nicht an Mara denken will …

Wie ist eigentlich die Figur Mara Billinsky entstanden? Und warum haben Sie sich für eine weibliche Hauptfigur entschieden?
Erst wollte ich einen Mann ermitteln lassen, einen toughen Typen mit Lederjacke und großer Klappe. Und der war auch ganz gut, ich hab ihn schon vor mir gesehen. Aber viel spannender wurde er, als ich ihn mir plötzlich als Frau vorgestellt hab. Und so wurde Mara zu Mara.

Was hat Sie davon abgehalten, aus der Ich-Perspektive zu schreiben?
Ich mag die vielen Szenen- und Perspektivwechsel. Da ist die neutrale Erzählweise einfach hilfreicher.

Apropos "für eine Figur entschieden": Warum haben Sie sich für das offene Pseudonym Leo Born entschieden und schreiben die Frankfurter Krimireihe nicht als Oliver Becker, der ja schon einen Namen in der Literaturszene hat?
Der Thriller war für mich ein komplett neues Genre und damals mit Lübbe auch ein neuer Verlag, und ich hatte überhaupt kein Gefühl dafür, ob daraus was „werden“ würde. Ein Sprung ins kalte, unbekannte Wasser, und da hat es sich angeboten, auch einen neuen Autorennamen ins Spiel zu bringen: sozusagen allein für Mara Billinsky.

War das für Sie die Erfüllung eines Traumes, Schriftsteller zu werden? Wie kommt ein Mensch aus der Immobilienbranche zum Schreiben?
Ja, ein Traum, immer schon. Und Schriftsteller kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Ob Krankenschwester, Bestatter, Bauarbeiter oder Manager, fast jeder hat doch was Spannendes erlebt und jede Menge zu erzählen.

Offenkundig sind ja wirtschaftliche und politische Themen aus Ihren Krimis nicht wegzudenken. Prostitution, Zwangsarbeit, im neuesten Krimi die Machenschaften in der Immobilienbranche... Ist Ihnen das wichtig? Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Themen für die einzelnen Krimis aus? Und gibt es Themen, die für Sie tabu sind?
Die Figuren bringen die Emotion, aber die Themen liefern die Basis. Sie sind sozusagen die Bühne, auf der die Figuren agieren. Außerdem eignen sich Thriller wunderbar, heikle aktuelle Themen aufzugreifen und ins Gespräch zu bringen. Die Themen für meine Bücher entstehen oft aus dem Zufall heraus: Was lese ich gerade in den Medien, was schnappe ich auf, was finde ich selber interessant … Tabuthemen gibt es nicht, bisher jedenfalls.

Wer hilft Ihnen bei der Recherche?
Ich mache das fast im Alleingang. Aber für die Insights in Polizeialltag und Ermittlungsarbeit konsultiere ich gerne einen ehemaligen Mordermittler, der unfassbar viele Fälle bearbeitet hat …

Es gibt schon wirklich brutale Szenen in Ihren Büchern. Fließen Ihnen die einfach so aus der Feder, oder müssen Sie sich dafür erst in Stimmung bringen? Und vor allem: Wie?
Zum Glück muss bei mir zu Hause nicht erst Blut fließen, damit ich blutige Szenen schreiben kann. Die brutalsten Vorfälle in meinen Büchern sind – leider – keine Erfindung. Ich lese sehr viel über Organisierte Kriminalität, auch Berichte von Forensikern, Spurensicherungsexperten und solche Sache. Die Realität ist, so kommt es mir vor, schlimmer als alles, was ich mir ausdenken könnte.

Geht die Reihe um Mara Billinsky weiter?
Ja, sie geht weiter! Ich freu mich total, dass so viele Leute Mara mögen. Es ist noch gar nicht offiziell, also psst, aber es wird noch mehrere weitere Bände geben …

Da es die Kneipe, die Mara am häufigsten besucht, in Wirklichkeit nicht gibt: Haben Sie einen Insidertipp für einen Besuch in Frankfurts Nachtleben? Sie kennen sich da ja offenkundig gut aus …
Leider nicht mehr so gut wie früher, ich sitze zu oft am Schreibtisch … Aber den Weinkeller, den Mara und ihr Kollege Jan Rosen oft besuchen, den gibt es tatsächlich. Er ist auf der oberen Berger Straße, wo ich auch ab und zu finden bin. Ich mag den Stadtteil Bornheim sehr, da wohne ich, und da wohnt auch Mara.

Wenn die "Krähen-Krimis" verfilmt würden, wen würden Sie am liebsten in der Rolle der Mara sehen? Und wer wäre ihr eher softer Kollege Jan Rosen?
Es gab tatsächlich schon die eine oder andere Anfrage. Ich mag Mara und Rosen so sehr, dass ich mir einfach keine Schauspieler dafür vorstellen kann. Ich würde mich da eher raushalten und das den Filmleuten überlassen. Die „geschriebene“ Mara aber gehört nur mir …

Sie haben selbst schon mehrfach betont, eigentlich gar kein großer Krimileser zu sein. Welchen Buchtipp hätten Sie denn aktuell?
Ich lese gerade „Imperium der Schmerzen“ von Patrick Radden Keefe. Ein Sachbuch über die Machenschaften, die zum Oxycontin-Skandal geführt haben. Also wieder kein Krimi, aber auch da geht‘s kriminell zu, und es ist absolut spannend. Das wahre Leben hält immer noch die besten Geschichten parat, stimmt’s?


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